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Zwei GSM-Betreiber:

Portugal

Eine Urlaubsreise nach Portugal nützte unser Autor, um sich über die Verhältnisse am GSM-Sektor zu orientieren. Getestet durfte nicht werden, denn ein Roaming-Abkommen mit Portugal ist bis zum Redaktionsschluß dieser Nummer nicht in Kraft gewesen. Die Mitarbeiter der Portugal Telecom waren dennoch sehr hilfsbereit.


Portugal ist vielleicht das EU-Mitglied mit den meisten Staatsbetrieben, wahrscheinlich eines der am stärksten sozialistisch geprägten Länder der Union und ganz sicher das ärmste. Und trotzdem: Ein Ausflug in die portugiesische Welt der Telekommunikation kann interessant sein.
    Obwohl der südwestlichste Staat Europas erst seit 1975 eine Demokratie ist und mit dem EG-Beitritt 1986 marktwirtschaftliche Prinzipien eingeführt hat, verfügt er schon jetzt über zwei Telefongesellschaften: die staatliche Portugal Telecom und die private Telecel. Die Konkurrenz wirkt durchaus belebend.
    So hat die Telecom in den letzten Jahren umfangreiche Investitionen getätigt: Die für das GSM-Netz verantwortliche TMN (Telecomunicações Móveis Nacionais) wurde ins Leben gerufen und hat inzwischen immerhin schon mit 22 anderen GSM-Betreibern Roaming-Abkommen geschlossen hat. Österreich ist - jedenfalls bei Redaktionsschluß am 4. September noch nicht darunter.

Netze im Aufbau

Das portugiesische Netz ist aber noch in Aufbau begriffen. Im Landesinneren gibt es größere Gebiete ohne Senderversorgung und an der Küste gibt es auch ein Loch südlich von Lissabon. Die Telecel versorgt aber weite Gebiete, die die Telecom noch nicht in Angriff genommen hat, und umgekehrt.
    Ab ca. öS 3.500,- kann man (aber nur als Portugiese) am GSM-Netz teilnehmen - soviel kostet das billigste Handy samt Karte, das die Telecom anbietet. Generell kosten GSM-Handys inklusive SIM-Karte etwa zweitausend Schilling weniger als in Österreich. Sie sind auch ohne Karte erwerbbar, sind dann aber um etwa 700 Schilling teurer als mit Karte.

Komplexe Tarife

Interessant ist auch die Tarifgestaltung, an der sich manche Telekommunikationsverwaltung ein Beispiel nehmen könnte:
    Die TMN kennt nämlich drei Arten von GSM-Tarifen: einen persönlichen, einen normalen und den Geschäftstarif.
    Sie unterscheiden sich im wesentlichen durch die Grundgebühr, die beim Privattarif nur 4.100 Escudos kostet, beim Geschäftstarif aber immerhin stolze 10.000 Escudos ausmacht, was etwa 700 Schilling entspricht. Unterschiedlich ist auch der Basistarif, der Werktags von 8.00 bis 22.00 Uhr gilt.
    Hier zahlen die Privatteilnehmer am meisten, nämlich umgerechnet zehn Schilling in der Minute. Wer sich für den Normaltarif entschieden hat, zahlt nur mehr fünf Schilling, "TMN Executivo"-Kunden gar nur noch 3,80 in der Minute.
    Märchenhaft niedrig ist der "Tarifa Economica": Samstag und Sonntag den ganzen Tag und an Werktagen von 22.00 Uhr bis 8.00 Uhr früh: Lediglich 31 Escudos oder öS 2,20 muß ein Telecom-Portugal-User für die Minute zahlen.
    Ein gewichtiger Grund für diese Preisgestaltung liegt sicher in der Konkurrenz von Telecel, einem Privatbetreiber, dessen Werbeplakate ganz Portugal überziehen. Mit einer aggressiven Preispolitik wollte man sich den Platz an der heißen Sonne des Südens erkämpfen. Und hat ihn auch bekommen.
    Trotzdem kämpfen weder die Telecom noch die Telecel mit gröberen Problemen. Im Gegenteil: Sie sind ein gelungenes Beispiel, daß auf dem Telekommunikationssektor Konkurrenz durchaus zulässig ist.

Christian Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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