Mobile Times Artikel aus Mobile Times 4
Startseite : Archiv : Heft 4 : Artikel

Psion gegen Zaurus:

Duell der Zwerge

Mit dem Zaurus von Sharp scheint die Synthese der Ideen, die im Psion verwirklicht wurden, mit denen, die hinter dem Apple Newton stecken, der Realisierung einen großen Schritt näher gekommen zu sein. Mobile Times testete als erstes österreichische Magazin dieses Stück Zukunft.


Der neue Personal Digital Assistant (PDA) von Sharp zeigt nicht nur, daß man noch zu Sculleys Zeiten gemeinsam mit Apple am Newton gebastelt hat, sondern auch, daß die gute alte Tastatur durch nichts zu ersetzen ist.
    Mobile Times durfte als erste Zeitschrift Österreichs den neuen Assistenten auf Herz und Nieren prüfen. Gleich vorweg: Die beiden Eltern sind unverkennbar, doch konnten sie nur teilweise ihre Gene einfließen lassen - schon aus Platzgründen - denn sonst wäre der Zaurus wohl kein PDA, sondern ein Desktop Computer geworden!

Mäßige Maße

Wie es sich für einen PDA gehört, ist der Zaurus klein gebaut, doch hat man versucht, ein relativ großes Display einzubauen, was natürlich die Abmessungen beeinflußt. Statt nach Millimetern zu messen, sollte man aber vor einem Ankauf überlegen, wie das Gerät transportiert wird. Wer ein Brusttaschenträger ist, wird wohl etwas größere Hemd- und Sakkotaschen brauchen, weil die Außenmaße doch größer sind als beim Psion. Die Dicke ist übrigens praktisch identisch.

Der Griffel

Es ist durchaus interessant, wenn man ein Gerät zur Verfügung hat, das sowohl Tastatureingabe als auch die Benutzung eines Stiftes erlaubt. Notizen rasch mit dem Stift zu machen scheint auf den ersten Blick das gegebene Einsatzfeld. Doch nach kurzer Zeit stellt sich heraus, daß man sich doch lieber der Tastatur bedient; und das nicht etwa, weil die Schrifterkennung fehlt, sondern weil man das subjektive Gefühl hat, mit der Tastatur schneller zu sein - was ja auch unabhängige Untersuchungen bestätigen.

Viele Funktionen

Der Zaurus bietet auf seinem komfortablen Schirm links und rechts ein ausführliches Menü, das mit dem integrierten Stift (Pen) bedient werden kann. Hier sieht man die Funktionsvielfalt des kleinen Zaurus:
    Neben den üblichen Adreßlisten steht auch eine Tasklist und ein ausgeklügelter Kalender zur Verfügung, sowie eine Dokumentenbearbeitung, ein Notizblock und eine Brieffunktion. Nicht zu vergessen die (eher bescheidenen) Grafikfähigkeiten. Mit dem Pen und einigen Stempelgrafiken kann man Wegpläne u. ä. erstellen.
    Dem Pen zur Erstellung einfacher Grafiken fehlt leider eine Schrifterkennung, wie sie der elektronische Notizblock Newton hat, so daß man die Notizen nur durch nochmaliges Abtippen in Dokumente einbinden kann.
    Daher trägt man Termine usw. mit der Tastatur ein - beim englischen Testgerät etwas mühsam, da keine Umlaute vorhanden waren - aber an sich nicht unbequem. Das LC-Display (Liquid Crystal und nicht etwa Low Cost) ist scharf und zuverlässig, wenn auch formbedingt im Cinemascope-Format gehalten.

Virtuelle Ordner

Interessant ist die Trennung der Brief- und Dokumentenfunktion. Obwohl es sich offensichtlich um dasselbe Grundprogramm handelt, separierte man die beiden Funktionen; wenn Sie also einen Brief schreiben wollen, haben Sie automatisch ein Briefformular vor sich.
    Als besonders praktisch sollte sich - bei einfacherer Bedienung - die Filerfunktion erweisen. Dabei kann man verschiedene Dokumente, Briefe, Terminerinnerungen usw. in einem Ordner ablegen und so auch leichter finden. Es handelt sich dabei aber um keinen (physischen) Ordner, unter dem die Dokumente abgespeichert sind, sondern um eine virtuelle Zusammenlegung, eine mnemotechnische Hilfe.
    Als Beispiel: Sie haben schon größere Vorarbeit geleistet, um ein Krankenhausprojekt durchführen zu können. Sie haben den Zuschlag nun tatsächlich erhalten und legen die Dokumente zu diesem Projekt im Ordner "Hospital" ab. Alle ihre Korrespondenzen legen Sie im Ordner "Letters" ab. Sie können jetzt die Briefe, die das Spitalsprojekt betreffen, in beiden Ordnern ablegen, ohne die Dokumente doppelt abzuspeichern.

Schwache Grafik

Etwas enttäuschend die Grafik-Abteilung: Sie hätte man vielleicht lieber eingespart, denn mehr als dürftige Strichzeichnungen á la Kindergarten sind nicht drin. Einige "Stempel" - vorgefertigte Kleingrafiken - ermöglichen die Erstellung von Plänen, sind aber nach unserer Meinung ebenfalls entbehrlich. Weder exakte Positionierungen noch einfache graphische Figuren sind möglich. Einfache Skizzen, wie man sie jemandem in die Hand drückt, um ihm zu zeigen, wie oft er um die Ecke biegen muß, um sein Ziel zu erreichen, sind wohl das Höchste der Gefühle.

Kommunikativ

Was wir nicht testen konnten, was aber wohl ein echtes Argument für den Zaurus werden kann, ist die Verbindung des PDA mit einem GSM-Telefon. Anders als andere PDAs hat der Zaurus nämlich einen echten PCMCIA-Slot, der ja eine unabdingbare Voraussetzung für die GSM-Kommunikation darstellt.
    Ab Herbst gibt es von Ericsson eine Fax- bzw. Modemlösung für das GH 337 einschließlich PCMCIA-Karte. Weil aber das GSM-Handy Sharp TQ-G400 ein eineiiger Zwilling des Ericsson GH 337 ist, dürfen wir erwarten, daß von Sharp schon in Kürze entsprechende Packages, also eine Kombination von Zaurus, PCMCIA-Karte und zugehöriger Software samt GSM-Handy angeboten wird.

Resumeé

Alles in allem ist der Zaurus ein respektabler PDA. Wer schon bisher einen Sharp-PDA sein eigen nannte, wird im Zaurus vieles wieder erkennen, was seinen bisherigen PDA auszeichnete, aber ein Hybrid aus Newton und tastaturorientieren Assistenten ist eine spannende Idee, aus der man in Zukunft vielleicht noch mehr herausholen kann. Der einzige Schwachpunkt, die Grafik, ist ja auch nur relativ, denn schließlich können die meisten PDAs überhaupt nichts in dieser Richtung.
    Jedenfalls muß der Zaurus den Vergleich mit anderen Persönlichen Digitalen Assistenten schon jetzt nicht scheuen.

Christian Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
Text © 1995 by Mobile Times; HTML © 2000-2007 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!