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Elektronische Beifahrer

Schau mal wer da spricht!

Wenn Sie bisher Ihre Fernreisen mit einem Partner machen mußten, der im entscheidenden Moment die Stelle auf der Landkarte, an der man abbiegen muß, nicht findet, dann haben Sie jetzt eine Alternative: die elektronischen Beifahrer sind da - und man kann sie schon kaufen.


Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin waren unter vielen anderen Exponaten auch die schon lange angekündigten elektronischen Beifahrer zu sehen. Zwei Beifahrer-Systeme und ein Ergänzungspaket, sowie ein auch als Handheld einsetzbares System kommen bereits diesen Herbst auch in Österreich auf den Markt.

Wie funktioniert das?

Die zugrundeliegende Technik haben die Beifahrer-Systeme gemeinsam: Die Wegverfolgung geschieht mittels Global Positioning System (GPS), Kompaß und Radsensoren.
    Über GPS kann zunächst die eigene Position errechnet werden. Leider aber ist die Ungenauigkeit ziviler Systeme noch immer 100 Meter, was im Straßenverkehr einfach zu wenig ist. Daher benötigt das System weitere Daten, womit die Radsensoren ins Spiel kommen. Die erkennen nämlich wie weit das Fahrzeug sich bewegt hat. Sogar Ihre berühmt rasanten Kurven entgehen den Sensoren nicht: dann legt nämlich das Außenrad eine größere Strecke zurück als das Innenrad (falls Sie nicht die Kurven mit freischwebenden Außenrädern zurücklegen).
    Doch leider hilft es sehr wenig, wenn man weiß wie weit und (dank Kompaß) in welche Richtung man gefahren ist, wenn unbekannt ist woher man kam. Daher muß das System beim Einbau geeicht werden, das heißt man muß ihm erklären, wo es jetzt ist Dazu muß die Werkstätte natürlich wissen, wo sie sich befindet.
    Wenn nun alles eingestellt ist, so kann das System jederzeit mitverfolgen wohin das Fahrzeug sich bewegt. Das heißt aber noch nicht, daß es Ihnen auch schon Vorschläge machen kann. Dazu benötigt man noch eine Zutat, und das ist eine digitalisierte Straßenkarte mit Abbiegevorschriften, Einbahnstraßen und ähnlichem verkehrsbeschränkendem Klimbim.
    Ab jetzt wird unser Beifahrer gefährlich intelligent, denn nun kann er, wenn Sie ihm sagen wo Sie hin wollen, mitteilen, wie Sie dorthin kommen. Und da er mitverfolgt, wo Sie gerade sind, weiß er auch, welche Abbiegung als nächste kommt, wie weit es noch bis dorthin ist und so fort.
    Wenn das System Ihnen diese Weisheiten auch noch mitteilt, so haben Sie endlich einen Beifahrer, der Ihnen nicht mit einer ausgefalteten Straßenkarte die Sicht auf die Fahrbahn versperrt und dabei mitteilt: "Wart' mal! Hätten wir da nicht abbiegen müssen?"

Verfügbare Systeme

Wie oben erwähnt, wurden drei Systeme präsentiert, die sehr wohl den jeweiligen Hersteller verraten. Die Robert Bosch AG präsentierte den Blaupunkt TravelPilot RG 05 und RGS 05, die wie der Name schon vermuten läßt, ihre Herkunft vom Autoradio nicht verleugnen können, insbesondere da das System RGS 05, ein Radio und Multimedia Center (ein tolles Wort für Kasettendeck und CD-Player) beinhaltet.
    Die Hauptkonkurrenz ist CARiN von Philips, das gemeinsam mit BMW entwickelt wurde und jetzt auch für Fahrzeuge anderer Hersteller zur Verfügung steht. Mit dem VLPA (Vehicle Location Probability Area bzw. wahrscheinlicher Aufenthaltsort des Fahrzeuges) hat man eine interessante Lösung für die Ungenauigkeit des zivilen GPS-Einsatzes gefunden: das System weigert sich schlicht zu glauben, daß es sich in einem Haus, unter Wasser usw. befindet, denn die Zahl der mit den vom GPS gelieferten Koordinaten möglichen Standorte ist ziemlich begrenzt.
    Außer Konkurrenz gibt es auch noch das Mercedes-Benz Auto-Pilot System APS, das aber nur in Verbindung mit einem Mercedes erhältlich ist. Böse Zungen behaupten auch es wäre das einzige Autonavigationssystem im Hunderttausend-Schilling-Bereich, bei dem man ein Auto als Gratis-Zugabe bekommt.
    Bosch/Blaupunkt und Mercedes dagegen haben die Daten auf CD-ROM gespeichert, bieten aber derzeit nur eine Deutschlandkarte an. Hier springt das eingangs erwähnte Ergänzungspaket ein. Die Firma Merian nämlich bietet entsprechende CDs an: Neben einer Deutschlandkarte und Regionalführern von Berlin/Brandenburg, Hamburg/ Schleswig-Holstein und München/ Oberbayern werden auch zusätzliche Länderführer für Österreich, die Schweiz, Italien, Frankreich, und die Benelux-Staaten sowie ein Spezialführer für Golfplätze und ein Weinführer vorbereitet.
    Merian erlaubt es, als Zielpunkt nicht nur eine Straße sondern auch ein Restaurant, ein Hotel, eine Tankstelle oder eine Sehenswürdigkeit auszuwählen oder sich vorschlagen zu lassen.
    Sobald die entsprechenden ROM-Karten bzw. CD-ROMs für Österreich herauskommen, werden wir Ihnen hier darüber berichten.

Wie sag ich's meinem Herrl?

Hier sind die Ansätze ähnlich: das Display, das mit einem großen Pfeil geradeaus, schräglinks, links, rechts oder schrägrechts andeutet. Außerdem zeigen alle Systeme an, wie weit es noch ist,. und wie die derzeit befahrene Straße heißt. Philips setzt außerdem auf Zusatzinformationen: Neben dem einfachen Pfeil kennt man zwei zusätzliche immer detailliertere Darstellungsebenen, sodaß CARiN auch den Reiseführer ersetzen kann.
    Sowohl Philips als auch Blaupunkt lassen ihre Geräte reden, was vielleicht an K.I.T.T. erinnert, doch den Vorteil hat, daß man seine Augen nicht von der Straße ab- und dem Display zuwenden muß. Wenn die anderen Systeme das leisten sollen, dann benötigen sie schon eine Hilfe.

Der Handy-Pilot

Unter dem Namen RouteFinder liefert Philips ein handliches kleines Gerät, das weder GPS, noch Kompaß oder Radsensoren braucht, dennoch aber eine gute Hilfe zur Erreichung des Zieles darstellt.
    Um einen Motorola-Prozessor 68000 herum gebaut, kommt der RouteFinder mit vier handelsüblichen AA-Batterien bis zu 14 Stunden lang aus. Eine Planung erledigt er in maximal 60 Sekunden. Das Grundgerät SY 570 übernimmt das Planen der Routen und ist mit einem PCMCIA-Steckplatz ausgestattet. Wenn man nur damit unterwegs ist, bekommt man zwar die Abzweigungen angezeigt, doch muß man sie jeweils manuell bestätigen.
    SY 571 ist das Montageset für das Auto, in das das Grundgerät eingesteckt wird und dann vom Autobordnetz mit Strom versorgt wird. SY 572 ist das "Büroset", das einen Netzanschluß und einen PC-Adapter enthält, damit man auch Reisestatistiken und Streckenausdrucke erstellen kann.
    Bei Philips erhält man PCMCIA-Karten aus Eigenproduktion. Derzeit sind eine Deutschlandkarte und Städtekarten von Berlin, Bremen, Dresden, Düsseldorf/Neuss, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München, Stuttgart und dem Ruhrgebiet (auf 3 Karten) erhältlich.
    Der RouteFinder besitzt eine Querty-Tastatur, so daß man Städte- oder Straßennamen direkt eingeben kann und nicht mit dem Cursor mühsam Buchstaben picken muß.

Schluß

Die "Autopiloten" sind in ihrem eigentlichen Leistungsumfang - der Routenberechnung - gleichwertig und werden auch mit Abweichungen von der vorberechneten Route durch Baustellen oder Staus gleichermaßen durch Neuberechnung fertig. Ob man nun lieber CDs und Sprachausgabe oder PCMCIA-Karten und einen möglichen Computeranschluß hat, ist Geschmacksfrage und hängt auch von den persönlichen Bedürfnissen ab. Auf jeden Fall sind wir gespannt auf die Markteinführung in Österreich, die von beiden Systemen für nächstes Frühjahr angegeben wird, während die CD-ROM von Merian erst für Herbst 1996 angekündigt sind.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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