Mobile Times Artikel aus Mobile Times 5
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Die Fortschritte der Technik:

Das Notebook-Wunder

Notebooks führen heute vor, wie kompakt und sauber ein persönlicher Rechner sein kann, während die Desktop-PC nach wie vor als aufgeblasene Monster - gefüllt mit viel Luft - überall wertvollen Platz wegnehmen.


Vielleicht erinnern Sie sich noch, wie die ersten Portables beschaffen waren: So groß wie ein Koffer machten sie ihrem Kosenamen "Schleppable" alle Ehre. Links war der Bildschirm, rechts das Laufwerk, für eine Festplatte kein Platz. Trotzdem fanden sie bald begeisterte Anhänger, und das aus gutem Grund: Sie waren die ersten Computer, die man ohne mehrstündige Vorbereitung von einem Ort an den anderen bringen konnte. Auch wenn von Akkumulatoren oft keine Rede war und viele Portables nur mit Kabel betrieben werden konnten.

Die "neuen" Laptops

Bald wandelte sich das Bild - die neuen "LapTops" waren zwar meist nur mit Diskettenlaufwerken ausgestattet, verfügten dafür über Akkus, die mehrere Stunden arbeiten konnten - keine aufwendige Graphik und keine stromfressende Soundkarte erschöpften damals die Batterien. Und die Programme waren noch klein und relativ sauber programmiert - so wurde mit dem Sanyo 16 LT auf der Systemdiskette (!) auch ein integriertes Gesamtpaket mit Kalkulation, Textverarbeitung usw. mitgeliefert - deren Geschwindigkeit atemberaubend ist und die den Anforderungen für unterwegs vollauf gerecht wurde.
    Beinahe hätte ich es vergessen: die Systemdiskette hatte natürlich nur 720 kB Speicherplatz - keine Rede von 1,44 MB oder gar Harddisk.

Notebooks

Schließlich bekam ein findiger Marketing-Experte heraus, daß der Begriff "Notebook" - zu deutsch Notizbuch - beim Käufer das Gefühl erweckt, der entsprechende Computer sei besonders klein. Flugs benamsten alle Hersteller ihre Kisten für unterwegs in "Notebook" um, egal wie groß sie waren, gleichwohl die Größe nur unwesentlich reduziert wurde.

Subnotebooks und Palmtops

Als dann kleine Computer wie das "Omnibook" von Hewlett-Packard auf den Markt kamen, wählte man für sie sinnige Namen wie "Subnotebook" oder "Palmtop", obwohl auch heutzutage jeder Notizblock kleiner ist als diese - wirklich kleinen - Maschinen, von denen keine klein genug für die Handfläche ist (was ja "Palm" bdeutet).
    Viel kleiner konnte man die Computer nicht mehr machen - eine Tastatur braucht nun einmal einen gewissen Platz (obwohl hier IBM mit einer für den Transport verkleinerbaren Tastatur schon den Gegenbeweis angetreten hat), ein bequem zu betrachtender Bildschirm muß halt größer als eine Briefmarke sein. So hat man die Portables mit immer neuen Funktionen versehen - und heute hat mancher Mobilrechner "alles von einem Großen", wie es ein französisches Auto für sich reklamiert.

Unaufhaltsamer Siegeszug

Der Siegeszug der mobilen Rechner ist unaufhaltbar. Früher waren die Portables immer etwas verkleinerte Ausgaben der Vorjahresmodelle; heutzutage sind die Desktops aufgeblasene Versionen der letztjährigen Spitzennotebooks.
    Bald reduzierte sich das Gewicht der Notebooks. Die HiNotes von Digital sind "Pioniercomputer", mit einem Leistungs/Gewichtsverhältnis ausgestattet, das wohl die gesamte Konkurrenz etwas übergewichtig aussehen läßt. Wer viel unterwegs ist, wird diese Notebooks bald schätzen lernen, die den Namen wirklich verdienen.

Denkende Techniker

Die IBM-ThinkPads drücken schon in ihrer Bezeichnung aus, daß sich die Techniker wirklich Gedanken gemacht haben: Angefangen bei der Tastatur, die sich ausfaltet, wenn man den Computer aufklappt, über den Stick in der Mitte des Keyboards, der die Maus ersetzt, haben die Konstrukteure der alten Dame der EDV frische Ideen gehabt, die dem mobilen Anwender sehr zur Freude gereichen dürften.

Apple im Gepäckwagen

Apple schien zuerst den Zug der portablen Computer zu verschlafen, schwang sich aber dann doch noch in den davonbrausenden Gepäckwagen, um sich schließlich bis in die erste Klasse vorzuarbeiten.
    Die Powerbooks erwiesen sich bald als "Renner" - sie waren und sind genau so bedienerfreundlich wie die großen Macs und gleichzeitig für unterwegs optimiert. Alle neuen Powerbook-Modelle verfügen über den leistungsstarken PowerPC (auch wenn es irritierend ist: PowerPC bezeichnet nur einen Chip und nicht den damit ausgestatteten Computer).
    PC-Card-Modems sind absolut "state of the art": Mit 14.400 Baud und mehr werden Berichte mittels Mobiltelephon versendet. Wermutstropfen dabei ist, daß es keinen Standard gibt (Standard ist in der Computersprache sowieso nur ein Ausdruck dafür, daß ein Hersteller für seine Produkte Kompatibilität gewährt - von echten Normierungen kann sowieso nirgendwo eine Rede sein). Für fast jedes Mobiltelephon benötigt man eigene PC-Cards bzw. Schnittstellen. So bietet Apple für seine Powerbooks eine Schnittstelle für das Nokia-Handy 2110 an - wer andere Handys (auch der gleichen Firma) benützt, muß sich um andere Schnittstellen umsehen.

Portable Drucker

Zum überall einsetzbaren Notebook gehört natürlich auch der kleine Allzweckdrucker. Es gab schon Portables mit eingebauten Drucker; heutzutage tendiert man zu Mobildruckern, die kleiner als die zugehörigen Computer sind. Das einzige Problem ist die Papierbreite. Ansonsten gäbe es wohl schon längst einen Pocket-Drucker für die Westentasche. Optimal für unterwegs sind übrigens die guten, alten Nadeldrucker und die Tintenstrahler. Neben den niedrigen Anschaffungskosten und dem günstigen Seitenpreis spricht auch die Handlichkeit dafür. Portable Laserdrucker sind aus technischen Gründen auch heute noch eine ziemliche Seltenheit.
    Dem mobilen Büro steht heutzutage nichts mehr im Wege: In einem Aktenkoffer findet die Ausrüstung Platz, die sich im typischen Desktop-Betrieb auf dem ganzen Schreibtisch breitmacht.

Das Notebook-Wunder

Das "Notebook-Wunder", die Überwindung der Grenzen der Mikroelektronik, die Gewichts- und Raumminimierung bei gleichzeitiger Leistungsoptimierung, eröffnet Möglichkeiten, von denen man zu ENIACs Zeiten nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Man spricht von DIN-A4-Notebooks und meint Geräte, welche die Leistung zwei Jahre alter Towers weit hinter sich lassen. In der EDV-Industrie verdoppeln sich die Leistungen mit einer Geschwindigkeit, die selbst Experten nicht erwartet hätten.
    Diese Entwicklung ist freilich weniger ver"wunder"lich, wenn man sie näher betrachtet: Der PC stellt eine an sich veraltete Struktur dar. Als Stand der Dinge präsentieren sich uns heute die Subnotebooks und die Personal Digital Assistants (PDA) - die endlich wirklich nur so groß wie Notizbücher sind.

"Luftige Desktops"

Die meisten Desktops bestehen großteils aus Luft oder verwenden billigere, veraltete, größere Komponenten. Das US-Computermagazin "BYTE", so etwas wie ein Branchen-Leader, verkündete gar schon "Der PC ist tot". Innovative Computerfirmen wie Apple und IBM basteln schon längst an einer neuen Desktop-Generation, welche die Kompaktheit der Notebooks mit den Vorteilen der Schreibtischriesen - großer Bildschirm, ergonomischere Tastatur - kombinieren will.

Docking Stations

Schon bislang versuchten Notebooks mit Docking Stations diese Entwicklung vorwegzunehmen - unterwegs der handliche Zwerg, im Büro eine bequeme Tastatur und ein Bildschirm für Computervergnügen (?) im Kinoformat. Leistungsmäßig sind Notebooks für berufliche Anwender längst die interessantere Variante. Grafiker werden freilich - aufgrund der speziellen Video-Bedürfnisse - weiterhin mit Desktops das Auslangen finden müssen.

Softwareprobleme

Die aus der raschen Hardware-Entwicklung resultierenden User-Vorteile werden aber durch einige Umstände auf der Software-Seite verschwendet: Neue Betriebssysteme verbrauchen zunehmend mehr Ressourcen, und das nicht unbedingt leistungsbedingt.
    Computerpionier und "Pascal"-Erfinder Nikolaus Wirth von der Schweizerischen ETH in Zürich hat bei Programmen der letzten Generation wie Word for Windows 6.0 unzählige Programmierfehler entdeckt, die teils aus dem Zeitdruck resultieren, unter dem diese Programme entstehen, teils aber auch aus der "modernen" Art zu programmieren: Fehlerhafte Module werden oftmals gar nicht repariert, sondern der Softwareblock wird mit Fehlerbehebungsroutinen angereichert, die den Ressourcenbedarf explodieren lassen.
    Noch dazu meinen viele Software-Ingenieure, die Computer hätten ohnehin so und so viel Arbeitsspeicher usw., so daß man darauf überhaupt keine Rücksicht nehmen müßte.
    Namhafte Informatiker gehen davon aus, daß die Software weitaus bediener- und ressourcenfreundlicher sein könnte, als dies derzeit z. B. bei Windows 95 der Fall ist, das ja bekanntlich zumindest acht Megabyte Arbeitsspeicher erfordert, um zu gehen. Vom Laufen noch gar keine Rede.
    Zusätzlich schöpfen nur die wenigsten Programme die Fähigkeiten der Chips richtig aus. Firmen wie Cyrix gehen daher einen anderen Weg und passen schließlich ihre (Intel-kompatiblen) Chips der unzulänglichen Software an. Die Hardware-Hersteller sind den Software-Bastlern jedenfalls mehr als einen Schritt voraus.

Hardwarehersteller müssen kämpfen

Das "Notebook-Wunder" besteht genau darin - aus den ungeheuren Anstrengungen, die die Konkurrenz der Hardwareanbieter notwendig gemacht hat. Im Gegensatz zum Software-Markt dominiert niemand den Computer-Markt. Jeder Hersteller kämpft Jahr um Jahr neu um seine Kunden. So gesehen ist es nur logisch, daß im Hardware-Bereich die Tendenz zu praktischen, handlichen, leistungsstarken Geräten geht, während im Software-Bereich man eher zu monolithischen All-in-one Produkten neigt.
    Wenn das mobile Büro für unterwegs auch entsprechende Software bekommt, dann wäre das "Notebook-Wunder" perfekt. Aber das wäre wirklich ein Wunder.

Christian Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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