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Die Auferstehung

Nach dem Erwerb der Marken- und Patentrechte von Amiga und Commodore versucht Escom die bereits verstorbenen Marken wieder zu beleben. Die Szene der Grafik-Animierer hofft auf die Auferstehung ihrer - einstmaligen und teilweise noch immer - Lieblingsmaschine.


Als Commodore International im April 1993 Konkurs anmeldete, da tränte so manches Auge eines Computerfreundes. Die Zeiten des 64ers schienen ebenso vorbei, wie die des Amiga. Die einen waren traurig, weil der Erzeuger des ersten Computers ihrer Jugendzeit dahingeschieden war, die anderen, weil die wahrscheinlich beste Grafikmaschine auf dem Markt spurlos zu verschwinden drohte. Dabei war Commodore seit vielen Jahren eine Legende, wahrscheinlich außer IBM die einzige, die es in der Computerwelt je gegeben hat. Nein - Apple war nie eine Legende, ein Wunder vielleicht, aber kein Stoff, aus dem Sagen gewebt werden.
    Mit dem VC 20 - hierzulande als "Volkscomputer" übersetzt - begann die Computerisierung der Massen. Der PET machte es auch kleinen Geschäftsleuten möglich, ihre Buchhaltung auf einem Computer zu führen und mit dem C64 drang die EDV bis in das Kinderzimmer vor.
    Nach einigen seltsamen Verrenkungen rund um den C64 kam dann der große Wurf: der (oder eigentlich die) Amiga. Eine Maschine, gegen die die damaligen PC und Apples richtig alt aussahen. Und damit begann eigentlich schon das langsame Sterben der Firma Commodore. Während Apple voll auf Desk-Top-Publishing setzte, meinte man bei Commodore, den Amiga als Spielmaschine verkaufen zu müssen. Der Amiga, der Apple wenigstens so weit voraus war, wie Apple dem PC landete nach dem Willen der Bosse von Commodore sozusagen im Spielwarengeschäft statt im Filmstudio oder Grafikbüro wo er eigentlich hingehört hätte.

Der Prinz

Während also die Freunde um ihre Freundin Amiga weinten, kam ein Jahr nach ihrem scheinbaren Tod der rettende Ritter, der die Freundin wachküssen wollte.
    Der Prinz war natürlich eine andere Computerfirma und die heißt Escom. Der Gründer dieses Unternehmens scheint sich völlig anders zu verhalten, wie es sonst in der EDV-Branche üblich ist. Statt mit aller Macht an seinem Besitz festzuhalten, auch wenn das Unternehmen dabei zugrunde geht, nimmt er immer mehr Partner in das Unternehmen hinein. Momentan sind das Siemens Nixdorf (10%), RWE Telliance bzw. deren Tochter Talkline (12,5%) und Quelle (25%) - RWE Telliance bewirbt sich übrigens in Österreich als Gesellschafter der Austrocom um eine GSM-Lizenz. Dieser Weg führt zu einer Vergrößerung des Filialnetzes und zu einer Reduktion der Konkurrenten. 170 Filialen von Thorn-EMI-wurden geschluckt, 50 Telliance-Filialen "AssCarfi" eingegliedert. und der Einstieg in das Telekom-Geschäft vorbereitet.
    Der Konzernumsatz stieg von 879 Millionen DM auf 1,157 Milliarden DM (umgerechnet 6,2 bzw. 8,1 Milliarden Schilling) und man ist zuversichtlich, den Konzernumsatz von 2,1 Mrd.DM um mehr als 40% auf insgesamt 3,1 Milliarden DM steigern zu können.

Multimedia

Escom will den Erfolg des Telekom-Geschäftes nicht nur über den Verkauf von Mobiltelefonen und Telefonzubehör forcieren, sondern auch über das Anbieten von Telekommunikations-Dienstleistungen und Online-Diensten. Damit schafft ein Telekom-Anbieter sehr günstige Verbindungen zum Escom-Schwerpunkt Multimedia und das ist der Punkt, wo sich zeigt, daß der Prinz natürlich nicht nur ein Wohltäter, sondern auch ein Kaufmann ist, denn durch den Kauf der Marken und Rechte von Commodore bzw. Amiga kommt man an eine Technologie, deren Entwicklung noch heute beispielhaft ist - wie viele US-Grafikbüros. die noch immer auf Amiga setzen - beweisen.
    Schlau wie man bei Escom ist, hat man Amiga und Commodore getrennt. Commodore bleibt als Markenname erhalten und wird wohl bald wieder als Vermarkter von kompatiblen PC auftreten. Für Amiga dagegen gründete man eine eigene Firma, die als erstes Gerät den Amiga 1200 wieder aufleben lassen soll. Daneben denkt man daran, die technologische Basis des Spielmoduls CD 32 zur Entwicklung einer Set-Top-Box für TV-Geräte zu benutzen. Als nächste Auferstehung ist die Produktionsaufnahme des Amiga-Towers 4000 vorgesehen, für den es sogar schon Upgrade-Pläne geben soll.

Die Hoffnung

Noch ist die Auferstehung von Commodore und Amiga - eine Namenskombination, die es so nicht mehr geben soll - nicht vollständig geglückt. Aber mit der finanziellen Potenz von Escom sollten die ersten Startschwierigkeiten zu überwinden sein. Allen Amiga-Freunden bleibt also noch Hoffnung und den Konkurrenten auch - vielleicht macht Escom die gleichen Fehler wie Commodore noch einmal?

MT




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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