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Die Schlacht um Nordamerika

Ob der europäische GSM-Standard wirklich zum Weltstandard wird, entscheidet sich im größten Mobiltelefonmarkt der Welt: in den USA. MOBILE TIMES bringt eine Darstellung der aktuellen Situation.


Der Siegeslauf des "Global Systems for Mobile Communication" scheint nicht mehr aufzuhalten: Europa, Rußland, Australien, die Volksrepublik China, Indien, Singapur und sogar die vielzitierten Fidschi-Inseln haben sich für GSM entschieden. Fehlen eigentlich nur mehr Nord- und Südamerika sowie Japan.
    Doch gerade in den USA und in Japan ist der Markt für GSM wirklich hart. Die Japaner haben mit ihrem eigenen System sogar begonnen das MoU-System der Europäer zu kopieren. Bislang noch nicht mit all zu großem Erfolg, doch haben die Söhne Nippons ja auch gerade erst begonnen.
    Extrem spannend ist es in den USA. Dort hat bekanntlich die nationale Frequenzbehörde die für digitalen Mobilfunk vorgesehenen Frequenzen im Rahmen von Versteigerungen an die jeweiligen Bewerber vergeben. Dazu wurde die ganze USA in Trading-Areas, die wieder in sogenannte Major Trading Areas (MTA) zusammengefaßt sind, eingeteilt. Die MTAs sind auf unserer Karte eingezeichnet. Für jedes dieser MTAs wurden zwei Lizenzen vergeben.
    Den Lizenznehmern bleibt es freigestellt welches System sie verwenden wollen. Im Prinzip kämpfen derzeit von den sieben zugelassenen Digitalstandards drei Systeme um den lukrativen US-Markt:

Sowohl CDMA als auch TDMA sind Standards, die in den USA entwickelt worden sind bzw. sich noch in Entwicklung befinden.
    Der eigentliche Kampf findet zwischen GSM und CDMA statt, denn CDMA hat einige theoretische Vorteile gegenüber dem GSM-System, aber den praktischen Nachteil, daß es noch nirgends ein funktionierendes Netz gibt. Damit wird aber auch klar, wie sich die Kundenstruktur für die Netzerrichter bislang zusammensetzt: Die meisten Aufträge für PCS kommen von Newcomern, also künftigen Netzbetreibern, die möglichst schnell ein funktionierendes digitales Netz aufbauen wollen. Netzbetreiber, die bereits Mobilfunknetze haben, sind dagegen durchaus bereit, darauf zu warten, bis CDMA lieferbar ist. Viele von diesen Betreibern fahren darüber hinaus bereits mit einer digitalen Version des bisherigen analogen AMPS-Systems (Advanced Mobile Phone System) namens D-AMPS, das allerdings mit digitalen Systemen wie wir sie kennen, wenig zu tun hat. Es ist ein Mobiltelefonsystem mit digitaler Übertragung.

Zahlenspiel

Unsere Karte zeigt, wofür sich die Betreiber welcher Region entschlossen haben. Dabei fällt sofort auf, daß in vielen MTAs im mittleren Westen erst ein Betreiber seine Entscheidung getroffen hat. In den bevölkerungsreichen MTAs and der Ost- und Westküste dagegen sind die Systementscheidungen längst gefallen.
    Damit wird aber die Durchsetzung eines Standards zu einem Zahlenspiel mit potentiellen Kunden. Welches System schneller Kunden anzieht, wird wahrscheinlich für die noch offenen Entscheidungen eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
    Der potentielle Markt der bisher entschiedenen Gebiete sieht folgendermaßen aus:
PCS99,4 Millionen
CDMA    226,5 Millionen
TDMA107,1 Millionen
    Es sieht also so aus, als ob PCS die Schlacht bereits verloren hat, doch täuscht der Schein, denn wie man leicht erkennen kann, ergibt die Addition der potentiellen Kunden eine weit über der Einwohnerzahl der USA liegende Summe, was sich ja durch die Doppelvergabe von MTAs leicht erklären läßt.

Südamerika

Von der Entscheidung in den USA wird es abhängen, wie sich die südamerikanischen Staaten entscheiden, denn eines ist klar: für die Südamerikaner ist Roaming mit den USA bei weitem wichtiger als die Möglichkeit, ihr Handy auch in Europa einzusetzen. Obwohl europäische Konzerne längst in Südamerika Marktführer sind und die spanische Telefonica viele Telefongesellschaften besitzt, ist die Entscheidung in der südlichen Hälfte des Doppelkontinents davon kaum abhängig, obwohl die Europäer selbstverständlich intensiv für GSM/PCS werben.

Pacific War

Nicht nur in den USA, sondern auch in den Anrainerstaaten des Pazifik kämpfen die CDMA-Anbieter um Märkte. Noch sind dort keine größeren Einbrüche gelungen und die Flexibilisierung der GSM-Gruppe durch die Errichtung regionaler MoUs sorgt dafür, daß die GSM-Länder und GSM-Betreiber bei der Stange bleiben.

Schluß

Der Kampf um Nordamerika bringt die Entscheidung über den Weltmarkt. Die Einwohner der USA werden aber noch lange mit verschiedenen Standards leben müssen, wenn auch wahrscheinlich nicht alle sieben zugelassenen überhaupt zum Einsatz kommen werden.
    Für die Europäer ist es auch ein Kampf um die technologische Führung in einem Markt, der gegenwärtig mit bis zu 30% Zuwachs pro Jahr die höchsten Wachstumsraten zeigt.

Franz A. Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 25. Juni 2007
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