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Data-Warehousing für Notebooks

Angebunden unterwegs

Laptops und GSM-Telephone mit Modem sind zwar ganz nützlich, doch das rechte Netzwerk-Feeling kam damit unterwegs bisher nicht auf. Vielleicht wird sich auch das bald ändern.


Data Warehousing, im Prinzip das Speichern wichtiger Daten an einer zentralen Stelle mit der Möglichkeit des Zugriffes für alle Berechtigten - eine Art Bibliothek mit dem gesammelten Wissen eines Unternehmens - ist derzeit ein hochaktuelles Schlagwort. Doch was der arme reisende Mitarbeiter machen soll, wenn er viele Kilometer von seiner Basis und damit von seinem Data Warehouse entfernt ist, das hat bisher noch niemand gesagt. EIn erster Ansatz kommt jetzt von Oracle und in der Theorie klingt die neue Idee bestechend: ein elektronischer Agent des Reisenden verbleibt im Zentralsystem und erledigt für den Abwesenden, der auch durchaus neue Befehle geben kann, die Sucharbeit im Data-Warehouse daheim in der eigenen Unternehmenszentrale.
    Mit der richtigen PCMCIA-Karte konnte man seinen Laptop schon bisher an ein Handy anschließen und unterwegs in die Weiten elektronischer Kommunikation einsteigen. Doch E-Mail und Internet sind - allen euphorischen Berichten der letzten Monate zum Trotz - doch noch mehr Spielzeug als Arbeitsmedium. Schließlich spricht man ja auch von "surfen", was ja bekanntlich mehr ein Sport- und Freizeitvergnügen ist als eine berufliche Tätigkeit. Was man wirklich bräuchte, entdeckt man erst, wenn man eine Weile herumprobiert hat: einen Zugang zum firmeneigenen Netz zu etablieren, der stabil und sicher ist und sich so verhält, als ob der Laptop im Büro stände und permanent on-Line wäre.
    Doch diese Idealvorstellung spielt es nun einmal nicht: Denn erstens wäre eine permanent offene GSM-Leitung zum Server viel zu teuer. Und zweitens hat man unterwegs mit physikalischen Realitäten wie zum Beispiel dem Funkschatten eines Hochhauses oder einer besetzten Telephonnummer zu tun, die eine ständig offene Leitung von vorne herein verbieten. Drittens schließlich haben Telephonkanäle eine geringere Übertragungsgeschwindigkeit als klassische Client/Server-Netzwerke, wodurch die Suche in einer Datenbank zu einer langwierigen und damit teuren Angelegenheit werden kann.

Lösungsvorschlag

Ein erster Ansatz zu einer Lösung dieses Problems wurde nun von Oracle vorgestellt: Mit "Oracle in Motion" präsentiert die Firma ein Softwarepaket, das es ermöglichen soll, das Gefühl einer ständig offenen Leitung zu haben, dennoch aber die kostenpflichtigen Netze der Telephongesellschaften so kurz wie möglich zu benutzen. Der Trick dabei ist, daß zwischen Client (also Ihren Laptop) und Server (das LAN oder WAN Ihrer Firma) ein sogenannter Agent geschaltet wird, der im heimatlichen Netz verbleibt, auch wenn die Verbindung momentan unterbrochen ist.
    "Oracle in Motion" besteht aus drei Komponenten mit unterschiedlichen Funktionen: dem Message Manager, dem Message Gateway und dem Agent Event Manager.
    Im Folgenden wollen wir uns diese Komponenten, und was sie tun, kurz anschauen.

Message Manager

Zu diesem Programmteil hätte man früher Übertragungsprotokoll gesagt, doch erstens klingt das nicht so gut, und zweitens ist der Message Manager eine Summe aus Übertragungsprotokollen. Seine Aufgabe ist es nämlich die Nachrichten Ihrer Applikationen an das Netz weiterzuleiten und dabei zu berücksichtigen wie Sie gerade mit dem Netz verbunden sind: ob Sie über Standleitung am LAN oder WAN hängen, ob Sie über Modem an ein Telephonnetz oder ein GSM-Netz angebunden sind oder ob Sie gerade einen Paketdienst wie Mobitex verwenden; der Message Manager stimmt das Format der Nachricht auf das Übertragungsmedium ab und berücksichtigt auch synchrone oder asynchrone Übertragungsmodi. Falls im Moment keine Verbindung möglich ist, so wird die zu übertragende Nachricht zwischengespeichert und der Manager versucht es immer wieder, bis die Daten an ihrem Ziel sind.

Message Gateway

Dieses Programmteil sitzt im heimatlichen Netzwerk (sprechen Sie mit Ihrem Systemmanager, denn wenn er nicht will, geht überhaupt nichts) und empfängt die von Ihnen und anderen Außendienstmitarbeitern gesendeten Nachrichten. Seine Aufgabe ist es zu erkennen an welchen Agent die Nachricht gesendet wurde, und sie ihm zuzuleiten. Falls der Agent gerade beschäftigt ist, so wird die Nachricht auch hier zwischengespeichert, bis der Agent wieder frei ist. Hat der Agent eine Antwort erarbeitet, so leitet das Message Gateway sie dem richtigen Client (also Ihnen, und nur Ihnen) zu. Ist eine Verbindung momentan nicht möglich, so wird die Antwort - erraten! - zwischengespeichert, bis Sie wieder verfügbar sind.

Agent Event Manager

Hier wird die eigentliche Arbeit getan: die Steuerung der Agenten, die wie fleißige Bienen durch den Server eilen, um die gewünschten Daten zu finden. Die derzeit vorhandenen Agents beherrschen Börsenkursabfragen, Lagerbestandsabfragen, Mailing, Berechnungen nach Bestandsdaten, Koordinierung der Transportlogistik, Preislistenupdates, Abfragen aus Informationsdiensten und Ähnliches mehr. Sollten Sie einen speziellen Agenten benötigen, so lassen sich Programme die mit C/C++, Oracle OCI, Pro*C, MicroSoft Visual Basic, oder Powersoft PowerBuilder erstellt wurden, einbinden.

Der Nutzen

Ein Vorteil, der auch in traditionellen Netzen spürbar wird, ist die Unabhängigkeit der Agents, die es dem Client ermöglicht weiterzuarbeiten während er auf die Ergebnis seiner Abfrage vom Server wartet. Ein zweiter Vorteil, der erst unterwegs spürbar wird, ist die Unabhängigkeit vom Übertragungsmedium: Sie könnten zum Beispiel über das Autotelephon eine Abfrage an den Server schicken und dann über Modem und das Hoteltelephon die Antwort erhalten, da ja Ihre Anfragebeantwortung zwischengespeichert wird bis Sie wieder erreichbar sind.
    Die Gruppe der möglichen Anwender ist jedoch keineswegs auf Außendienstmitarbeiter von Firmen beschränkt: so kann zum Beispiel ein Krankenwagen vor der Ausfahrt eine Anfrage über die Daten des Patienten stellen, die dann unterwegs beantwortet wird. Ähnlich könnten auch Polizei und Feuerwehr unterwegs mit Daten über den Einsatz versorgt werden, so daß keine Zeit mit dem Warten auf die Antwort vergeudet wird.

Schluß

Oracle hofft mit diesem Softwarepaket etwas geschaffen zu haben, das die Landschaft der Client/ Server-Netzwerke und mobilen Computereinsatze ähnlich verändern soll, wie das Handy und E-Mail es im Bereich der Telekommunikation geschafft haben. Alles was Sie benötigen, um das auszutesten ist Microsoft Windows und Anwendungsprogramme, die sich mit OLE 2.0 oder Windows DDL verstehen. Wir sind jedenfalls gespannt, ob wir hier einen neuen Boom des mobilen Computereinsatzes erleben.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 25. Juni 2007
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