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DAB im Einsatz

DAB - "Fernsehen im Radio" haben es einige Kommentatoren getauft, tritt von der Theorie in die Praxis ein. In Stockholm steht der erste Sender, der DAB-Programme verbreitet.


Vor einem knappen Jahr haben wir über den möglichen Einsatz von Digital Audio Broadcasting, der Übertragung von Daten und Bildern parallel zum regulären Radioprogramm berichtet. Jetzt hat man in Schweden den Versuchsbetrieb aufgenommen.
    Betreiber der DAB-Sender ist Teracom Svensk Rundradio. Teracom ist die größte Radiogesellschaft in Schweden. Derzeit ist ein Sender im Gebiet Stockholm in Betrieb, der eine Bevölkerung von rund einer Million Menschen versorgen kann. Im März 1996 soll ein zweiter Sender in Betrieb gehen, der die Versorgung dann auf 1,5 Millionen Menschen erweitern wird.
    Natürlich ist das System eigentlich eine Experimentalplattform, die zeigen soll, was man mit dem System sinnvoll machen kann.

Die Technik

Auf Kanal 12B (225,648 MHz) wurden zuerst drei digitale Programme verbreitet. Im Herbst 1995 wurden zwei weitere Programme dazugeschaltet.
    Die einzelnen Programme werden auf je einer zwei Megabit-Leitung zu den Audio-Encodern geführt und dann in einem DAB-Multiplexer gleichsam zusammengemischt und ausgestrahlt. Die Ausrüstung ist eine europäische Kombination: Die Audio-Encoder stammen von barco, der DAB-Multiplexer stammt von BBC. Generator und Verstärker kommen von Rhode & Schwarz.

Probleme

Ein wesentliches Problem bei der Einführung von DAB stellt die bisherige Besetzung der Frequenzen unter einem Gigahertz dar. In diesem Bereich ist derzeit in Europa praktisch nichts frei. Daher versuchen auch einige Länder, Teile des bisher hauptsächlich für Fernsehen verwendeten Bandes III und dabei speziell den Kanal 12 (223 - 230 MHz) wie in Schweden frei zu bekommen. Auch wird versucht ein neues Rundfunkband im Bereich zwischen 230 und 240 Megahertz frei zu machen, das ausschließlich für DAB dienen soll.

Vorteile

Einer der Vorteile von DAB liegt in der unerhörten Qualität der Tonübertragung. Die Bitrate von 128 Kilobit/Sekunde (kbps) pro Monokanal läßt den Hörer glauben, eine CD und keine Rundfunkübertragung zu hören. Technisch ist es möglich, die Bitrate je Kanal zwischen 32 und 192 kbps zu variieren oder überhaupt nur Daten zu übertragen. Fünf Programme in höchster Stereoqualität können in einen 1,5 MHz breiten Block gepackt werden - zusammen mit Daten.

Neue Ideen

Die mit DAB möglichen Dienste werden fast nur durch die Phantasie der Beteiligten beschränkt. DAB-Empfänger - ein Philips-Modell haben wir bereits gesehen - bestehen neben dem eigentlichen Radioempfänger samt Lautsprecher aus einem grafikfähigen Bildschirm, dem Prozessor samt sehr großem Speicher und einem User-Interface.
    Dieses User-Interface wird nicht im Empfänger generiert, sondern kommt mit dem empfangenen Programm mit, was es möglich macht, zu jedem Radioprogramm - wobei wir uns unter Radioprogramm auch etwas anderes als die derzeitigen Programme vorstellen müssen - die geeignete Oberfläche mitzusenden.
    Ein Musikprogramm erfordert vielleicht nur eine Oberfläche zur Einstellung der Lautstärke, der Höhen und Tiefen etc., während ein Verkehrslageprogramm etwa über Zoomfähigkeiten verfügen muß, die es dem Radio-Seher ermöglichen, den für ihn interessanten Teil der gesendeten Straßenkarte zu studieren. Man könnte sich sogar vorstellen, daß überhaupt aktuelle Straßenkarten gesendet werden, die es Fremden ermöglichen könnte, sich zu orientieren. Eine Kombination von GPS und lokal gesendeten Karten würde das bisherige Provisorium (CD-ROM-Drives zur Ergänzung des GPS mit Karten) überflüssig machen und darüber hinaus viel aktuellere Karten - samt Verkehrslage, Straßenzustand usw. - ins System bringen.
    Bei der Einfahrt in eine Stadt wäre es endlich möglich, nicht nur zu erfahren, wo es Parkhäuser gibt, sondern auch, wie viele Stellplätze dort noch frei sind - ohne die ganze Stadt mit riesigen Anzeigetafeln zu verschandeln.
    Natürlich können auch Informationen über Hotels am Ort (freie Zimmer samt deren Bildern, Preise), Tankstellen, lokale Veranstaltungen, Werbung usw. übermittelt werden.
    Die Werbung für einen Reiseveranstalter, die wir gesehen haben, stellte sich inhaltlich noch kaum besser dar, als das was derzeit bei uns im Teletext des ORF geboten wird, doch die Bildqualität der einzelnen Seiten entspricht der eines TV-Bildes. Das warten auf die nächste Seite dauert subjektiv etwa genau so lange wie beim Teletext.

Zukünftiges

Tischgeräte und fix im Auto montierbare Anlagen gibt es bereits. Die Schweden denken aber bereits an portable Geräte, die sie Portable Information Terminal oder Portable Electronic Market Square nennen.
    Damit könnte ein Informationskanal für das breite Publikum "abgehört" werden, der News, Wetter, Sportergebnisse usw. auf einzelnen Seiten gespeichert hat, die man unterwegs abfragen kann.

Kein Satellit

Was derzeit noch fehlt, ist die ursprünglich geplante Abstrahlung von DAB von Satelliten, obwohl seit 1992 eine Bandbreite von 40 MHz im L-Band dafür vorgesehen ist. Die Schweden glauben nicht, daß in diesem Frequenzbereich vor dem Jahr 2007 etwas geschieht, denn die Dienste, die derzeit das L-Band benutzen müssen entweder erst auslaufen oder in andere Bänder verlegt werden.
    Aber immerhin, Länder wie Schweden beginnen wenigstens mit terrestrischem DAB und in Schweden hofft man, daß auch einige andere Länder in Europa noch im Jahre 1996 mit DAB-Ausstrahlungen beginnen - immerhin ist auch ihr Betrieb erst ein Testbetrieb und Erfahrungsaustausch ist gerade in solchen Phasen nicht nur beliebt, sondern auch ganz besonders wichtig.

fak




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 25. Juni 2007
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