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Artikel aus Mobile Times 10

Transalpin

Die Alpen sind ein weißer Fleck - nicht nur auf normalen Landkarten, sondern ganz besonders auf Deckungskarten für Mobiltelephone. Dennoch versuchten drei österreichische Bergsteiger die Empfangsverhältnisse entlang des Alpenhauptkammes auszuloten und das noch dazu im Winter. Und ein Handy erwies sich dann als Lebensretter.


Drei Mann hoch, so zogen sie am 18. Februar 1996 in Puchberg am Schneeberg los, um am 7. Mai in Chamonix am Montblanc anzukommen. Im Gepäck zwei Handys.: Motorola hatte ein D-Netz-Gerät vom Typ MicroTAC und ein GSM 8200 zur Verfügung gestellt.

Alle drei sind erfahrene Tourenführer des Alpenvereins und sollten mit der Gewalttour auch Ausrüstungsgegenstände testen. 21 Sponsoren unterstützten das Vorhaben.

Wolfram Wuinovic, mit 25 Jahren der jüngste Teilnehmer, erzählte uns, daß die Mitnahme eines Handys bei Bergtouren heute geradezu selbstverständlich ist, obwohl es genug weiße Flächen gibt.

Die Erfahrungen

In Österreich war das D-Netz meist besser als das GSM. Erschüttert hat die Wanderer, daß entlang der Felbertauern weder D-Netz noch GSM funktionsfähig waren. Verwunderlich war auch, daß man in Sichtweite der österreichischen Zollstation am Brenner nicht mehr mit dem D-Handy arbeiten konnte.

Die Handys hatten neben ihrer Funktion als Sicherheitssystem auch noch die Kommunikation mit Ö3, Radio Niederösterreich und Radio Oberösterreich zu sichern, denen man regelmäßig Interviews gab.

So etwa einmal direkt vom Gipfel des Großglockners über das D-Netz. Auch der alpine Wetterdienst des Alpenvereins in Innsbruck wurde kontaktiert und in der Schweiz und in Frankreich nutzte man das Handy zur Wetterinfo.

Bei der in der Schweiz notwendigen Vorbestellung von Schutzhüttenplätzen war das Handy natürlich auch eine große Hilfe.

Die Handys bereiteten keine Probleme. Es wurde auch bei -20°C telephoniert. Selbst Wind und Niederschlag wurden problemlos überstanden und die Windgeräusche konnten leicht mit der Kapuze gedämpft werden.

Ein wirkliches Problem war das Laden. Die österreichischen Schutzhütten haben meist einen Dieselgenerator, so daß oft noch eine Möglichkeit besteht. Die umweltbewußten Schweizer versorgen aber ihre Hütten nur mehr mit Solaranlagen und mit den 12 Volt kann der Handylader nichts anfangen.

Die Deckung

Die Erfahrungen der Mannschaft zeigten, daß die schwächste Versorgung für Mobiltelephone entlang des Alpenhauptkammes in Österreich war. Südtirol in Grenznähe ist auch noch nicht so gut ausgerüstet, aber zu Italien konnten wir nur hören "gewaltig, hat mehrmals perfekt funktioniert." In der Schweiz gab es auch in den Bergen für unsere Gruppe nie ein Problem.

Der Unfall

Auf der Haute Route in der Nähe des Matterhorns kam es dann zum Unfall von Otto Rust. Ein breiter weiter Sattel, man geht nicht am Seil - ein Krach und eine 50 m² große Schneefläche bricht in sich zusammen. Rust stürzt 25 m tief ab und ist von den Schneemassen verschüttet. Ein Arm ist frei; während er sich selbst aus den Schneemassen befreit, bauen die anderen zwei eine Verankerung um ihn dann herauszuholen - was auch gelingt. Aber er hatte Brustschmerzen und spuckte Blut. Schi und Stöcke waren auch weg also wurde das Handys probiert - und es funktionierte.

Die Rettung

Die Air Zermatt rief sicherheitshalber zurück - es konnte ja auch ein Jux sein - und schickte dann einen Hubschrauber, mit dem die Wanderer in Direktkontakt standen. Und auch das war wichtig, denn der Helikopter konnte nicht direkt bei der Unfallstelle landen und die drei Helfer mit ihrem Akja mußten erst herandirigiert werden.

Im Krankenhaus stellte man dann Wasser in der Lunge fest, das durch das Einatmen in den Schneemasse seinen Weg gefunden hatte.

Kein großes Problem für die Ärzte, aber ohne Hilfe wäre das Opfer bald tot gewesen. Dank des Handys war er nur einen Tag im Krankenhaus und nahm sogar an den letzten vier Tagen der Alpenquerung wieder teil.

MT




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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