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Artikel aus Mobile Times 12
MOBILE TIMES hat sich auf dem Zubehörmarkt für Handys umgesehen und dabei einige interssante Trends festgestellt: Freisprechanlagen boomen, Tascherln gibt es auch noch und das wichtigste Marktsegment sind nach wie vor Ersatzakkus und Akkus mit langer Standzeit.
Jahrelang wollten die Kunden von Mobiltelephonen nur zweierlei: längere Sprechzeiten und niedrigere Preise. Die längeren Sprechzeiten bekamen sie durch technische Verbesserungen bei den Akkus und durch energiesparende Bauteiles. Die niedrigeren Preise mit ständig voranschreitendem technischen Fortschritt in Einklang zu bringen grenzt allerdings fast an die Quadratur des Kreises.
Die Anbieter von Mobiltelephonen, die ja in hartem Wettbewerb untereinander stehen, erfuhren nun vermittels der Marktforschung von dem Kundenwunsch nach billigeren Produkten - oder wußten es schon vorher - und stellten sich darauf ein.
Doch wenn Forschung und Entwicklung Millionen verschlingen, die ja auch wieder verdient werden müssen, so bleibt nur eines übrig, um den Preis zu senken, nämlich weniger Inhalt in die Verkaufspackung zu geben.
So waren die frühen Handys mit Tischladegerät, Zusatzakku und ähnlichem reich bestückt - aber auch relativ teuer. Im Laufe der Zeit wurden die Pakete billiger und leerer. Meist bekommt man heute nur noch einen Standardakku und einen Netzstecker mitgeliefert - aber der Kunde wollte es so, da er ja den billigeren Angeboten den Vorzug gab.
Der Kunde hatte nun zwar ein billiges Handy, doch bald stellte er fest, daß ihm zu seinem Glück die vielen Accessoires fehlten, die das mobile Leben erst lebenswert machen.
Da wir in einer freien Marktwirtschaft leben wurde dem Kundenwunsch Rechnung getragen: der Zubehörlieferant war geboren.
Umtriebige Leute kamen auf die Idee, den Kunden das zu verkaufen, was diese zuerst offensichtlich aus falsch verstandener Sparsamkeit verschmäht hatten:
Die Zusatzakkus, die Gürtelclips, die Tischladegeräte und die Autoantennen fanden und finden reißenden Absatz, obwohl wahrscheinlich ein All-in-One-Paket summa summarum billiger wäre - aber das gibt es ja kaum mehr.
Das der Zubehörmarkt boomt, kann man schon daraus ersehen, daß jährliche Zuwachsraten von über vierzig Prozent durchaus normal sind, während in anderen Sparten - wohl auch durch die Sparpakete der Regierung - reale Umsatzrückgänge von bis zu zehn Prozent vorkamen.
Wir haben uns zum Thema Zubehör u.a. bei Happl-Elektronik - wohl unter dem Markennamen M-Line deutlich bekannter - umgehört, weil dieses Unternehmen in Österreich rund 45% Anteil am Handy-Zubehörmarkt erwirtschaftet und daher wohl am besten die Lage kennt.
So lernten wir beispielsweise, daß beim Kauf von Zubehör der Löwenanteil von vierzig Prozent auf Zusatzakkus und Hochleistungsakkus entfällt, was zeigt, daß der Hauptwunsch nach längeren Gesprächszeiten nach wie vor ein bestimmendes Moment ist.
Dieser Trend wird sicherlich auch in den nächsten Jahren noch anhalten, da man als Standardakku immer noch NiCd-Technologie bekommt, während Hochleistungsakkus ohne Memory-Effekt auf Basis der NiMH- oder LiIon-Technik den Zubehörmarkt beherrschen.
Auch meinte man bei Happl-Elektronik, daß das Predigen von Sicherheit im Auto langsam Früchte tragen würde, da Freisprech-Einrichtungen schon ein Fünftel des gesamten Zubehörs ausmachen, und der Anteil laufend steigt.
Der Anteil an Taschen und Gürtelclips hingegen soll fallend sein (obwohl die Gesamtsumme immer noch steigt), was aber wenig wundert, da die neuen Handys schon so klein und leicht sind, daß man keinen Gürtelclip mehr benötigt, sondern sie einfach ins Sakko oder eine Hemdtasche stecken kann.
Mittlerweile erkennen aber die Hersteller der Handys, daß ihnen beim Zubehör ein Riesengeschäft durch die Lappen geht, das schon über ein Viertel des Gesamtmarktes ausmacht und noch weiter ansteigen wird. Und das Schlimme aus der Sicht der Hersteller ist, daß sie dieses Geschäft früher selbst tätigen konnten.
Und was tut man, wenn so etwas der Fall ist? Man bietet das Produkt wieder selber an. Doch hier gibt es zwei unterschiedliche Philosophien.
Motorola zum Beispiel liefert das neue Star-Tac gleich von vornherein mit Ladestation, Zusatzakku und Gürtelclip aus, dafür kostet es aber auch entsprechend mehr. Und wie man weiß, übersteigt der Preis dieses multifunktionalen Winzlings mit Zubehör dann doch oft die Schmerzgrenze dessen, was man auf einmal auszugeben gewillt ist.
Bei Ericsson setzt man dagegen offensichtlich darauf, daß mehrere kleine Ausgaben weniger schmerzen als eine große (auch wenn der Gesamtbetrag gleich ist) und paßt sich dieser Kundenemotion an, indem eine eigene Linie von "Original-Zubehör" kreiert wird. Ziel der damit verbundenen Image-Kampagne ist es laut Ing. Manfred Jahn von Ericsson, daß man ein Ericsson-Handy nur noch mit Ericsson-Zubehör betreibt, genauso wie man Coca-Cola nur aus Coca-Cola Bechern trinkt während man auf einem Coca-Cola Hocker sitzt und ein Coca-Cola Leibchen an hat. Ein weiteres Vorbild von Ericsson ist auch die Produktlinie von Harley-Davidson, die vom Flachmann über das T-Shirt bis zur Füllfeder reicht, und das Gefühl der "Freiheit auf zwei Rädern" in jeden Winkel des Lebens tragen soll.
Natürlich würde sich Ericsson ganz besonders freuen, sollte man eines Tages mit Ericsson die "Freiheit auf zwei Beinen" assoziieren oder gar von der "Harley-Davidson unter den Handys" reden. Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg und vorerst wird man einmal bei den Händlern die Verkaufsständer für Orginal-Ericsson-Zubehör installieren, in der stillen Hoffnung, daß man am Zubehörkuchen mitnaschen kann.
Einen Vorteil hat dieses "Orginal"-Zubehör gegenüber den universal einsetzbaren Teilen dritter Hersteller zweifellos: es sollte zum Handy dazupassen und keine Probleme mit falscher Spannung, Schnittstellenbelegung oder ähnlichem haben (hoffen wir wenigstens).
Wie sich bei der im Herbst in Wien erstmals abgehaltenen PCMultimediaHIT (kurz: PMH) zeigte, sind aber auch auf Seiten der unabhängigen Zubehörlieferanten die ruhigen Tage gezählt. Immer mehr Anbieter drängen auf den Markt und wollen sich mit mehr oder weniger interessanten Produkten einen Teil vom großen Kuchen abschneiden.
Neben Happl-Elektronik mit der inwischen wohl bestens bekannten Marke M-Line kämpft auch der Linzer DI Fellner mit seine Marke Emporia genau so um Marktanteile, wie die Wiener Heinz Schiller mit der aus der Schweiz stammenden Marke Euro-Cellular, Autocom-Boß Frühwirt mit ProTel oder Johannik unter seinem eigenen Namen.
Dazu kommen verstärkt Versuche deutscher Anbieter, sich auf dem doch sehr lukrativen österreichischen Zubehörmarkt (der Jahresumsatz 1996 dürfte zwischen 450 Millionen und 500 Millionen Schilling liegen) festzusetzen: so steht ein Engagement von Mobiset unmittelbar bevor und auch Teletec hat erste zaghafte Tastversuche unternommen.
Viele elektronische Bauteile werden bekanntlich in Südostasien gefertigt und so nimmt es nicht Wunder, daß auch Anbieter wie ERD hierzulande Verkaufsniederlassungen einrichten um ihre Produkte möglichst direkt in den Handel zu bringen.
Die Liste der Kämpfer ist damit keineswegs komplett, aber sie zeigt, daß der Markt heiß umkämpft ist und das Erreichen eines Marktanteiles von 45%, wie ihn M-Line derzeit hält, gar nicht so einfach ist.
Was die Zubehörhändler anbieten ist natürlich teilweise auch bei den Handyherstellern zu finden; aber eben nur teilweise. So haben wir kürzlich mit dem Test eines Akkus von Eurocellular für Ericsson-Handys begonnen, der nach unseren ersten Erfahrungen alles schlägt, was man bei Ericsson direkt bekommt: seine Standby-Zeit beträgt eine Woche und mehr, dafür liegt auch sein Volumen über jeder Dimension, die man bei Ericsson bekommt. Daraus erkennt man aber auch, daß die Gerätehersteller gewisse Probleme haben, solche Monster zu liefern: jeder Konkurrent würde die "schwerste" Variante zum Vergleich heranziehen und behaupten, das Ericsson (das zu den leichtesten Geräten zählt) sei unförmig.
Andererseits, wenn jemand mehrere Tage in verschiedenen Ländern Europas unterwegs ist, kann er statt dem Ladegerät und diverser Netzadapter auch einfach den "schweren" Eurocellular-Akku anstecken und sich alles übrige ersparen.
Ähnlich ist es mit Angeboten wie Mehrsystem-Ladestationen: Hat man in einem Unternehmen nicht nur Handys von einem Hersteller, so stellt sich bei der Anschaffung von Tischladestationen oft die Frage, welche man denn nun kaufen soll?
Für jeden Handytyp eine oder einfach eine, die für mehrere Systeme geeignet isr? Im Normalfall wird man sich in solchen Situationen wohl für die Mehrsystemvariante entscheiden.
Ein weiterer Punkt ist die Frage nach der Qualität der Tischladegeräte. Wie in unserer Akku-Serie zu lesen war, ist gerade die ideale Art des Ladens stark vom Akku-Typ abhängig. Nun muß aber ein Hersteller ein Tischladegerät liefern, das mehr oder weniger für alle seine Akkutypen geeignet ist, während ein Zubehörhändler durchaus auch verschiedene Typen von Ladegeräten anbieten könnte.
Freisprecheinrichtungen bietet praktisch jeder Handy-Hersteller. Und die Sicherheit beim Autofahren sollte es einfach wert sein, daß man eine einbaut.
Aber abgesehen von der jeweiligen Konstruktion, die nicht immer allen potentiellen Kunden gefallen muß, gibt es auch hier das Problem, daß in größeren Fuhrparks die Freisprecheinrichtung unter Umständen für verschiedene Handy-Marken geeignet sein muß. Auch hier kann nur der unabhängige Zubehörhandel helfen: entweder mit fix eingebauten Freisprecheinrichtungen, deren Halterungen für unterschiedliche Handys geeignet sind oder mit den inzwischen immer häufiger zu findenden portablen Freisprecheinrichtungen, die einfach in die Zigarettenanzünderbuchse gesteckt werden.
Oder man behilft sich mit einer - auch außerhalb des Fahrzeuges sehr praktischen - "portablen Freisprecheinrichtung", die eigentlich nur aus einem Ohrstöpsel, Anschlußkabel und einem daran befestigten kleinen Mikrophon besteht (angeboten z.B. von Ericsson und Nokia) und auch in lauten Messehallen ausgezeichnete Dienste leistet. Nur, wer trägt schon gerne dauernd den Knopf im Ohr?
Nicht nur praktisch kann Zubehör sein. sondern durchaus auch modisch. Jeder hat schon die bunten Deckel gesehen, wie sie etwa Nokia anbietet. Johannik bietet das z.B. auch, der Clou aber ist, daß er auch den Rücken in der gleichen Farbgebung wie die Frontschale liefert.
Ohne Zubehör kommt man nicht sehr lange über die Runden. Ein Akku alleine tut´s sicher nicht, wenn man dauernd erreichbar sein will und die Sicherheit im Auto sollte einem eine Freisprecheinrichtung wert sein.
Das Angebot wird - auch was die Zahl der Anbieter betrifft - immer größer. Das hat den Vorteil, daß man immer näher an das herankommt, was man sich eigentlich vorstellt. Der Nachteil besteht aber darin, daß man mehr und mehr von der Beratung im Fachhandel abhängig wird, die nicht immer und überall so optimal ist, wie man sich das wünschen würde.
Michael & Franz A. Köttl
Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003 Text © 1997 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times |