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Artikel aus Mobile Times 12

Akkumulatoren - Kraftspender mobiler Elektronik (4)

Akkus der Neunziger - Werkstofftechnik und die Wiederentdeckung der meistbenutzen Batterie

In der letzten Folge (>>) erwähnten wir die Neuentwicklung des NiMH-Akkus und die Wiederentdeckung des Bleiakkus. Und da sich in der Geschichte alles in mehr oder weniger kurzen Abständen wiederholt, so ist dieses Phänomen der Siebziger auch in den Neunzigern zu beobachten: Neben einer Neuentwicklung steht auch die Weiterentwicklung eines alten Bekannten, diesmal sogar einer der ältesten Batterien überhaupt.


In der allerersten Folge hatten wir schon das Le Clanché-Element erwähnt, das sich heute als Alkali-Batterie praktisch in jedem Walkman, Reisewecker oder ähnlichen Anwendungen befindet.

Man könnte nun natürlich darüber streiten, ob die Alkalibatterie wirklich die meistbenutzte Batterie der Welt ist, oder ob dieses Prädikat eher dem in Autos so überreich vertretenen Bleiakku zukommen sollte, doch ist dies eine eher müßige Debatte.

Die eigentliche Frage ist vielmehr, was kann die wiederverwendbare Alkalibatterie, wie bewährt sich das Prinzip des vorigen Jahrhunderts, wenn man daraus einen Akku macht?

Die Akalibatterie vom Wegwerfen gerettet

Die Alkalibatterie hat ein langes, ereignisreiches Leben hinter sich, und ist schon überall zum Einsatz gekommen, wo eine kleine, portable Gleichstromquelle von Nutzen sein könnte. Man könnte sich fast wundern, warum niemand früher auf die Idee gekommen ist, die Wiederaufladbarkeit zu testen.

In Wirklichkeit aber sind auch herkömmliche Alkalizellen wiederaufladbar, und es wird auch schon seit den siebziger Jahren praktisch durchgeführt (zum Beispiel bei den Taschenlampen in Passagierflugzeugen). Nur ist die praktische Durchführung alles andere als befriedigend, da die mögliche Kapazität mit jedem weiteren Zyklus rasch abfällt. Die wirkliche Neuerung ist also, daß die Batterie eine größere Zahl von Lade-Entlade -Zyklen durchhält, ohne gleich in die Knie zu gehen.

Da es aber nichts gratis gibt, so hat auch diese Steigerung der Zyklen ihren Preis: während normale Alkalizellen auf maximale Energiedichte hin konstruiert sind, sind die wiederverwendbaren Zellen natürlich auf maximale Zyklenzahl gebaut. Dadurch sinkt leider die maximale Energiedichte ab. Das klingt nun furchtbar, doch ist die Energiedichte immer noch höher als bei NiCd oder NiMH, das heißt, daß man die selbe Laufzeit mit geringerem Gewicht realisieren kann.

Ein weiterer Vorteil ist die extrem niedrige Selbstentladung, die von keinem derzeit auf dem Markt befindlichen Akku untertroffen wird. Doch, und das hängt direkt damit zusammen, auf der anderen Seite bevorzugt die Alkali-Zelle überhaupt geringe Stromstärken. Der maximale Strom ist 400 mA. Das ist zwar für Radios, CD-Spieler, Kasettenrekorder und Taschenlampen mehr als ausreichend und auch viele Organizer sind damit durchaus zufrieden und können einige Wochen lang von nur einer Zelle leben.

Wenn wir aber zu Handys kommen, so reicht dies nicht, da mit 400 mA bei 1,5 V nur eine Leistung von 600 mW realisiert werden kann, was nur circa 75% der nötigen Sendeleistung ausmacht.

Langlebig kann auch kurz sein

Damit könnte man ja durchaus leben, da viele verschiedene Typen von Akkus die wir in dieser Serie vorstellen für unterschiedliche Anwendungen die optimale Wahl darstellen. Doch der größte Nachteil wurde noch nicht genannt: wenn man den Alkali-Akku so einsetzt, wie man das von NiCd oder NiMH gewöhnt ist, so kann man bestenfalls mit zehn Zyklen rechnen, was um Größenklassen schlechter ist, als die tausend Zyklen eines NiCd-Akkus. Sogar der niedrige Preis, der nur 10% dessen eines NiCd-Akkus beträgt, schlägt sich dadurch in höheren Kosten pro Zyklus nieder. Und damit ist der große Vorteil eines Akkus gegenüber einer Batterie fast schon ad absurdum geführt. Denn der Preisvorteil resultiert ja daraus, daß die Anschaffungskosten sich über eine Anzahl von Lade-Entladezyklen verteilen, und infolgedessen der Betrieb günstiger kommt als bei einer Batterie, die ja nur einen Zyklus hat.

Natürlich sind zehn Zyklen besser als nur einer, und wenn man die geringen Anschaffungskosten der wiederverwendbaren Alkalibatterie bedenkt, so ist bei manchen Anwendungen durchaus eine Ersparnis gegeben. Denn erfordert der Betrieb nur flachere Entladungen, so erhöht sich die Lebensdauer, da die Zahl der möglichen Zyklen eine direkte Funktion der Entladungstiefe ist. Wenn man hingegen die Entladung wie im Normalfall bis zum Knickpunkt der Spannungskurve durchführt, so verliert der Alkali-Akku pro Zyklus 60 Prozent seiner Kapazität, was eindeutig zu viel ist. Dieser hohe Verlust resultiert daher, daß bei der Reaktion im Überschußbereich Wasserstoff entsteht, der aus der Braunstein-Elektrode nicht wieder vollständig rückgewonnen werden kann. Bei geringer Nutzung, wie zum Beispiel als Backup-Batterien, wie sie in manchen Notebooks neben dem Hauptakku vorkommen, erfüllen sie ihren Dienst zuverlässig und langfristig billiger als etwa NiCd-Akkus.

Das Rennpferd unter den Akkus

Kommen wir nun zu dem Akku, über den man am meisten spricht, der am stärksten beworben wird, und der mit Bezeichnungen wie "Hochleistung" oder "SlimLine" den Griff in die Geldbörse versüßen soll: Der Lithium-Ionen-Akku. Was kann LiIon wirklich?

Lithium-Akkus gab es zwar schon früher, jedoch benutzten diese die selbe Vorgehensweise wie Alkalibatterie, nur daß der negative Pol nicht aus Zink, sondern aus Lithium bestand. Die wirkliche Neuerung war die Verwendung einer Elektrode aus Lithium-Ionen, statt aus metallischem Lithium. Diese Technologie ist recht jung, da die Chemie von Lithium erst während der Forschungen für Fusionsreaktoren näher betrachtet wurde - zwar funktioniert der Akku ohne kalte Kernfusion, doch sind seine Leistungen trotzdem recht beachtlich. So ist die Energiedichte doppelt so hoch, wie bei NiCd-Zellen und sogar um 25% mehr als in Alkalizellen. Diese hohe Energiedichte wird allein nicht durch schlechteres Lade-Entlade-Verhalten erreicht. Vielmehr verträgt der LiIon-Akku Tiefenentladung genauso gut wie NiCd-Akkus und weist auch ähnliche Strom-Spannungskurven bei Lade- und Entladevorgängen auf, nur linearer und daher leichter zu berechnen.

Was aber nicht gleich ist, ist die Selbstentladung. Während NiCd-Akkus bis zu fünfundzwanzig Prozent Selbstentladung im Monat zeigen können, liegt dieser Wert bei LiIon nur bei circa acht Prozent. Ein weiterer Pluspunkt ist die geringere Masse, dies einerseits durch die höhere Energiedichte. Die Zellenspannung liegt bei 3,6 V, (bei NiCd nur bei 1,2 V), was bedeutet, das man mit einer statt drei Zellen die selbe Endspannung erreichen kann.

Auf diese Art erspart man sich aber nicht nur Gewicht, sondern auch viele Performance-Probleme, die aus schlecht aufeinander abgestimmten Zellen resultieren können. So muß man bei NiCd-Akkus, wenn man diese neu gekauft hat, erst einmal "trainieren", was dadurch geschieht, daß man den Akku mehrmals voll lädt und entlädt. Durch diesen Prozeß werden die einzelnen Zellen des Akkus aufeinander abgeglichen. Bei LiIon-Akkus kann man sich diese Prozedur schenken, da oftmals nur eine Zelle im Akku drinnen ist (und mit sich selbst sollte sie schon abgestimmt sein).

Memory Ade - LiIon hat kein Gedächtnis

Der vielleicht größte Pluspunkt ist das Fehlen des Memory-Effekts. Wie der letzten Folge zu lesen, beruht dieser Effekt darauf, daß NiCd oder NIMH Akkus Elektroden aus Metall haben, deren Kristalle bei jedem Lade-Entlade-Zyklus ein Stückchen größer werden. Dadurch nimmt die reaktive Oberfläche ab und der Akku verliert an Kapazität, im Extremfall können diese kristallinen Metallnadeln sogar die Separatorfolie durchstoßen, wodurch es zu einem inneren Kurzschluß der Zelle kommt.

LiIon dagegen hat keine metallische Elektrode, sondern verwendet - wie der Name schon sagt - Lithium-Ionen als Elektrode. Der Gegenpol besteht immer noch wie bei der Alkalizelle aus Braunstein, das kein Metall, sondern ein Salz ist, das aufgrund seiner Kristallstruktur keine oberflächenarmen Nadeln ausbildet. Durch die Vermeidung von metallischem Lithium hat man nicht nur den Memory-Effekt verhindert, sondern auch die einzige Umweltgefahr von Lithium. Lithium ist zwar im Gegensatz zu Nickel, Cadmium, Blei oder Zink kein toxisches Schwermetall, doch reagiert metallisches Lithium mit Wasser sehr heftig und sehr schnell (heftige und schnelle Reaktionen nennt man im allgemeinen "Explosion"). Daher wäre die Endlagerung von Batterien mit metallischem Lithium im wahrsten Sinne des Wortes eine "Zeitbombe" gewesen (man stelle sich vor auf der Müllhalde beginnt es zu explodieren, wenn Wasser in die Akkus sickert ... ).

LiIon-Akkus enthalten aber kein metallisches Lithium, daher besteht diese Gefahr nicht. Jedoch könnte metallisches Lithium entstehen, wenn der Akku im falschen Strom- oder Spannungsbereich betrieben wird. Daher enthält jeder LiIon-Akku einen kleinen Schaltkreis, der bei zu hoher Ladespannung, zu niedriger Entladespannung oder zu hohem Stromfluß abschaltet. Und das ist auch einer der Gründe, warum LiIon-Akkus noch relativ teuer sind. Sobald der Preis aber hinreichend abgesunken ist, wird LiIon sicherlich überall dort eingesetzt werden, wo man heute noch NiCd einsetzt.

Ein Blick in die Zukunft

Doch die Entwicklung bleibt nicht stehen: jeder will noch leichtere Akkus, die natürlich viel, viel länger halten sollen. Jetzt wo man die Chemie von Lithium besser in den Griff bekommen hat, kündigt sich hier auch schon ein Nachfolger der LiIon-Technik an, der die Energiedichte noch einmal fast verdoppeln soll. Die Rede ist von Lithium-Polymer, die unter Verwendung neuer Kunststoffe nicht nur die dreifache Energiedichte von NiCd erreichen, sondern auch eine Selbstentladung haben soll, die noch deutlich unter der von LiIon liegt, und somit in den Bereich von Alkalibatterien kommt. Die Lade-Entladecharakteristiken sollen ähnlicher dem Bleiakku sein, das heißt Schnelladung mit nur einer Stunde wird es bei LiPoly nicht geben. Diese Zelle wird eher acht bis fünfzehn Stunden brauchen und flache Entladung bevorzugen.

Bei der Markteinführung im nächsten oder übernächsten Jahr wird sie zwar noch ziemlich teuer sein, doch sollte, nachdem die Forschungskosten verdient wurden, der Preis sinken, da die Herstellung billiger als die von LiIon sein wird.

Schluß

Die Basisinformationen über Akkus haben wir in dieser Serie vermittelt, aber selbstverständlich werden wir weiterhin über dieses Kernthema mobiler Elektronik berichten. Damit endet unsere Akku-Serie.

Michael Köttl


Daten üblicher Akkus

 SLANiCdNiMHLiIonLiPolyReAlkali
Spannung (V)21,20 - 1,251,20 - 1,252,7 - 3,63,61,5
Energiedichte (Wh/kg)3050 - 5565 - 75100 - 11017580
maximale Zyklen 1)200 - 3001000 - 1500500 - 1000300 - 120015010
Ladezeit (h)8 - 151 - 1,51 - 31 - 68 - 153 - 4
Ladestromniedrigsehr hochmittelhochniedrigsehr niedrig
Selbstentladung 2)niedrigmittelhochhochsehr niedrigsehr niedrig
Memory Effektjajateilweiseneinneinnein
Training nötig 3)1803090---
Umweltbedenkenjajateilweiseneinneinja
Kosten (US$) 4)25,0050,0080,00100,0090,005,00
Kosten pro Zyklus (US$)4)0,100,040,160,250,600,50
In Gebrauch seit1970195019701990(1997)1990

1) Die maximale Zyklenzahl hängt dabei natürlich von der Pflege des Akkus, und der Sorgfalt des Herstellers beim Abstimmen der Zellen untereinander ab.
2) "mittel" bedeutet dabei einen Verlust von 1-2% pro Tag. Das sagt aber leider wenig über die Verlustrate pro Monat aus. Denn z.B. NiCd verliert 1-2% pro Tag und 25% pro Monat, während LiIon 2-5% pro Tag aber nur 8% pro Monat verliert, da die Verlustkurve bei NiCd sehr gleichmäßig verläuft, während sie bei LiIon nach den ersten Tagen viel flacher wird.
3) Training bedeutet mehrmaliges komplettes Entladen und neu aufladen. Die Zahl gibt an alle wieviele Tage man das tun sollte.
4) Die angegebenen Kosten sind natürlich statistische Mittelwerte, die stark von der Größe und Leistung des jeweiligen Modells abhängen.


MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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