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Artikel aus Mobile Times 13

Quo Vadis Nordamerika?

Werden wir bald in den USA roamen können oder bleibt uns die Neue Welt mobiltelephonisch versperrt? Die Möglichkeit, in den USA ein Handy zu mieten kann ja doch nicht als der Weisheit letzter Schluß betrachtet werden, auch wenn man dann allenfalls sogar unter der eigenen Nummer erreichbar ist.

Warten bis das UMTS (Universal Mobile Telephone System) oder das FPLMTS (Future Public Land Telecommunication System) bzw. IMT2000 kommt, dürfte langweilig sein, so lange die Welt (ITU) und Europa (ETSI) noch nicht einmal darüber einig sind, in welcher Richtung standardisiert werden soll.


Nordamerika im geographischen Sinn umfaßt hier Grönland, Kanada, die USA und Mexiko. Während sich Kanada prinzipiell für den GSM-Standard PCS-1900 entschieden hat und Grönland noch nicht einmal daran denkt, ein digitales Mobiltelephonnetz einzuführen, werden die USA mehr und mehr zum Experimentierfeld unterschiedlicher technischer Ansätze.

Was uns allerdings interessiert ist die Frage, ob für uns Europäer ein vernünftiges Roaming in absehbarer Zeit möglich wird oder nicht. Im wesentlichen hängt das davon ab, ob sich der GSM-Standard in den USA durchsetzt oder nicht.

Der PCS-1900-Standard ist - abgesehen von der Frequenz - mit dem GSM-900-Standard identisch. Für ein praktikables Roaming sind daher "nur" Dual-Band-Handys erforderlich. Wir werden daher im folgenden von GSM sprechen, wie es die Betreiber in den USA und in Kanada ja ebenfalls tun, wenn sie über ihre PCS-1900-Systeme schreiben.

Unsere Karte zeigt, in welchen Gebieten der USA in absehbarer Zeit mit der Errichtung eines GSM-Netzes zu rechnen ist (grüne Flächen). Man erkennt, daß der Großteil der Vereinigten Staaten in absehbarer Zeit abgedeckt sein wird.

Die herausgezeichneten Zonen zeigen bereits in Betrieb befindliche Netze. Bei der Schnelligkeit der Entwicklung kommt allerdings auch das Sekretariat des GSM-MoU in Dublin nicht mit und führt manche Netze, die längst in Betrieb sind, noch als "geplant" bzw. hat noch nicht einmal die Codes in seinem Register. Das heißt, daß bei Erscheinen dieses Heftes noch mehr Netze ihren Betrieb aufgenommen haben als unsere Karten zeigen.

Das MoU-Sekretariat führt momentan acht Netzbetreiber in den USA als Unterzeichner: Aerial Communication, American Personal Communications, American Portable Telecom, BellSouth Personal Communications, Omnipoint Corporation, Pacific Bell Mobile Services, Powertel PCS Partners und Western Wireless Corporation. BellSouth konnte uns aber auf Anhieb gleich 16 Netzbetreiber in den verschiedenen Ebenen nennen, die sich in den USA für GSM entschieden haben.

Womit wir gleich bei einem Problem wären, daß wir aus Europa vorläufig nur in Rußland kennen: die Aufteilung des Staatsgebietes in verschiedene Lizenbezirke. In den USA kommt noch dazu, daß sich sogenannte A-, B- und C-Blöcke überlagern. A sind besonders große Gebiete. Diese sind in B-und die wieder in C-Gebiete unterteilt und für jede dieser Ebenen wurden die Frequenzen getrennt vergeben.

Jeder Betreiber entscheidet noch dazu für sich selbst, welches System er einsetzen will: GSM-1900, CDMA, D-AMPS usw. Es gibt keine Regeln, außer jene des freien Marktes und der entwickelt sich ja gerade erst. Nationale Roamingabkommen sollen den Kunden helfen, dennoch in den ganzen USA telephonieren zu können.

Kanada ist anders

In Kanada gibt es derzeit mit MicroCell nur einen Betreiber für ein digitales Mobilfunknetz und der ist in ganz Kanada tätig. Wie die Karte rechts unten zeigt, ist dieser GSM-Betreiber, der unter der Marke "Fido" auftritt, mit seinem 1900er-Netz sehr aktiv und hat bereits eine recht ordentliche Flächendeckung erreicht, die sicher bald noch bedeutend besser werden wird. Mit einem einheitlichen Netz als Partner wird es für europäische Anbieter auch einfacher zu einem Roamingabkommen für ganz Kanada zu kommen.

Mexiko wartet

Der dritte große Staat auf dem amerikanischen Nordkontinent ist Mexiko. Dort wartet man aber offensichtlich ab, welches System sich in den USA durchsetzt. Das ist durchaus verständlich, denn wohin sollten Mexikaner ihre meisten Auslandsreisen unternehmen, wenn nicht in die USA. Die übrigen lateinamerikanischen Staaten dürften wenig von GSM halten, denn wenn dort überhaupt Entscheidungen getroffen wurden, dann waren es immer andere Systeme (meist US-Patente wie CDMA).

Dual-Band

Worauf wir warten müssen, sind sogenannte Dual-Band-Handys, also solche, die nicht nur im 900er, sonder auch im 1900er-Band arbeiten können. Ideal wäre natürlich, wenn sie so nebenbei auch noch GSM-1800 (DCS) beherrschen, denn dann wären wir wirklich fein heraus.

Leider haben uns die meisten Hersteller schon mitgeteilt, daß zur CeBIT derartige Geräte noch kaum zu erwarten sind, weil die technischen Probleme noch nicht voll gelöst sind - wir hoffen aber dennoch.

Schneller kommen möglicherweise sogar Dual-Mode-Handys, die gerade in den USA mit ihren unterschiedlichen Mobiltelephonsystemen dringend gebraucht werden. Satellitenbetreiber warten bereits auf die Mehrsystemhandys und schließlich wäre auch für die Verbreitung von DECT (Digital Enhanced Cordless Telephone) ein Dual-Mode-Gerät eine schöne Sache. Warten wir also auf die CeBIT '98.

Franz A. Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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