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Artikel aus Mobile Times 13

Krieg der Zwerge
Möge Gates mit Dir sein!

Zuerst hat Billy drei Viertel des PC-Marktes mit seiner Software beglückt, dann eroberte er das Internet. Nun ist es hoch an der Zeit, daß auch mobile Computer seinem Bann verfallen.


Es ist seit Beginn der Computerindustrie ein konstanter Trend, daß Computer bei gleicher Rechenleistung immer kleiner werden, beziehungsweise bei gleichem Format immer schneller und leistungsfähiger werden. Am Anfang war ENIAC, ein 30 Tonnen schweres Monster mit 140 m² Stellfläche, das stolze 5000 Additionen in der Sekunde durchführen konnte - eine Rechenleistung, die heute in scheckkartengroßen Solarrechnern zu Werbezwecken verteilt wird. Zum Vergleich führen heutige PC bis zu 200.000.000 Operationen pro Sekunde aus, und sind dabei wesentlich kleiner.

Im Rahmen dieser Entwicklung begann der Computer mobil zu werden. Waren die ursprünglichen "Portables" noch PC mit einem Tragegriff und einem Bildschirm, der heute jeder Beschreibung spottet, so kamen bald "Laptops", die vom Gewicht her wirklich transportabel waren. Nach "Notebooks" und "Subnotebooks", die man nun auch von der Größe her im Aktenkoffer transportieren konnte, sind wir nun beim "Palmtop" und dem "Organizer" angekommen, in denen diese Rechenleistung in so kleinen Instrumenten zur Verfügung steht, daß diese buchstäblich in der Jackentasche Platz finden.

Krieg der Zwerge

Sobald die Technik zur Verfügung stand, Westentaschencomputer zu bauen geschah dies auch. Und da keine Firma einen Technikvorsprung von mehreren Jahren hatte, war alsbaldigst auch die Konkurrenz auf dem Markt. Und der Markt um diese Miniatur-Riesen ist der Natur eines Marktes entsprechend hart umkämpft - was die Firmen ärgert und den auswählenden Konsumenten freut. So ist unter den Namen "Palmtop", "Organizer" oder "Personal Digital Assistant" heute schon eine enorme Vielfalt an Geräten auf dem Markt, die allesamt ihren Zweck (Rechenleistung und Datenspeicher unterwegs) gut erfüllen. Doch so unterschiedlich die Firmen sind, so unterschiedlich sind auch die Lösungen, die angeboten werden.

Einer der ersten Organizer bei uns, der diesen Namen verdiente, war der Psion 3a, der heute in Österreich eines der am meisten verbreiteten Geräte seiner Art ist. Mit Notizbuch, Adressverwaltung, Datenbank und Terminkalender mit Alarm enthielt er schon alles, was ein Organizer zum Arbeiten benötigt. Und mit einer Vielzahl von Programmen auf Einsteckkarten ist mit dem Psion auch fast jeder Wunsch erfüllbar, den ein mobiler Anwender haben könnte.

Bis auf einen: mobile Telekommunikation ohne Kabel. Diesen Wunsch erfüllt der OmniGo 700 von Hewlett Packard, der als einziger Organizer ein Docking Modul für ein Handy besitzt, allerdings paßt nur das Nokia 2110 hinein, da dieses Gerät von HP zusammen mit Nokia entwickelt wurde. Mittlerweile hat es sich etwas überlebt, da Nokia mit dem 8110 ein neues GSM-Handy auf den Markt brachte, und mit dem 9000 auch den Markt für Kombinationen abdeckte.

Aber HP hat auch noch andere Asse im Ärmel, so zum Beispiel den OmniGo 100, der mit Pocket Quicken auch die Finanzseite abdeckt und außerdem einen Zeichenstift anbietet. Ein Konzept mit dem HP nicht alleine dastand, da auch der Sharp Zaurus ZR-6000 solch einen Stift anbietet. Beide Geräte aber hatten keine Handschriftenerkennung. Der Stift diente nur zum Zeichnen und als Mausersatz.

Apple dagegen hatte mit dem Newton MessagePad 130 ein Gerät, das Handschriften erkennen kann. Das Vertrauen von Apple ging sogar soweit die Tastatur überhaupt wegzulassen, und im Gegensatz zum ersten Newton ist die Schriftenerkennung mittlerweile soweit gediehen, daß die Korrekturen die Arbeitsgeschwindigkeit nicht allzusehr beeinträchtigten. Was uns am Newton auch gut gefiel, war das problemlose Versenden von Faxen.

Und schließlich sollte bei den Organizern in den Jahren vG (vor Gates) auch noch der Sharp ZQ-4650 erwähnt werden, der der erste Organizer mit Hintergrundbeleuchtung war. Ein Feature, das zwar die Lebenszeit der Batterien verkürzt, jedoch bei schlechten Lichtverhältnissen die Lesbarkeit entscheidend verbessert.

Der Markt war also in wilder Bewegung, was natürlich auch in den heiligen Hallen von Microsoft nicht unbemerkt blieb. Uns so passierte es:

Das Imperium schlägt zurück

Am Anfang war ein BASIC-Compiler, der zusammen mit dem Anwendungsprogramm in 8 kB Speicher Platz finden mußte. Dann kam MS-DOS, ein Betriebssystem, daß seinem Konkurrenten CP/M durchaus unterlegen war. Dennoch begann damit eine der größten Erfolgsgeschichten der letzten Zeit. Lange nachdem die Amiga Workbench und Apple schon eine graphische Benutzerfläche hatten, erschien Windows. Es war umständlicher, benötigte mehr Speicher und Rechenleistung, und setzte sich dennoch durch, denn mittlerweile hatte Microsoft schon genug Schwung und Marktanteil, um einfach weiterzurollen. Es folgten Windows NT und Windows 95, die nun endlich den Papierkorb, den es bei Amiga und Apple schon vor Jahrzehnten gab, einführte - und natürlich noch mehr Speicher und Rechenleistung benötigten.

Und nun folgt der nächste Schlag: Windows CE ist die erste Produktion des Hauses Microsoft, die weniger Speicherplatz und Rechenleistung benötigt, als ihre Vorgänger, was auch unbedingt notwendig ist, da Windows CE nicht für den immer leistungsstärkeren PC-Markt, sondern für die kleinsten Geräte, denen man noch den Titel Computer geben kann - die Organizer - geschrieben ist. Daher ist dieses Betriebssystem auch in nur 4 MB ROM unterzubringen.

Die Oberfläche von Windows CE ist für alle, die schon mit Windows 95 vertraut sind, nichts Neues, nur ist alles viel kleiner. Zum Lieferumfang von Windows CE gehören sechs Programme, die allesamt abgespeckte Versionen der entsprechenden Programme von Windows 95 sind, und auch in MS Visual C++ entwickelt wurden:

Der Information Manager mit Kalender, Adreßbuch und Aufgabenplaner - sozusagen das Herzstück eines "Organizers" ist der kleine Bruder von MS Schedule+ 7.0a. MS Pocket Word dient, wie unschwer zu erraten ist, dem Verfassen von Texten, Notizen und Memos.

Mit MS Pocket Excel gibt es auch eine Tabellenkalkulation und der MS Pocket Internet Explorer ermöglicht den Zugriff auf das World Wide Web oder - falls vorhanden - das unternehmenseigene Intranet.

Inbox schließlich ist ein E-Mail-Client, der SMTP und POP3 unterstützt und mit dem von Win95 bekannten MS Exchange kompatibel ist (sollte man eigentlich bei Programmen aus der selben Firma erwarten können, ist aber bekanntlich nicht immer der Fall).

Für PC-Besitzer wird außerdem der "HPC Explorer" mitgeliefert, der bei Herstellung einer Datenverbindung automatisch den Abgleich zwischen dem Information Manager und Schedule+ durchführt, so daß die Daten sowohl zu Hause, als auch unterwegs immer auf dem neuesten Stand sind. Und nachdem CE keine echte Datenbank hat, braucht man diese auch nicht abzugleichen.

Die wirkliche Neuerung - außer daß Microsoft es erstmals geschafft hat ein kleineres Produkt herauszubringen - ist der Stift, der die Maus ersetzt. Doch auch das ist nicht wirklich neu, da solche Stifte in Kombination mit berührungsempfindlichen Bildschirmen uns doch schon lange bekannt sind. Apple - der prominenteste Anwender von stiftbetriebenen Organizern - aber steht soweit außerhalb der heilen Welt von Microsoft, daß es denen wahrscheinlich überhaupt nicht aufgefallen ist.

Bis jetzt sind schon die Firmen Casio, Compaq, Hewlett Packard, Hitachi, LG Electronics, NEC und Philips vom Juggernaut überrannt worden, und haben sich bereit erklärt, Geräte für Windows CE zu fertigen. Das interessante ist, daß im Gegensatz zu bisherigen Windows-Geräten, die ja alle auf dem Chipset von Intel fußten, nun ganz unterschiedliche Hardwarebausteine zum Einsatz kommen, was - sollte es wirklich problemlos funktionieren - ein dickes Plus im Bereich Portabilität bedeuten würde.

Rückkehr der Jedi-Ritter

Doch wenn Microsoft glaubt, daß die anderen das Schlachtfeld kampflos räumen würden, so hat sich Billy getäuscht. Denn viele Firmen, auch solche die Windows CE Geräte fertigen, haben neue Geräte an die Front geworfen. So hat Psion schon vor dem Jahreswechsel seine Palette um den Psion 3c, das Nachfolgemodell des 3a erweitert, und als kleinen Bruder des großen Kraftpaketes den Psion Siena entworfen, der bei geringerem Gewicht (und Preis) die volle Organizer-Funktionalität bietet.

Einen Justament-Standpunkt scheint HP zu besitzen, denn während einerseits der Palmtop PC ein Windows CE Gerät ist, so läuft der OmniGo 700LX unter MS-DOS 5.0. Doch auch vom OmniGo 100 findet sich im OmniGo 100+ ein Nachfolger, da das Nokia 2110 noch immer einen großen Kundenkreis besitzt, der natürlich auch einen Organizer benötigt. MS-DOS verwendet auch der 200LX, dessen PC Card-Slot - der bei Organizern fast schon selbstverständlich ist - nicht nur den PCMCIA-Standard unterstützt (der in Europa und den USA stark verbreitet ist), sondern auch den japanischen JEIDA-Standard.

Doch auch andere Anbieter bringen Produkte heraus, so zum Beispiel US Robotics, die bisher vor allem durch hochwertige Modems aufgefallen sind, haben mit dem Pilot 5000 einen Organizer herausgebracht.

Dieser läuft zwar unter dem firmeneigenen Betriebssystem Palm OS, kann aber - wie praktisch alle neuen Geräte - mit entsprechenden Programmen unter Windows synchronisiert werden. US Robotics verwendet im Unterschied zu Windows CE den Stift nicht nur als Mausersatz, sondern hat auch eine eigene Schrifterkennungs-Software "Graffiti" entworfen, so daß der Apple Newton nicht mehr der einzige beschreibbare Organizer ist.

Für Besitzer von GSM-Handys interessant ist der ZR-5800 von Sharp, der - wenn an ein Handy angeschlossen - nicht nur Faxen kann, sondern auch SMS Nachrichten verschicken. Die Software zum Abgleichen mit dem PC kann nicht nur Notizen und Skizzen als ASCII-Text (*.txt), Rich Text Format (*.rtf) beziehungsweise Bitmap-Graphik (*.bmp) transferieren, sondern beherrscht daneben auch noch die Formate von MS Schedule+ 1.x, Lotus Organizer 1.x/2.x, Symantec Act! 2.X, Access 1.x/2, dBASE III/IV, Foxpro und Paradox.

Auf den Lotus Organizer als PC-Basis für den Organizer setzt auch Texas Instruments, doch hier in dem Maße, daß der Organizer sogar im Bundle mit Lotus angeboten wird. Wie bei den anderen Organizern ist als PC-System auch hier Win 3.1 oder Windows for Workgroups 3.11 vorgesehen.

Ist der Stärkste am mächtigsten allein?

Wenn man sich also die Neuerungen betrachtet, so sind zwar alle Anbindungen zum PC an ein Betriebssystem von Microsoft gebunden (mit Ausnahme von Apple natürlich), beziehungsweise laufen sogar selber unter einem OS von Microsoft (wie zum Beispiel Hewlett Packard). Aber niemand denkt ernsthaft an eine Anbindung zu Win95. Hier punkten nur Organizer die unter Win CE laufen. Während aber bei den PCs noch eine gewisse Kompatibilität zwischen Win 3.1 und Win95 gegeben ist, muß man bei den Organizern schon zweimal Daten transferieren beziehungsweise konvertieren. Die Trennung in zwei Gruppen von Benutzern wird sich also noch deutlicher auftun als bei stationären Geräten, zumal noch auf sehr vielen Systemen Windows 3.1 oder Windows for Workgroups 3.11 im Einsatz ist.

Für den Kauf eines neuen Organizers stellt also in Zukunft nicht nur die Leistung des Gerätes einen Kaufentscheid dar, sondern auch noch das Betriebssystem des Desktops. Und es erscheint zwar unwahrscheinlich, daß sich Windows CE gegen die Vielzahl von anderen Organizern durchsetzen kann, doch hat Bill Gates schon ganz andere Hürden genommen; seien wir also gespannt.

Michael Köttl


Kürzel:

PCMCIA = Personal Computer Memory Card International Association

JEIDA = Japanese Electronic Industry Development Association

Die streitbaren Zwerge
GerätPsion
Serie 3a
Hewlett Packard
OmniGo 100
Hewlett Packard
OmniGo 700
Sharp
ZQ-4650M
Sharp
ZQ-6700M
Apple
MessagePad 130
HBT / mm22×165×85k.A.k.A.17×138×8018,4×160×8930,5×3,2×101,6
Energie2×AA Mignon
1×Li CR1620
k.A.k.A.2×AA Mignon1×AA Mignon4×AA Mignon
1× Li Batterie
RAM512 kB - 2 MB1 MB2 MB256 kB256 kB2 MB
ROM1 MB3 MBk.A.k.A.k.A.8 MB
Display480×160k.A.640×200k.A.
beleuchtet
k.A.
beleuchtet
320×240
beleuchtet
EingabeTastaturTastatur, StiftTastaturk.A.k.A.Stift
InterfaceRPM-Card
seriell
k.A.PC-Card II
seriell
IrDA
k.A.k.A.PC-Card II
seriell
ModemneinneinNokia 2110neinneinnein
OSPsionGEOS GeoWorksMS-DOS 5.0k.A.k.A.Newton OS 2.0

 

Die Sturmtruppen des Imperiums
GerätCasio
Cassipoeia A-10
Casio
Cassiopeia A-11
NEC
Mobile Pro 400
Philips
Velo 1
Compaq
PC Companion C140
Hewlett Packard
PalmtopPC
HBT / mm26,5×175×9226,5×175×9225×175×9425×173×9425×173×9128×183×93
Energie2×AA Mignon
1×Li CR2032
2×AA Mignon
1×Li CR2032
k.A.k.A.k.A.k.A.
RAM2 MB4 MB4 MB4 MB2-4 MB2 MB
ROM4 MB4 MB8 MB8 MBk.A.5 MB
Display480×240480×240480/640×240480/640×240
beleuchtet
k.A.640×240
EingabeTastatur, StylusTastatur, StylusTastatur, StylusTastatur, StylusTastatur, StylusTastatur, Stylus
InterfacePC Card II
seriell
IrDA
PC Card II
seriell
IrDA
PC Card II
seriell
IrDA
2 Mini Card
seriell
IrDA
PC Card II
seriell
IrDA
PC Card II
seriell
IrDA
OSWin CEWin CEWin CEWin CEWin CEWin CE

 

Die Ritter der Rebellen
GerätHP
OmniGo 100+
HP
OmniGo 200LX
HP
OmniGo 700LX
Casio
NX 6000
Psion
3c Series
US Robotics
Pilot 5000
Sharp
ZR-5800G
HBT / mm26×153×9525,4×160×86,457×183×87k.A.25×165×84k.A.25,4×170×100
Energie2×AA Mignon
1×Li CR2032
2×AA Mignon
1×Li CR2032
2×AA NiCd
1×Li CR2032
k.A.k.A.k.A.2×AA Mignon
1×Li CR2032
RAM1 MB1-2 MBk.A.256 kB2 MB512 kB-1 MB2 MB
ROM3 MB3 MBk.A.k.A.k.A.k.A.k.A.
Display240×240640×200640×200Z:8×21
farbig
480×160k.A.320×240
beleuchtet
EingabeTastatur, StiftTastaturTastaturTastatur, StiftTastaturTastatur, StiftTastatur, Stift
InterfacePC Card II
seriell
IrDA
PC Card II
seriell
IrDA
PC Card II
IrDA
seriellseriell
IrDA
seriellPC Card II
IrDA
OSGEOS GeoWorksMS-DOS 5.0MS-DOS 5.0k.A.PsionPalm OSSharp Synergy

 

Die Fußtruppen
GerätCasio
SF 5780
Texas Instr.
PS-6960 Si
Texas Instr.
PS-6865 Si
Canon
DM-320
Casio
DM-6000
Intertronic
DB-660
Energiek.A.2 Li-Batterien2 Li-Batterienk.A.k.A.k.A.
RAM256 kB256 kB128 kB2 kB66 kB66 kB
ROMk.A.k.A.k.A.k.A.k.A.k.A.
DisplayZ:8×26
beleuchtet
Z:6×24Z:6×24Z:2×12Z:8×32k.A.
EingabeTastaturTastaturTastaturTastaturTastaturk.A.
Interfaceseriellk.A.k.A.k.A.k.A.seriell
IrDA
OSk.A.k.A.k.A.k.A.k.A.k.A.

 




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