MOBILE TIMES Archiv Startseite : Archiv : Heft 13 : Artikel

Artikel aus Mobile Times 13

Liberalisierung im Schneckentempo

Nun ist es schon 10 Jahre her, daß die Telekommunikationsliberalisierung in der EU eingeleitet wurde. Nächstes Jahr werden die letzten Monopole fallen: auch für die Festnetze für Sprachübertragung entfällt der geschützte Bereich.

Der Grund für diese Liberalisierung ist heute aktueller denn je: ein Modernisierungsschub für Industrie und Gewerbe kann nur gelingen, wenn die Infrastruktur stimmt. Und Infrastruktur bedeutet heute Telekommunikationsstrukturen, die das Gerüst der zu bauenden Informationsgesellschaft darstellen. Die Umwandlung der Wirtschaft soll wieder Arbeit bringen.

Im Weißbuch Delors werden europaweit 15 Millionen neuer Arbeitsplätze erwartet. Warum diese neuen Arbeitsplätze noch nicht so realisiert sind, wie erhofft, liegt nicht nur an zögerlichen Deregulierungen wie in Österreich - wo man anscheinend prinzipiell auf den letztmöglichen Moment wartet, um endlich aktiv zu werden - sondern auch an der EU selbst: nur 1% des EU-Budgets wird in transnationale Netze gesteckt, während die Landwirtschaft 50% des Budgets kassiert.

Bei einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung der 4. exponet im Austria Center Vienna wurde nicht nur auf die europaweiten Probleme hingewiesen, das hochkarätig besetzte Podium schenkte vor allem den österreichischen Herausforderungen bei der Telekommunikationsliberalisierung besonderes Augenmerk. Hat der Postgeneral Sindelka naturgemäß seine Probleme mit einer Deregulierung, so sehen ehemalige "Postlieferanten" wie die Chefs von Siemens, Kapsch oder Alcatel vor allem Chancen im Wettbewerb und haben sich auf neue Marktsituationen schon besser eingestellt.

Österreichisches Spezifikum ist sicher die Lösung, der Post ein Schuldenpaket, das budgetpolitisch bedingt ist, in die marktwirtschaftliche Freiheit mitzugeben. Die Bahn ist von solchen Lasten befreit und tritt nun als Mitbewerber beim Festnetz auf. Wer redet da noch von einem fairen Wettbewerb?

Dieses Beispiel zeigt, daß auch bei einer Liberalisierung Spielregeln eingehalten werden müssen, daß es einen Schiedsrichter geben muß. Die Diskutanten - darunter die beiden Player am freien Markt, nämlich max.mobil. und Mobilkom - wünschen einen Regulator, der unabhängig agieren kann ähnlich dem Rechnungshof.

Denn eine Weisungsgebundenheit an ein Ministerium würde Ausgewogenheit überhaupt nicht gewährleisten: Budgetpolitik und ähnliches würde verzerrend eingreifen.

Im neuen Telekommunikationsgesetz das 1998 in Kraft treten muß, ist derartiges noch nicht vorgesehen. Auch hier läßt man sich wieder einmal Zeit, um dann wahrscheinlich eine Husch-pfusch-Lösung im letzten Augenblick "zusammenzunudeln". Wir haben derartiges in letzter Zeit ja zur Genüge erlebt.

Die Zeit drängt, da eine geordnete Telekommunikationsliberalisierung das Rückgrat einer neuen Wirtschaftsentwicklung darstellt. Und moderne, innovative Wirtschaftszweige brauchen wir, wie die Arbeitsplatzfrage zeigt. Der Handlungsbedarf für die Politiker liegt auf vielen Ebenen, die nicht unbedingt direkt mit Arbeitsplätzen zu tun haben, sondern indirekt Arbeitsplätze nach sich ziehen. Das positive Beispiel zur Erläuterung erwähnte Mobilkom-General Sundt, der innerhalb des letzten Jahres seinen Mitarbeiterstand von 350 auf 850 erhöhen konnte. Daß die Telekommunikation einer der Zukunftsbereiche ist, ist unbestritten - man muß ihr nur die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit sie sich auch entfalten kann.

Christine Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
Text © 1997 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!