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Artikel aus Mobile Times 14

Handyfrühling

Im Frühling sprießt nicht nur neues Grün. Auch die Firmen kommen mit ihren neuen Geräten auf den Markt. Die neuen Handys dieses Frühlings können natürlich alle mehr, sind leichter und arbeiten länger. Doch außer dieser allgemeinen Weiterentwicklung der Technik gibt es auch einige Highlights, die deutlich herausstechen.


Eines der Highlights, die herausstechen, ist die Memo-Taste, die bei immer mehr Geräten auftaucht. Damit kann man ein kurzes Stück eines Gespräches oder in kleines Diktat digital aufzeichnen. Das kann als Erinnerung dienen, oder um eine Telephonnummer, die einem angesagt wird, festzuhalten. Die meisten dieser Speicherchips haben aus legistischen Gründen eine Kapazität von 20 Sekunden.

Eine weitere Neuerung ist die Hilfe-Taste. Bei jedem Computer-Programm gibt es sie: die Online-Hilfe, die es ermöglicht während der Arbeit Hinweise und Assistenz zu bekommen. Nun hat ein Handy ja ein Display, auf dem man Texte wiedergeben kann. Was liegt also näher, als auch auf dem Handy eine Hilfe-Funktion zu schaffen. Zumal da die Komplexität dieser Geräte immer mehr zunimmt, und die Zahl der Funktionen unerbittlich ansteigt. Dies ganz besonders wo immer mehr Hersteller auf GSM Phase II übergehen, was noch mehr Funktionen ermöglicht (Und natürlich voll abwärts kompatibel ist. Mit einem GSM Phase 2 System kann man auch in Phase 1 Netzen plaudern.).

Bunter als tausend Blumen

Das Gerät, das diese Online-Hilfe erstmals realisiert, ist das Siemens S10, das zu Weihnachten 1997 auf den Markt kommen soll. Doch diese Unterstützung ist nicht die einzige Neuerung. Die wirkliche Sensation ist die Farbe. Denn bei Notebooks sind Farb-LCDs schon längst Standard, warum als nicht auch bei einem Handy? Durch die Möglichkeiten, die ein 5000 Pixel großes Farbdisplay bietet, kann viel mehr Information leicht erfaßbar aufbereitet werden. So ist eine farblich codierte Benutzerführung im Menü möglich oder eine Anpassung der Zeichengröße. Durch diese - bei Segmentanzeigen unmögliche - Flexibilität erscheinen die Ziffern immer in der maximal möglichen Größe, wodurch permanent die optimale Lesbarkeit gesichert ist. Als kleiner Gag gibt es statt einfacher Kennungen die farbigen Logos der Netzbetreiber, bei denen man gerade roamt. Natürlich wird man bei neuen Netzen - und es kommen ja fast täglich welche hinzu - weiter nur die Kennziffern sehen.

Nun gibt es sicher solche, die befürchten, daß dieses farbige Display die Betriebszeiten arg reduzieren würde. Schließlich benötigt ein Farb-LCD mehr Strom als ein schwarz-weißes. Allerdings hält die Technik der Akkus damit Schritt, und mit dem LiIon Standard-Akku schafft man 100 Stunden Stand-By (das entspricht vier Tagen und vier Stunden ununterbrochenen Betrieb, oder wenn man in der Nacht abschaltet 6 ¼ Arbeitstagen) und 10 Stunden Gesprächszeit.

Die Kabel schlagen aus

Bisher mußte man zum Anbinden eines Notebooks an das Internet via GSM eine PCMCIA-Karte zusätzlich erwerben Doch nach dem Willen von Ericsson soll dies nun anders werden: mit dem GS18 Data Phone. Das GS18 ist ein GSM-Handy, das ein Daten/Fax-Modem eingebaut hat, und einfach mit einem seriellen Kabel an den Computer angeschlossen wird. Die mitgelieferte Software erlaubt es, das Telephonbuch ebenso vom Computer aus zu verwalten, wie SMS oder Faxe.

Eine Alternative dazu wäre das Ericsson GH688, das zwar eine Karte, nämlich das "Ericsson Mobile Office" DC23 benötigt, um an den Computer angeschlossen zu werden. Damit kann man dann aber auch die Datenrate von den bei GSM üblichen 9600 bit/s auf 38.000 bit/s steigern, was natürlich der Telephonrechnung zu Gute kommt. Denn je schneller Faxe, SMS und E-Mail über den Äther gehen, desto weniger wird die Rechnung belastet.

Klein, Kleiner, am Kleinsten

Den Rekord für das kleinste GSM-Handy hatte das Star-Tac von Motorola sich redlich verdient, denn die Idee ein Handy einfach in der Mitte zu knicken war einfach genial und gleichzeitig einfach.

Doch es gibt Mitbewerber, wie zum Beispiel das Ericsson GF 788, das nur noch 10 cm hoch ist, und mit der bei Ericsson beinahe auch schon zum Corporate Design gehörenden Klappe den natürlichen Ohr-Mund-Abstand wieder herstellt.

Eine weitere Variante stellt das Sony CMD-Z1 dar. Bei diesem Winzling, der es schafft unter die 10 cm zu kommen (um 1 mm, um genau zu sein) hat man das Problem durch ein klappbares Mikrophon gelöst. Im eingeklappten Zustand liegt es bündig unter der Antenne, um sich beim Ausklappen vor dem Mund zu positionieren. Dieser Mechanismus funktioniert gleichzeitig als Tastensperre, so daß man sich keine aufregenden Tastenkombinationen mehr merken muß, um das Handy zu entriegeln, sondern man klappt einfach das Mikro herunter.

Ein netter Gag am CMD Z-1 ist ein kleines Rädchen. Wenn man daran dreht, erscheint am Display das Telephonbuch. Hat man die gewünschte Nummer gefunden, so drückt man auf das Rad und die Nummer wird automatisch gewählt. Auch eine Memo-Funktion ist vorhanden, mit der man 20 Sekunden Ton mitschneiden kann. Einziger Wermuthstropfen: Aufgrund von Schwierigkeiten mit der Kontrollsoftware ist der genaue Liefertermin - so wie schon 1996 - noch ungewiß. Vielleicht, wenn die Bugs gefunden werden schon morgen, vielleicht aber auch erst nächstes Jahr.

Ein anderes Gerät von Sony ist aber weiter lieferbar: das CM-DX 1000. Auch hier verwendet man eine mechanische Tastenverriegelung, hier durch einen Pop-Up Lautsprecher: Hochschieben und telephonieren, runterschieben und verriegeln ist das Motto, das Sony verkündet. Auch hier ist schon im Standard-Akku Lithium-Ionen-Technologie im Einsatz, wodurch längere Arbeitszeiten bei geringerem Gewicht, und das ohne Memory Effekt, möglich werden.

Doch auch Motorola bleibt nicht untätig auf seinen Lorbeeren sitzen. So wurde auf Basis der Komponenten des StarTac das "SlimLite" entwickelt. Die stromsparende 3-V-Microchips und die kleinen LiIon-Akkus ermöglichen es, daß das SlimLite nur 120 Gramm schwer ist, und somit weniger auf die Waage bringt als seine Konkurrenten. Ebenfalls vom StarTac übernommen wurde der Tandemakku. Das heißt man hat zwei Akkus im Handy, so daß man während einer Übertragung den Akku austauschen kann, ohne daß Gespräch oder die Datenübertragung unterbrochen würde.

Ebenfalls mit sparsamer 3-V Technik ist das neue MT-30 von Mitsubishi unterwegs, das wahlweise 3V oder 5V SIM-Karten akzeptieren kann. Auch dieses Gerät gehorcht natürlich schon GSM Phase 2 Befehlen und kann zudem doppelte Sprachkodierung verwenden, wodurch die Netzbetreiber auf den Kanälen mehr Information unterbringen können.

Mit 13,5 cm lichter Höhe ist das MT-30 zwar nicht ganz so klein wie andere Schrumpfhandys, aber dafür hat es auch mehr Features, wie 40 Letztnummernspeicher: die 10 zuletzt gewählten Nummern, 10 Nummern im Notizblock, die Nummern der 10 letzten Gespräche und schließlich die Nummern der letzten 10 nicht angenommenen Gespräche. Zudem kann man noch im Telephonbuch bis zu 256 Nummern ablegen. Die Nummern der angekommenen Gespräche gibt es natürlich nur, wenn das Netz CLI unterstützt.

Wo die Sonne nie untergeht

Doch es geht auch preiswerter: Das Motorola d160 benötigt überhaupt keinen speziellen Akku mehr, der nur in diesem Gerät und sonst nirgends verwendet werden kann. Vielmehr nimmt das d160 auch mit vier handelsüblichen Alkalibatterien vorlieb. Wem das nicht umweltfreundlich genug ist, der kann auch in jeder Elektrohandlung Akkus im Format normaler 1,5 V Batterien kaufen, die natürlich hier auch verwendbar sind. Dank sparsamer Chips kommt das d160 auf eine Standby-Zeit von bis zu 5 Tagen.

Noch sparsamer sind nur noch gar keine Akkus. Und genau das schafft das Nokia 1611. Denn zu diesem Handy gibt es ab April einen Solarakku, der sich auflädt wann immer die Sonne scheint. Wenn man das Gerät in der Hemdtasche aufbewahrt, so schafft es der Akku 80 Stunden im Dunklen auszuharren, ohne den Geist aufzugeben. Und selbst in der dunkelsten Kammer kann man noch drei Stunden lang besprechen, wann die Sonne wohl wieder scheint. Doch solange das Handy in der Sonne liegt, lädt es sich auf. Wenn sie aber in regnerischen Regionen dieser Welt wie England Urlaub oder Geschäfte machen wollen, so können sie den Akku mit dem Schnellader von Nokia in nur 37 Minuten wieder vollpumpen (Wenn sie den Reisestecker nicht vergessen haben). In sonnigeren Gegenden dieser Erde aber sollten Ladegerät und Reisestecker nicht mehr zum unbedingt benötigten Zubehör gehören.

Mehr Frequenzen braucht das Land

Indes wird auch das StarTac, das zuerst für ETACS entwickelt wurde und dann als GSM Version geliefert wurde, weiterentwickelt, und so ist es nun auch in einer DCS 1800 Version erhältlich.

Das ist freilich für Österreich noch Zukunftsmusik, da man sich ja noch nicht über einen dritten Betreiber geeinigt hat. Was allerdings aktuell ist, ist das Motorola MicroTac 8800, ein Dual-Band-Gerät. Damit kann man sowohl in GSM 900 Netzen als auch in DCS 1800 Netzen nach Herzenslust telephonieren. Und wenn der heimische Netzbetreiber ein Roaming-Abkommen mit einem ausländischen DCS 1800 Betreiber geschlossen hat (wie etwa Mobilkom kürzlich mit e-plus und Orange), so muß man sich nicht länger für den Urlaub ein zweites Handy kaufen, sondern kann mit einem Gerät alle Netze nützen.

Und so wie Ericsson zum GH 788 eine PC Card zur Übertragungsbeschleunigung anbietet, so gibt es auch für das MicroTac 8800 die Motorola CELLect-PC Card, mit der die Übertragungsrate durch Kompression auf 36000 bit/s gesteigert werden kann.

Internet ohne PC

Bei all diesen Geräten benötigt man aber noch immer einen PC oder ein Notebook und zumindest ein Kabel, meist aber ein Kabel und eine PCMCIA-Karte. Bislang gab es nur ein Gerät, das dies nicht brauchte: den Nokia 9000 Communicator, der die Funktionen eines GSM-Handys und eines Palmtops in sich vereinigt. Das Gerät ist zwar vielseitig, praktisch, aber leider auch teuer. Um den Umsatz zu erhöhen beteiligt sich Nokia nun als Sponsor an einem Film zur Fernsehserie (was derzeit ja en vogue ist, wie "Auf der Flucht" mit Harrison Ford oder "Mission Impossible" mit Tom Cruise beweisen). Der Film wird der Fernsehserie "The Saint" folgen, die in unseren Breiten als "Simon Templar" zu sehen war. Die Rolle des exzentrischen und humorsprühenden Detektivs soll Val Kilmer übernehmen, jedoch zweifeln wir, ob er an das Original Roger Moore herankommen kann. Auch wenn er mit dem Nokia 9000 eine Unterstützung hat, die das Original schmerzlich missen mußte.

Als Zwischenglied zwischen dem Nokia 9000 Communicator, und dem Handy des Jahres 1996, Nokia 8110 gibt es nun das Nokia 8110i. Dieses Handy folgt im Design der eleganten Kurve des 8110, die es ja gestattet den Ohr-Mund-Abstand individuell einzustellen. Im Inneren verbirgt sich aber ein neues System namens Smart Messaging, mit dem man nach Anmeldung über SMS unter anderem Wetterberichte und Börsenkurse empfangen kann. Zudem kann man damit als Anrufer Namen und Telephonnummern direkt in den Speicher des Handys übertragen.

Zusätzlich gibt es noch Nokia Netgate, mit dem man direkt ins Internet einsteigen kann. Surfen sollte man allerdings bei den derzeitigen Telephongebüren nicht allzulange, sonst könnte es ein böses Erwachen geben.

Viel Neues also - und dabei haben wir noch gar nicht über die Sprachsteuerung, wie sie etwa AEG-Matra und Philips vorgestellt haben, berichtet. Doch darüber mehr im nächsten Heft.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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