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Artikel aus Mobile Times 15

Hallo Handy!

Wenn man mit seinem Handy spricht, ohne daß jemand - oder etwas - am anderen Ende der Leitung ist, wird man in Zukunft kaum mehr scheel angesehen werden können: "Sag Mama zum Handy" - und das Handy wählt die Nummer der Mama. Es darf natürlich auch "Süße" oder ähnliches sein. Wesentlich ist bloß, daß in Zukunft das Handy aufs Wort gehorchen wird.


Zwei Vorreiter einer neuen Welle feierten heuer auf der CeBIT ihre Premiere: das Matra bzw. AEG 9080 und das Spark mit neuen inneren Werten.

Während das AEG 9080 auch optisch sofort als neues Handy erkennbar ist - jemand bezeichnete es als das erste gotische Handy des ausgehenden Jahrhunderts - sieht das Spark genau so aus wie bisher. Nur am Display ist mit einem "Sprechkopf" ein neues Icon dazu gekommen.

Beiden Handys ist gemeinsam, daß sie auf gesprochene Kommandos reagieren. Das heißt, man muß sein Handy für die wichtigsten Nummern, die man immer wieder anruft, trainieren und kann ab dann den gewünschten Anschluß durch einfachen Zuruf zum Handy erreichen.

Das AEG 9080 merkt sich bis zu 26 solcher Nummern, was wahrscheinlich besonders unterwegs im Auto eine sehr angenehme Sache ist. Auch für nicht all zu laute Autos ist die integrierte Freisprecheinrichtung geeignet, die durch einen leistungsfähigen Lautsprecher und eine empfindliches Mikrophon realisiert wurde. Man braucht aber keine Angst zu haben, daß das Trommelfell platzt, wenn man das 9080 an das Ohr hält, denn das 9080 ist so schlau, daß es auch den Abstand zum Ohr erkennt und sofort die Lautstärke entsprechend dem Abstand reduziert.

Das andere akustisch steuerbare Handy, das Philips Spark, merkt sich zehn Nummern. In Les Mans, wo die Philips-Handys herkommen, meinte man, daß in absehbarer Zeit wohl mehr und mehr Handys das bei Philips Voice Dial" genannte Spracherkennungsystem eingebaut haben werden.

Kommunikative Handys

Bei einigen Herstellern scheint bereits aufgefallen zu sein, daß die Kombination Handy-Kabel-PCMCIA-Karte-Notebook oder Organizer zwar ganz gut funktioniert, aber durch ihr eher mühsames Handling die Benutzer nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hinreißen und daher auch nicht besonders gut verkauft werden.

Eine Alternative dazu sind Handys, bei denen die "Karte" bereits eingebaut ist. Vorreiter war auch hier ein französisches Unternehmen: Sagem. Klar, daß sich die Franzosen, denen inzwischen auch Dr. Neuhaus gehört, nicht auf ihren Lorbeeren ausruhten und für heuer zwei neue Modelle (RC 630 und RT 635) ankündigten, die ebenfalls mit dem Notebook direkt Kontakt aufnehmen können.

Inzwischen ist auch Ascoms Axento, das ebenfalls über dieses intelligente Feature verfügt, lieferbar. Die Redaktion von MOBILE TIMES hat derzeit eines im Test und wird demnächst über die praktischen Erfahrungen berichten.

Das andere Extrem stellen Datenkarten dar, die das Notebook als Handy benutzen: man hat nur mehr eine Karte mit Antenne, die man in den PCMCIA-Slots des Datengerätes einschiebt, die Lautsprecher- und Mikrophonfunktion übernimmt - wenn überhaupt notwendig, denn diese Karten sind natürlich primär für die Datenübertragung gedacht - das Notebook. Oder man verwendet das ansteckbare Mikrophon und die ansteckbaren Kopfhörer - aber dann wären wir ja wieder auf Feld 1 des Spieles. Gezeigt haben derartige Karten die Skandinavier Ericsson und Nokia.

Einen völlig anderen Weg geht Alcatel mit dem One Touch COM, das in Kooperation mit Sharp entstanden ist: das von Alcatel auch als "Smartphone" bezeichnete Gerät, das demnächst auch bei uns erhätlich sein wird, hat einen großen Touch-Screen, besitzt die Funktionalität eines Organizers, gestattet ähnlich dem Nokia 8110i den direkten Internet-Zugang und wird auch ein Docking-System zur Kommunikation mit einem PC bekommen. Wo das nicht möglich ist, soll die eingebaute Infrarotschnittstelle zum Einsatz kommen.

Energiesparer

Den ersten Solarakku von Nokia haben wir ja bereits präsentiert, jetzt kündigt auch Motorola diese Standby-Zeit-erhöhenden Akkus an.

Wirklich praktisch dürften aber die diversen "Volks-Handys" sein, die statt des herkömmlichen Akkus auch mit handelsüblichen Batterien betrieben werden können. Von Alcatel (One Touch Easy) und Motorola (d 160) sind solche Handys bereits lieferbar. Für den Alltagsbetrieb wird man wohl den Akku verwenden, wenn man aber weitab von jeder Steckdose unterwegs ist, fällt es meist leichter, einige Monozellen einzustecken als mehrere geladene Akkus. Außerdem ist ja die Energiedichte von käuflichen Batterien noch immer unübertroffen.

Gedächtnis

Bisher hatte sie nur Panasonic: die Memo-Taste mit der man zwanzig Sekunden Gespräch aufzeichnen kann. Jetzt kommt auch die Konkurrenz damit: das neue Siemens S10, das allerdings erst im Herbst kommt, wird auch eine Memo-Taste haben. Daß im deutschen Sprachraum nur zwanzig Sekunden aufgezeichnet werden können, liegt nicht an der Technik, sondern am (deutschen) Datenschutz, denn nach dem dortigen Gesetz dürfen nur zwanzig Sekunden aufgezeichnet werden, ohne daß der Aufgezeichnete nachweislich davon informiert wurde.

Internationalisierung

Während das GSM-MoU bereits über Dreibandhandys debattiert, sind die ersten Dual-Band-Geräte bereits auf dem Markt. Hier hatte Motorola mit dem MicroTAC 8800 die Nase vorn. Das im bekannten MicroTAC-Gehäuse untergebrachte Zweibandystem ist für die Frequenzen 900 und 1800 MHz einsetzbar.

Der dänische Hersteller Dancall, der derzeit in Österreich nicht vertreten ist, brachte unter der Bezeichnung World Phone ein Dual-Band-Handy für Europa und die USA (GSM 900 und GSM 1900) heraus. Da Dancall von Bosch übernommen worden ist, steht zu erwarten, daß diese Handys bald auch in Österreich erhätlich sein werden.

Auch der aus den USA stammende Hersteller Audiovox hat Zweibandhandys für Europa und die USA im Programm, die möglicherweise bald in den heimischen Photohandelsketten, die ja teilweise jetzt schon Audiovox-Produkte, wenn auch aus anderen Bereichen, führen, auftauchen werden. Optisch sehen sie irgendwie den Dancall-Geräten ähnlich, während die "normalen" Geräte eher eine Ähnlichkeit mit dem Hagenuk-Handy haben.

Heim-Handy

Nicht nur auf der Straße, sondern auch daheim gewöhnt man sich mehr und mehr an die schnurlose Freiheit des Telephons. Wiewohl der DECT-Standard für die schnurlose Telephonie jetzt schon einige Jahre alt ist, kommt erst jetzt langsam Bewegung in den Markt. Begründet wird dies auch dadurch, daß man bis vor kurzem gar nicht so sicher war, ob DECT nur ein interner Standard für Firmen und Haushalte sein sollte, sondern auch in Ballungsräumen als Mobiltelephonsystem zum Einsatz kommen sollte.

Derzeit neigt die Mehrheit der Fachleute wieder dahin, daß DECT das sein soll, wofür es eigentlich gedacht war: ein digitaler Schnurlos-Standard. Der Einsatz als Mobiltelephonsystem in Städten ist nach derzeitigen Berechnungen einfach zu teuer und läßt sich durch 1800er GSM billiger realisieren.

Nach den Vorstössen von Ericsson mit dem Freeset, von und Siemens mit dem Gigaset und dem Überraschungserfolg von Philips mit dem Xalio, steigt jetzt auch Alcatel mit einer neuen Generation von DECT-Systemen in die Arena: Bis zu 256 Sendestationen und 800 Handys kann das neue Alacatel DECT-System versorgen. Die Handys wiegen 160 Gramm. Sie haben 55 Stunden Standby-Zeit und speichern genügend Energie für zehn Stunden Sprechzeit - genug für einen normalen Arbeitstag.

Selbstverständlich sind die anderen Anbieter nicht müßig und sind ebenfalls dabei, ihr Angebot zu erweitern. Vor allem die Frage der Dual-Mode-.Geräte beschäftigt seit einiger Zeit die Branche.

Dual Mode

Eines der ersten Dual Mode Geräte ist das TH 337 von Ericsson, das wie ein typisches GSM-Handys des schwedischen Herstellers aussieht, aber optisch doch an den beiden nebeneinander liegenden Antennen erkennbar ist.

Bei Nokia ist man wieder der Meinung, daß die Notwendigkeit von GSM/DECT-Geräten nicht so groß ist, daß sich eine Entwicklung lohnt, denn bei Nokia meint man, daß ein (flächenmäßig) großes Unternehmen durchaus auf dem Firmengelände ein GSM 1800 installieren könnte und die Ortsunabhängigkeit der Mitarbeiter durch Dual-Band-Geräte garantieren sollte.

Man sieht, daß auch die großen Unternehmen und deren Experten nicht sicher sind, wohin die Reise mit dem Mobiltelephon eigentlich geht - außer, daß es immer weiter in die Zukunft geht.

Trends

Eine Zusammenfassung der letzten Entwicklungen zeigt, daß die Richtung tatsächlich immer mehr in die Richtung eines Universalgerätes geht.

Dieses Universalgerät zeichnet sich einmal dadurch aus, daß das Handy alle Frequenzen der eigenen Technologie (also z.B. GSM) beherrscht. Die Technik dazu heißt Multi-Band. Doch vorher sind natürlich noch DreibandHandys zu erwarten, nachdem bald wohl von jedem Hersteller Zweibandhandys kommen werden und sich dabei natürlich die Frage stellt, ob die zweite Frequenz 1800 oder 1900 MHz sein soll.

Das Gerät wird aber offensichtlich nicht nur ein Telephon sein, sondern auch viele Funktionen eines persönlichen Organizers aufweisen. Dabei wird erstmals die Stifteingabe unverzichtbar sein, denn auf der Größe einer Handytastatur bringt man keine alphanumerische Tastatur mehr unter.

Kommunizieren muß das Gerät nicht nur mit dem jeweiligen Telephonnetz, sondern auch mit dem Computersystem, zu dem der Anwender Zugang hat. Die eleganteste Lösung ist natürlich eine Infrarotschnittstelle oder eine Docking-Station. Wobei die Docking-Station wohl ein Einheitssystem sein sollte, damit man auch mit Handys unterschiedlicher Hersteller an die EDV heran kann.

Ein anderer Aspekt ist die Frage nach unterschiedlichen Modi von Telephonen. Immerhin gibt es ja weltweit nicht nur GSM-Systeme, sondern auch andere digitale Systeme, die versuchen, ihren Anteil am Weltmarkt zu erobern.

Gelingt ihnen das, dann wird es auch notwendig, Handys zu bauen, die sich in unterschiedlichen technologischen Welten bewegen können. GSM/DECT ist da nur ein relativ harmloser Anfang. GSM/CDMA wird wohl schon etwas komplexer, obwohl auch dafür bereits Geräte im Kommen sind.

Kein Wunder also, daß man sich heute bereits die Köpfe über ein zukünftiges FPLMTS (Future Public Land Mobile Telephone System) zerbricht, wobei diese Bezeichnung ohnehin übersieht, daß zwei Drittel der Erde mit Wasser bedeckt sind und der anspruchsvolle Reisende eben überall erreichbar sein will. Ein Punkt für satellitengestützte Handys, wie sie Motorola für Iridium bereits vorgestellt hat.

Zu beneiden sind die Techniker nicht, die verschiedene technische terrestrische Systeme, unterschiedliche Satellitensystem und natürlich auch noch die diversen Flugfunksysteme, die ein Telephonieren im Flugzeug ermöglichen, unter einen Hut bringen sollen. Aber wetten, daß sie es schaffen?

Franz A. Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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