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Artikel aus Mobile Times 17

Mobilität hat einen Preis

Der Luxus überall erreichbar zu sein, sei es mit einem Pager, sei es durch ein Mobiltelephon, ist natürlich nicht umsonst. Durch unterschiedliche Systeme kommen die Betreiber zu ihrem Geld.


Die Abrechnung der Mobil-Telephone ist keine einfache Angelegenheit. Nicht nur die Sprechzeiten müssen dabei berücksichtigt werden, sondern auch die verschiedenen Tarifmodelle, bei denen die Gebühren auch von der Tageszeit abhängig sind. Die Verrechnung, das "Billing", ist also eine komplexe Angelegenheit, die sich nur mit massiver EDV-Unterstützung durchführen läßt.

Wie max.mobil. rechnet

"Wenn man mit einem GSM-Telephon telephoniert, arbeitet man mit einem Telephon-Computer-System zusammen", erläutert Dipl.-Ing. Dr. Marcus Berger, Leiter der Informationstechnik von max.mobil den Vorgang. "Die zentrale Switching Komponente stellt die Gesprächsverbindungen her und gibt einen Nachweis über ihre Tätigkeit." Von jedem Anruf oder der Benützung eines der Dienste wird ein Log erzeugt, ein sogenannter Call Record.

Call-Records

Diese Call-Records geben dann eine präzise Beschreibung ab, daß an einem bestimmten Tag von einer bestimmten Stelle aus zu einer bestimmten Zeit diese oder jene Nummer angerufen wurde. Das Gespräch hat eine bestimmte Zeit lange gedauert.

Die Call Records werden regelmäßig aus dem Wirknetz der Telephoniekomponenten in das Billing-System überführt. Mehrmals am Tag werden so riesige Dateien mit den Call Records übertragen.

Für die verschiedensten Dienste und Zahlungsgruppen sind nun verschiedene Tarifmodelle unterlegt. Das Billing System sucht die einzelnen Records einer Person oder eines Vertrages zusammen, stellt fest welche Preise jeweils für Tag oder Tageszeit anzuwenden sind und ordnet ihnen Preise zu. Neben den Preisen für die einzelnen Gesprächen müssen dabei auch volumensbedingte Rabatte berücksichtigt werden. Je mehr Wahlfreiheit bei Tarifen und Preisen, desto mächtiger muß das Billing-System sein und jedes neue Tarifmodell muß in die Strukturen des Systems eingebunden werden.

Die Rechnung, die der Kunde bekommt, faßt dann alle Call Records des Zeitraumes mit bestimmten zusätzlichen Bedingungen zusammen. Viele Millionen Anrufe werden so monatlich erfaßt.

Ausgelagert

Allerdings hat max.mobil. nicht selber die Hand auf dem Billing-System. Man will sich mehr dem Aufbau des Netzes und dem Vertrieb widmen und hat diese Aufgabe daher zur Electronic Data Systems (EDS) ausgelagert. Die Verrechnung ist zwar im Hause des Netzbetreibers, wird aber von Spezialisten der EDS abgewickelt.

Als Software für den Billing-Prozeß setzt max.mobil die Lösung BSCS der Firma LHS ein. Es wurde in Rekordzeit von drei Monaten installiert und besitzt einen hohen Perfektionsgrad. "Diese Software", so Marcus Berger, "verfügt über sehr viele Freiheitsgrade, neben der Verrechnung etwa auch Customer Care für das Kunden-Service. Hier wird festgestellt welche Dienste freigeschaltet sind und eventuelle Änderungen werden sofort in die Abrechnung übernommen." Die Datenbank stammt von Oracle, was für die BSCS-Lösung der Standard ist.

Hardware von Digital

Bei der Hardware ist vor allem eine hohe Verfügbarkeit wichtig. Alle Rechner sind ausfallsicher mit Hot-Stand-by konfiguriert. Beim Ausfall einer Komponente übernimmt sofort eine andere ihre Funktion. So bewegen sich die Ausfallzeiten im Bereich von wenigen Promille. Die Hardware stammt von Digital mit Kopplungselementen von Sun.

Die gesamte physische Manipulation hat max.mobil outgesourct und diese Tätigkeit an ein externes Druckzentrum ausgelagert. Alles, was aus dem Computer herausgeht, erledigt das Genossenschaftliche Rechenzentrum Linz. Die Daten werden über Leitung hierher überspielt und nun in Form gebracht, nach einem einheitlichen Layout ausgedruckt und versendet.

Hochautomatismus ist bei der Abrechnung notwendig, denn, so Marcus Berger "es ist das ureigenste Interesse eines Netzwerkbetreibers, daß alles so fehlerfrei wie möglich funktioniert. Wir sind sehr stolz darauf, daß wir eine sehr geringe Drop-Out-Quote von etwa einem halben Prozent, haben".

Fehler werden aber nicht nur möglichst gering gehalten, sondern auch jeder einzelne genau durchleuchtet. Alle Call-Records laufen durch die Rating-Maschinerie. Alles, was irgendwie auffällig ist, wird dabei aussortiert und Fehler analysiert. Einen Großteil kann man dabei leicht ausschließen, denn typisch sind menschliche Fehler wie das falsche Einrichten eines Dienstes oder Komplikationen bei der Übertragung. Nach Korrekturen werden die Datensätze zur Überprüfung nochmals durch diesen Vorgang geschickt.

Oft ist an plötzlich überhohen Rechnungen auch der Benutzer selbst schuld, wenn er nicht berücksichtigt, daß Auslandsgespräche recht teuer werden können oder auch wenn man angerufen wird, im Ausland eine Passivgebühr anfällt. Derzeit besitzt max.mobil in Österreich einen Anteil von fünfzehn Prozent am GSM-Markt. Über 100.000 Kunden nehmen ihre Dienste in Anspruch und es werden ständig mehr. Im Juli lag der Zuwachs bei 53 Prozent und erstmals konnte max.mobil mehr als die Hälfte der Neuanmeldungen für sich verzeichnen.

Keine Auskunft

Als wenig auskunftsfreundlich erweist sich dagegen die Mobilkom. Sie befände sich in einer Ausschreibung für ein neues Billing-System und sei daher zu keinerlei Auskünften bereit. Weder über das alte System, mit dem sie immerhin längere Zeit gearbeitet hat und wo es an seine Grenzen gestoßen ist, noch über die Anforderungen für eine neue Lösung oder ein Update will sie sprechen und vertröstet wenig exakt auf einige Monate in der Zukunft. Diese auffallende Zurückhaltung läßt aber vermuten, daß da nicht alles optimal gelaufen ist.

Paging ist einfacher

Einfacher kommen die Paging-Dienste zu ihrem Geld. Hier macht es die Kostenkonstruktion weniger kompliziert und genaue Zeiterfassungen sind nicht notwendig.

Bei Paging One sind es fixe monatliche Kosten, über die das Geld ins Haus kommt. Mit dieser Möglichkeit wendet man sich vor allem an Geschäftskunden, welche die Kosten schon voraus kalkulieren möchten. Vier verschiedene Tarifmodelle kosten unterschiedliche Fixbeträge, die Kosten für die Mitteilung liegen beim Anrufer. Das amerikanische System Intouch ist da im Einsatz.

Bei Airpage wird hingegen der private Markt angesprochen und besonders bei Jugendlichen ist diese Kommunikationsmethode sehr beliebt. Da genügt es, sich die Hardware, einen entsprechenden Pager, zu kaufen, die laufenden Kosten werden dann ganz von den Anrufern übernommen.

CCP - Calling Party Pays - heißt hier das Prinzip. Eine eigene Vorwahl macht die Airpage-Pager unabhängig von der Entfernung, zu einem eigenen Telephonsystem, fast als ob sie ein eigener Staat wären. Dadurch entstehen für den Anrufenden höhere Gebühren, die dann mit der Post abgerechnet werden.

Eine Minute Gespräch kostet 21,33 Schilling. Mit einer durchschnittlichen Gesprächszeit von 20 bis 25 Sekunden bleibt also das Übermitteln einer Nachricht unter zehn Schilling. Die derzeit 40.000 Airpage-Kunden erhalten rund 20.000 Anrufe pro Tag, also jeder im Durchschnitt alle zwei Tage einen, wobei aber die Frequenz von Montag bis Freitag kontinuierlich ansteigt. Bis Weihnachten rechnet man mit 60 - 70.000 Anwendern.

Für Firmen, wo die Kosten intern bleiben und kalkulierbar sein sollen, ist aber auch an die Einführung eines zusätzlichen Fixkosten-Modells gedacht.

Norbert Benesch




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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