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Artikel aus Mobile Times 18

ISDN und GSM

Stars mobil bestellen

Die mit Handy und Notebook ausgestatteten Außendienstmitarbeiter des Tonträger-Unternehmens Ariola können sich jetzt direkt beim Kunden über ISDN und GSM in die Gegenstelle der Firmenzentrale einwählen und dort gespeicherte Kunden-Informationen abrufen, diese aktualisieren oder auch Bestellungen direkt zur Weiterverarbeitung ablegen.


Die im Jahre 1958 gegründete Ariola hat sich mit Stars wie Peter Alexander, Udo Jürgens oder Mireille Mathieu schon früh als eines der wichtigsten Unternehmen der damaligen Schallplattenbranche etabliert. Schließlich baute die Münchner Bertelsmann-Tochter ihre Marktanteile Schritt für Schritt aus.

Durch Joint Ventures mit internationalen Labels wie Arista, Private Music und Jive konnten inzwischen auch Chart-Stürmer wie Whitney Houston, Vaya Con Dios, Eroz Ramazotti, David Bowie oder Crash Test Dummies etc. gewonnen werden. Mittlerweile beschäftigt die BMG Ariola München über 500 Mitarbeiter und hält ca. 33 Prozent am Deutschen Tonträgermarkt. Ein Verdienst, der nicht nur auf optimiertes Produktmanagement zurückzuführen ist, sondern auch auf ein funktionierendes Marketingkonzept. Und darin eingebunden ist ein absolut professioneller Außendienst, der, mit Notebook und Handy ausgestattet, dem Kunden stets vor Ort zur Verfügung steht.

ISDN statt Datex-P

Bisher nutzten die 40 Außendienstmitarbeiter Datex-P für die Daten-Verbindung zur Zentrale. Da sich die Datenübertragungs-Geschwindigkeit vor allem bei Kundenstamm-Updates immer wieder als zu langsam erwies, suchten die EDV-Verantwortlichen nach einer anderen, schnelleren Lösung und beauftragten die Münchner PV Systemberatung (PVS) mit der Ausarbeitung eines Konzepts.

Für die mittlerweile auch in Wien etablierte PVS sprach auch, daß Geschäftsführer Peter Vonogs jahrelang für die EDV-Organisation bei Ariola verantwortlich und daher über die bestehende Infrastruktur des Rechenzentrums bestens Bescheid wußte.

Aufgabenstellung für den Systemberater war es zunächst, eine Möglichkeit zu finden, die immer umfangreicher werdenden Daten der Außendienstmitarbeiter über Wählverbindungen wesentlich schneller, komfortabler und vor allem kostengünstiger in die Zentrale und umgekehrt zu transportieren.

PVS entschied sich für das digitale Netz ISDN. Die Systemberater hatten bereits zuvor positive Erfahrungen bei der Realisation von ISDN LAN zu LAN-Verbindungen mit AVM-Produkten gemacht. PVS-Chef Vonogs war daher auch davon überzeugt, "die brandneue Mobile ISDN-Lösung in die bestehende Ariola-EDV-Landschaft integrieren zu können."

Die Netzkopplung von "Mobile ISDN" erfolgte über den zentralen Novell-Server, der mit einem AVM NetWare MultiProtocol Router for ISDN vom Typ v3.0 bestückt wurde. Die PVS-Mitarbeiter installierten vier aktive AVM B1-ISDN-Karten, so daß den Außendienstlern künftig insgesamt acht Datenkanäle zur Verfügung stehen - mehr als genug, da ja nicht alle 40 Ariola-Vertreter gleichzeitig auf den zentralen Server zugreifen müssen.

Die Notebooks der Ariola-Vertreter wurden mit einem von Ariola selbst geschriebenen Außendienstprogramm (Auftragsdaten, Kundeninfo, Tourenpläne, Kundenstamm, Artikelstamm usw.) ausgestattet.

An Kommunikationsprogrammen installierte die PVS das Remote-Access-Paket NetWAYS/ISDN und "Fritz" von AVM sowie OnNet 1.2 Kernel der Software-Firma ftp. Es ergänzt NetWAYS/ISDN als TCP/IP-Stack und sorgt für den schnellen ISDN-Zugriff ins Internet. Außerdem werden Winword und Excel eingesetzt.

Die Realisierung der von Ariola zusätzlich geforderten Mailverbindungen (MS-Mail) zum Unternehmensnetz erfolgte über eine Terminal-Adapter-Lösung, unterstützt durch einen COM-Treiber, welcher auf der einen Seite die standardisierte ISDN-Applikationsschnittstelle CAPI anspricht und auf der anderen Seite auf dem COM-Interface aufsitzt.

Remote-Access-Paket NetWAYS/ISDN

Bei NetWAYS/ISDN handelt es sich um eine Remote-Access-Software, die den Außendienstmitarbeitern raschen Zugriff über ISDN aufs Ariola-Unternehmensnetz ermöglicht. Sie unterstützt die dortigen TCP/IP und IPX/ SPX-Protokolle.

Um Leitungskosten zu sparen, wurde NetWAYS/ISDN mit diversen Verbindungssteuerungs-Mechanismen ausgestattet: nach dem ersten Aufbau der ISDN-Verbindung vom Notebook zur Unternehmenszentrale übernimmt der sogenannte Inactivity Timer automatisch die Steuerung der ISDN-Verbindung.

Liegen keine Daten zum Transfer ins LAN vor, baut NetWAYS die ISDN-Verbindung physikalisch ab und stellt sie erst bei erneutem Zugriff auf das Netz wieder her. Dadurch fallen in der Zeit, in der kein Zugriff aufs Netz erfolgt, auch keine Leitungskosten an. Die preisgünstige ISDN-Software "Fritz" bezeichnet PVS-Geschäftsführer Peter Vonogs auf Grund ihrer vielfältigen Funktionen als "eierlegende Wollmilchsau".

Der Vergleich ist durchaus angebracht, denn "Fritz" ist eine ISDN-Kommunikationssoftware für Fax, Dateitransfer, Btx, T-Online und Mailboxzugang. Die Ariola-Außendienstmitarbeiter nutzen "Fritz" vor allem für den Btx-Zugriff.

Mobile-ISDN-Controller M1

Herzstück der von PVS bei BMG Ariola realisierten ISDN-GSM-Lösung sind die scheckkartengroßen Mobile-ISDN-Controller M1 von AVM. Ausgerüstet mit 1 Mbyte RAM und einem 20 MIPS RISC Transputer, bilden sie erst die leistungsfähige Basis für den Zugriff der 40 Ariola-Außendienstler auf die zentralen Ressourcen im EDV-Center.

Die ISDN-Karten wurden einfach in den jeweils freien Slot der Notebooks gesteckt und per Schnittstellen-Kabel mit den Handys (Siemens S4) verbunden. Da die M1-ISDN-Adapter mit eigenem Prozessor ausgerüstet sind (aktive Karten), wird die CPU der Notebooks nicht belastet.

Für die Daten- und Protokollübertragung steht ein Datenkanal mit 12 Kbit/s zur Verfügung. Mit Datenkompression werden Übertragungsraten von bis zu 32 Kbit pro Sekunde erreicht.

Rascher Verbindungsaufbau

Grundsätzlich nutzt die von AVM entwickelte Mobile-ISDN-Technologie die sogenannte UDI-Interworking-Function in den GSM-Vermittlungsstellen als Zugang zum ISDN. Dadurch erfolgt der Verbindungsaufbau innerhalb von nur ca. fünf Sekunden. Analoge Adapter würden hierfür mehr als eine halbe Minute brauchen.

Da im GSM der Verbindungsaufbau (wenigstens in Deutschland, wo das System eingesetzt ist) Geld kostet, würden bei 40 Anwendern übers Jahr erhebliche Kosten auflaufen.

Für absolut sichere und schnelle Datenübertragung wurde die Mobile-ISDN-Lösung mit einer ganzen Reihe von Protokollen ausgestattet: Zum einen nutzt der Controller im GSM den Non-Transparent-Modus, der an der Luftschnittstelle das RLP aktiviert. Zum anderen sichert das integrierte HDLC-Protokoll die Übertragung zwischen den Außendienstmitarbeitern (bzw. ihren Notebooks und Handys) und dem GSM-Mobile Switching Center (MSC). Auf der Strecke von dieser GSM-Vermittlungsstrecke zur gerufenen Gegenstelle wird V.110 genutzt, wobei die Framingmechanismen dieses Protokolls zusätzlich durch ISO 3309 optimiert werden. Dadurch erreicht man eine hohe Bandbreite im Datenkanal. Zur Sicherung der Ende-zu-Ende-Verbindung setzt der sogenannte ISDN-Protokollstack des Controllers noch das X.75 SLP.

Wie alle ISDN-Controller von AVM unterstützt auch der M1 das standardisierte Applikationsinterface CAPI. Dadurch ist eine nahtlose Integration sämtlicher vorhandener CAPI-Anwendungen im Ariola-Netz gewährleistet.

Resumée

Schon nach wenigen Tagen hatten sich die Ariola-Mitarbeiter mit Mobile-ISDN angefreundet. Der transparente, rasche Zugriff auf die zentralen Datenbestände im Unternehmensnetz ermöglicht es zum Beispiel, dem Kunden vor Ort zu sagen, ob und wann die gewünschten CDs auch verfügbar sind. Und da die Auftragsdaten jetzt direkt in die Zentrale verschickt werden, verkürzen sich auch die Auslieferungstermine.

Lothar Eberlen


Im Text benutzte Abkürzungen

APIApplication Programming Interface
BMGBertelsmann Music Group
CAPICommon ISDN API
CPUCentral Processing Unit
HDLCHigh level Data Link Control
IPX/SPXInternet Packet eXchange/Sequence Packet eXchange
ISDNIntegrated Services Digital Network
LANLocal Area Network
MIPSMillion Instructions Per Second
RISCReduced Instruction Set Computing
RLPRadio Link Protocol
SLPSingle Line Protocol
TCP/IPTransmission Control Protocol/Internet Protocol
UDIUnrestricted Digital Information

Die Komponenten

AVM Mobile ISDN-Controller:
PCMCIA-Adapter (Typ II) für ISDN und GSM-Mobiltelefon (Twin-Controller)
Unterstützung von Plug&Play
Fax-Gruppe 3 auf dem Controller implementiert
Nutzung von Internet oder Online-Dienste wie T-Online, AOL und CompuServe
CAPI 2.0-Anwendungen
E-Mail, Client/Server-Applikationen, Terminalemulation, Host- oder Fileserverzugriff
TCP/IP- oder IPX/SPX-Transport über PPP
Anschluß an das ISDN:
Aktiver ISDN-Controller für den Basisanschluß (So)
Nutzung beider B-Kanäle) (je 64 kBit/s) und des D-Kanals (16 kBit/s)
Datenprotokolle für den B-Kanal: X.75, HDLC transparent, V.110, V.120, ISO 8208 (X.25, Eurofiletransfer), ISO 3309/V.110, T.70, T.30, X.31 (ISDN-Paketdienste)
Anschluß an das GSM-Mobiltelefon:
Aktiver Mobile ISDN-Controller für den Anschluß an GSM-Mobiltelefone Siemens S3com und S4 sowie bauähnliche wie Sony CMD X 1000, D2 Handy 4025 und 4026
Daten und Faxverbindungen zu Endgeräten des GSM, ISDN (V.110 oder X.75/ISO3309/V.110 und PSTN (V.32)
Datenprotokolle für den GSM-B-Kanal: GSM 03.45 (G3-Fax), GSM07.08 (Mobile ISDN), X.75/ISO 3309, V.42bis

Info: PVS, Ottakringer-Str. 54 3/33 A-1170 Wien Tel.: 01/4090975 Fax: 01/4070206




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