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Artikel aus Mobile Times 22

Pager-Tricks

Das Pager als Medium zur unauffälligen Übertragung von Nachrichten dienen ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, daß man mit Pagern jede Menge an Tricks ausführen kann, die von der Kraftwerkssteuerung bis zum Nachfüllen eines Bankomaten reichen.


Für kurze Zeit waren Pager das Kommunikationsmittel der Jugend schlechthin. Seit der Einführung von PrePaid-Lösungen in den meisten GSM-Netzen scheint aber die Zeit der massenhaft angewendeten Pager schon wieder vorbei zu sein. Für den Durchschnittsbürger hat der Pager auch kaum mehr etwas zu bieten, was ihm das Handy nicht bieten kann, denn auch Textnachrichten an das Mobiltelephon sind ja jederzeit möglich. Bezüglich der neu aufgeflammten Diskussion über elektrische Felder im Mobilfunk hat der Pager allerdings einen klaren Vorteil:er strahlt nicht. Deshalb haben auch viele Ärzte im Krankenhaus einen Pager und kein Mobiltelephon im Einsatz. Zwar haben Versuche in den USA gezeigt, daß auch der Einsatz von Mobiltelephonen in Krankenhäusern keinerlei Probleme bringt, wenn die empfindlichen Geräte im Krankenhaus gemeinsam mit einem Mobilnetzbetreiber abgestimmt und eingerichtet werden, aber Gefühle sind durch Logik kaum unter Kontrolle zu bringen.

Die neu aufgeflammte Gesundheitsdiskussion über Handys und Handy-Sender ist für manche Pager-Betreiber ein echter Vorteil. Ironischerweise wird die Diskussion gerade von Radio- und Fernsehstationen immer wieder aufgeheizt, wobei natürlich dafür gesorgt wird, daß der gesundheitsbewußte Hörer bzw. Seher ausführlich darüber infomiert ist, daß die viel leistungsstärkeren TV- und Radiosender völlig unschädlich sind. In Österreich setzt daher z.B. Paging One seine Antennen ausschließlich auf Sendemasten des Rundfunks und kann so sicher sein, keine Kampagne gegen die eigenen Senderstandorte zu erleben.

Auch sonst haben Pager - vor allem für Geschäftsleute - einen ganz wesentlichen Vorteil: es wird keine sofortige Antwort erwartet. Man bekommt die Nachricht und hat Zeit zu überlegen, ob und welche Antwort man gibt. Ein anderer - eigentlich uralter Trick - ist der versteckte Pager, auf den man sich während geschäftlicher Verhandlungen relevante Daten senden läßt, ohne daß der Gesprächspartner es merkt.

Seltsame Anrufe

Als kürzlich eine jener Damen, die telephonisch Nachrichten für Pager entgegennehmen, einen Anruf erhielt, staunte sie nicht schlecht, denn da sprach eine Stimme - vom Tonband wie sich später herausstellte - "An Pager-Nummer xy folgende Nachricht übermitteln: im Bankomaten am X-Platz fehlen 1.000-Schilling-Scheine." Zuerst hielt man die Nachricht für einen Scherz, als sie sich aber mehrmals wiederholte, gab man sie dann doch durch und ging der Sache nach.

Es stellte sich heraus, daß ein findiger Bankangestellter, der mit der Überwachung der Bankomaten am Wochenende beauftragt war, herausgefunden hatte, daß er nicht jede Stunde vorbei gehen mußte, um festzustellen, ob irgend eine Banknotensorte fehlt, sondern eine relativ einfache Elektronik diese Aufgabe für ihn übernehmen kann.

Im konreten Fall wurde einfach mit dem Strom, der sonst ein Kontrolllämpchen zum Leuchten bringt, eine Relaisschaltung angesteuert, die dafür sorgte, daß zuerst die Paging-Zentrale angerufen wird und anschließend ein Tonband die gewünschte Nachricht übermittelt. Die Bank hat ein Zusatz-Service (kein Bankomat bleibt lange wegen Geldmangel außer Betrieb) und spart auch noch Personalkosten. Zusatzkosten entstehen nur durch das technische System, das allerdings sehr einfach aufgebaut ist.

Kleinkraftwerke

Ein anderer Verwendungszweck von Pager-Alarmierung ist die Steuerung von Kleinkraftwerken. Gerade für solche - meist kleine Wasserkraftwerke in eher unzugänglichen Gebieten - lohnt sich für die Betreiber eine ständige personelle Besetzung nicht. Dennoch sind gerade Kleinkraftwerke in Zeiten der immer aktiver werdenden Umweltschutzbewegung ein wichtiger Aktivposten in einem Energiekonzept. Also suchte man nach Möglichkeiten, diese Kleinkraftwerke unbemannt zu betreiben.

Natürlich ist es möglich, von diesen Kleinkraftwerken über Leitungen die relevanten Daten an eine zentrale Schaltwarte zu übermitteln, doch gibt es immer wieder Insellösungen, die in abgeschiedenen Gebieten ohne Verbindung zum nationalen Netz für Energie sorgen. Ein Mann ist dann von Kraftwerk zu Kraftwerk unterwegs, um die nötigen Wartungsarbeiten durchzuführen. Weicht dann in seiner Abwesenheit in einem Werk ein relevanter Meßwert ab, so wird über Pager alarmiert und der Techniker, der aufgrund der Meldung bereits weiß, was ungefähr das Problem ist, zieht los, um es zu beheben.

Feuerwehr und Rettung

Der Kern unseres Feuerwehrsystems, das allerdings nicht nur für die Brandbekämpfung, sondern ebenso für Verkehrsunfälle, Chemieunfälle, Überschwemmungen usw. zuständig ist, sind die Freiwilligen. Zwar ist auch in der heutigen Zeit die Alarmierung über die bekannte Sirene am Feuerwehrgebäude nicht abgekommen, doch wäre es ziemlich sinnlos, für bestimmte Einsätze alle vorhandenen Freiwilligen zu alarmieren. Viel sinnvoller ist es, die Alarmierung auf jene Personen zu beschränken, die für den jeweiligen Unglücksfall tatsächlich gebraucht werden.

Man hat daher ein mehrfach abgestuftes System entwickelt, das dafür sorgt, daß zwar der jeweilige Kommandant über alle Fälle informiert wird, er aber entscheidet, welche Gruppe seiner Freiwilligen via Gruppenruf alarmiert wird. Wie diese Gruppen zusammengesetzt sind, wird generell festgelegt und der Kommandant braucht dann der Paging-Zentrale (z.B. über Handy) nur mehr mitteilen, welche Gruppen, die Nachricht ebenfalls erhalten sollen. Es kann sogar festgelegt werden, daß automatisch bei bestimmten Szenarien eine vorher vereinbarte Gruppenalarmierung erfolgt.

In einem westlichen Bundesland hat man das mehrstufige System sogar so weit getrieben, daß als oberste Ebene das Landesfeuerwehrkommando alle Alarme erhält, die im Land anfallen. Auf der Ebene darunter erhält das jeweilige Bezirkskommando noch alle den Bezirk betreffenden Alarme, usw. Das hat auch den Vorteil, daß eine übergeordnete Ebene oft schon früher erkennen kann, ob lokale Kräfte für den jeweiligen Alarmfall ausreichen, oder ob zusätzliche Hilfskräfte aus anderen Bereichen angefordert werden müssen.

Ein ähnliches System hat das Rote Kreuz im Burgenland im Einsatz. Darüber fehlen uns allerdings ausführliche Informationen. Es wird aber wohl sehr ähnlich aufgebaut sein, wie das Salzburger Feuerwehrsystem. Auch bei verschiedenen Bergrettungen ist ein Pager-System zur Alarmierung im Einsatz.

Kundendienst

Immer mehr Pager-Services bieten sogenannte Call-Center an. Das ist nur logisch, denn die Haupttätigkeit bei den Operatoren bestand ja schon bisher darin, Telephonanrufe entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Bei Inanspruchnahme des Call-Center-Dienstes wird die Telephonnummer des Kunden zu einem Arbeitsplatz des Pagerbetreibers umgeleitet. Dort meldet man sich mit dem Namen der Firma des Kunden und nimmt Anrufe entgegen. Für jeden derartigen Kunden hat man im Call-Center eine Bildschirmmaske, die der Telephonistin den Meldetext vorgibt und ihr außerdem zeigt, was in welchem Fall zu tun ist. Eine der Möglichkeiten ist dann die Benachrichtigung des Auftraggebers über einen Pager. Allerdings werden auch Fax, E-Mail usw. angeboten.

Börsenkurse und Nachrichten

An sich ist die Übermittlung von Börsenkursen an Pager ja keine neue Erfindung, Reuters bietet das schon seit Jahren an und obwohl sich immer mehr Mobilfunkbetreiber in Europa für ihre Handy-Kunden gleichartige Dienste - zum Teil sogar in Zusammenarbeit mit Reuters - einfallen ließen, bleibt der Pager dafür nach wie vor das Medium Nummer 1. Der Grund ist einleuchtend: man liest die Börsenkurse dann, wenn man sie braucht und nicht dann, wenn das Handy hektisch wegen einer einlaufenden SMS zu blinken oder gar zu läuten beginnt. Ähnlich ist es mit Nachrichten, wobei hier nicht nur Wirtschaftskapitäne und Broker als Zielgruppe dienen, sondern auch Journalisten, die rasch und knapp über News informiert werden wollen, und sich die vollständigen Meldungstexte dann nur bei Bedarf z.B. aus dem Internet herunterladen.

fak


Pager-Katastrophe

Am 19. Mai 1998 fielen in den USA praktisch alle Pagernetze aus. Der Grund lag darin, daß der für die Übermittlung der Datenströme benutzte PanAmSat-Satellit Galaxy IV wegen eines Prozessorfehlers an Bord außer Kontrolle geriet. Dabei zeigt sich rasch, daß der Aufbau eines Backup-Systems doch nicht nur hinausgeworfenes Geld ist. Pager-Betreiber, die auf landgestützte Kabelstrecken als Reserve zurückgreifen konnten, waren teilweise innerhalb weniger Minuten wieder auf Sendung, andere brauchten länger, vor allem dann, wenn sie die Empfangsantennen ihrer Verteilstationen auf andere Satelliten, die man als Ersatz verwendete, ausrichten mußten. Nach Meinung von Experten zeigte sich jedenfalls, daß Paging in den USA nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Es zeigte sich aber auch, daß die Abhängigkeit von Satellitensystemen längst größer ist, als man bisher dachte.




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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