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Artikel aus Mobile Times 22
Wissenschafter und Vermessungstechniker verlangen höchste Genauigkeit bei ihrer Arbeit, Punkte auf der Erde zu bestimmen. Es sollte millimetergenau durchgeführt werden. Das ist gar nicht so einfach wie es scheint. Auch mit Hilfe von GPS erreicht die Satellitengeodäsie (Erdmessung) nicht die gewünschte Genauigkeit. Prinzipiell liefert das amerikanische Global Positioning System, das über 24 Satelliten weltweit operiert, die erforderlichen Daten. Da aber GPS ein militärisches System ist, verrauschen die Amerikaner das GPS-Signal absichtlich, sodaß die Genauigkeit nur mehr bei hundert Meter liegt. Im Golfkrieg wurde die Verrauschung abgeschaltet, die Vermessungstechniker haben es zuerst gar nicht fassen können, welch tolle Meßergebnisse da möglich waren. Und so wurde überlegt, ob man nicht das GPS so verbessern kann, daß man auch in Friedenszeiten annähernd so exakte Ortsmessungen vornehmen kann. Die Lösung heißt dGPS (differentielles GPS), wobei Permanentstationen die Korrekturen berechnen. Momentan hat man sieben Stationen in Betrieb, die eine komplette Flächendeckung von Österreich gewährleisten. Um eine größere Genauigkeit zu erreichen, sollen noch weitere acht Stationen dazukommen. Das deshalb, weil die Genauigkeit mit der Entfernung von der Station abnimmt. Im Umkreis von zehn bis zwanzig Kilometern von der Station kann auf ein bis fünf Zentimeter genau bestimmt werden. Im Radius einer Station von hundert Kilometern kommt man auf eine Genauigkeit von einem Meter, darüber hinaus kommt man auf Werte unter zehn Meter.
Diese rein österreichische Entwicklung wurde im Lauf von zwei Jahren von den Satellitengeodäten der Akademie der Wissenschaften, der GPS-Netz ZT Ges.m.b.H und dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geleistet. Um diese Entwicklung auch geschäftsmäßig nutzen zu können, wurde der ORF als Partner gewonnen, der Sendestationen des Ö1-Radios für diese Zusatznutzung vermietet. Über das Datenübertragungssystem DARC (Data Radio Channel) werden die Korrekturdaten über die Ö1-Senderkette österreichweit ausgestrahlt. Mit einem DARC-Empfänger und einem normalen GPS-Empfänger wird eine Positionierungsgenauigkeit von bis zu einem Zentimeter erreicht.
Wer kommt als Kunde für dieses System überhaupt in Frage? Die Binnenschiffahrt, vor allem auf der Donau, ist auf eine genaue Navigationshilfe angewiesen. Die Fahrtrinne ist ja oft nur einige Meter breit. Aber auch die Donaukraftwerke sind schon Testkunden von dGPS. Sie haben die Verpflichtung, das Bett der Donau jährlich auf Veränderungen hin zu prüfen. Diese Echolotmessungen waren früher sehr mühsam, da die Vermessungsgeräte am Ufer mit einem schwankenden Schiff korrespondieren müssen, ein Vorgang, der große Genauigkeit erst gar nicht zulässt. Mit dGPS können diese Messungen erheblich rascher und sicherer durchgeführt werden.
Geographische Informationssysteme (GIS) und das Logistikmanagement von (LKW-) Transportflotten, die bisher schon mit GPS arbeiteten, werden sich über diese Optimierung sicher freuen: Neue Anwendungsgebiete im Baugewerbe, der Landwirtschaft und der Autonavigation werden erst erschlossen. So kann eine präzise Maschinensteuerung vom Bagger über die Sämaschine bis zu Bohrmaschinen in freier Landschaft realisiert werden. Verkehrsleitsysteme, von denen viel gesprochen wird, aber noch wenig verwirklicht wurde, könnten so rascher Wirklichkeit werden. So wurde demonstriert, wie die Fahrt eines Autos von Wien aus übers Handy in Vöcklabruck kommandiert wurde. In Wien konnte die Fahrt am Bildschirm verfolgt werden, die metergenaue Position wurde via GSM-Datenübertragung auf einem digitalen Luftbild dargestellt. Eine beeindruckende Demonstration, was mit Hilfe von dGPS geleistet werden kann. Die dGPS-DatenverarbeitungsgesmbH mit Sitz in Vöcklabruck wartet auf Kunden, die das System nutzen, das sie je nach Genauigkeitsstufen zwischen öS 4.800,- und öS 60.000,- pro Jahr kostet. Wer neugierig geworden ist, kann bei der Homepage vorbeischauen: http://www.dgps.at
Christine Köttl
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Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003 Text © 1998 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times |