Startseite : Archiv : Heft 23 : Artikel
Artikel aus Mobile Times 23
Unter dem EU-Projektnamen "Insured" hat die Siemenstochter PSE erstmals die ersten Voraussetzungen für nahtlose Telephoniedienste geschaffen. Es geht darum, daß der Handover nicht nur zwischen den Funkzellen eines Betreibers, sondern zwischen denen mehrerer Betreiber möglich wird.
Iridium startet - das ist zumindestens die aktuelle Sensationsmeldung für alle mobilen Telephonierer. Aber ist Iridium alleine schon seligmachend? Die Antwort lautet: Nein. Denn Iridium hat zwar Roaming-Abkommen mit zahlreichen terrestrischen Netzbetreibern, aber dieses Roaming ist nicht so problemlos, wie man glauben sollte. Denn wirkliches Roaming setzt voraus, daß man während eines Gespräches das Netz wechseln kann.
Das aber ist zwischen Iridium und terrestrischen Netzen noch nicht möglich. Noch muß man das Gespräch beenden, sich aus dem einen Netz ausloggen, um sich dann in dem anderen Netz wieder einzuloggen.
Die Betonung liegt auf "noch", denn natürlich haben sich viele Techniker verschiedenster Firmen schon überlegt, was man dagegen denn tun kann. Führend dabei sind derzeit die Ingenieure der Siemenstochter PSE (Programm- und Systementwicklung) mit ihrem Projekt "Insured" unter der Leitung von Hermann Brand.
... daß grenzenloses Telephonieren bald keine Hexerei mehr sein wird. Denn die dabei verwendeten Protokolle erlauben endlich den automatischen Wechsel von Netz zu Netz - und zwar egal ob es sich dabei um lokale Netze wie GSM, CDMA oder D-AMPS handelt, oder ob globale Netze wie Iridium mit im Spiel sind.
Das Insured-Projekt ist aber kein Alleingang von Siemens - was international auch wenig Sinn hätte - sondern läuft im Rahmen des EU-Programmes ACTS ab, das die technologische Führerschaft Europas gegenüber den USA und Japan sicherstellen soll. Schließlich war Europa im Bereich mobiler Telephonie schon mit der Entwicklung von GSM ein erfolgreicher Vorreiter, da dieses System mit etwa 100 Millionen Teilnehmern in über hundert Ländern (und geschätzten 200 Millionen Teilnehmern im Jahr 2000) das wohl erfolgreichste System in der bisherigen Geschichte der Mobiltelephonie ist.
Bei der steirsichen PSE hat man aber nicht nur die Protokolle für die nahtlose Gesprächsweitergabe entworfen, sondern schon die ersten Geräte - sogenannte Testpads - entwickelt und gebaut, die diese Protokolle nutzen können.
Laut Augenzeugenberichten sollen diese Testsysteme optisch wie ein Pkw mit Hirschgeweih ausgesehen haben und immer dann, wenn Iridium gerade keine Probleme hatte, ausgerückt sein.
Und nicht nur das: Insured wurde schon in der Praxis getestet, und zwar nicht irgendwo, sondern in Österreich, wo der Handover eines laufenden Gespräches von max.mobil auf Iridium problemlos über die Bühne gegangen sein soll - eine uns versprochene Vorführung hat es bis dato nämlich weder in Graz noch sonstwo gegeben...
Beim Insured-Team denkt man aber schon einen Schritt weiter. Denn sowohl GSM als auch Iridium sind Systeme der zweiten, digitalen Generation mobiler Telephonie. Diese Systeme sind derzeit fast schon auf ihrem technischen Höhepunkt angelangt. Man will aber mehr; mehr an Gesprächskapazität, mehr an Übertragungsleistung, mehr an Erreichbarkeit. Daher sollen sie zu Beginn des nächsten Jahrtausends durch die dritte Generation abgelöst werden, die im Unterschied zu früheren Zeiten einen einheitlichen technischen Standard und eine einheitliche Frequenzbelegung kennen soll: UMTS.
Während man die erste Generation als die analoge, und die zweite als die digitale bezeichnen kann, so sind für die dritte Generation der mobilen Telephonie zwei Schlagworte ausschlaggebend: multimedial und persönlich - digital ist Kommunikation mittlerweile sowieso.
"Multimedial" bezieht sich auf die deutlich höhere Datendurchsatzrate. Während man bei GSM mit 9,6 kbps Datenübertragungsrate zufrieden sein muß, bietet UMTS dank weiterentwickelter Codierungsmechanismen 2000 kbps an, was dann endlich auch für Breitbandanwendungen wie Videokonferenzen und Bildtelephonie, aber auch für einen raschen Internetzugang ausreichend ist (außer der Server ist überlastet).
"Persönlich" dagegen meint, daß man ja nicht einen bestimmten Telephonapparat anrufen möchte, sondern eine Person. Daher muß man Telephonnummern nicht Apparaten zuordnen, sondern Personen. Und damit das System weiß, wo man eine bestimmte Person finden kann, benötigt man wiederum Mechanismen für den glatten Handover zwischen den einzelnen terrestrischen UMTS-Netzen und auch zwischen terrestrischen und satellitengestützten UMTS-Netzen.
Denn nur wenn für den Anwender die Grenzen zwischen den Netzen verschwimmen und er immer erreichbar ist, steht das "U" in UMTS wirklich für "Universal".
Michael Köttl
CDMA | Code Division Multiple Access |
D-AMPS | Digital Advanced Mobile Phone System |
GSM | Global System for Mobile communication |
kbps | KiloBit Per Second |
PSE | Programm- und SystemEntwicklung |
UMTS | Universal Mobile Telephone System |
Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003 Text © 1998 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times |