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Artikel aus Mobile Times 23

Technologiekombination á la carte.

GSM/SMS & GPS

Sie würden nicht Mobile Times lesen, ginge es uns hier nur um jene Freak-Anwendungen, die daraus bestehen, Ihre Frau oder (bzw. "und") Freundin(nen) per SMS um die Übermittlung des aktuellen Speiseplans für heute abend zu bitten, um daraus Rückschlüsse auf den Umweg übers lokale Wirtshaus oder den weiteren Verlauf des Abends zu ziehen. Die Applikation ist selbstverständlich von professionellerer Natur: Übermittlung von Daten via SMS allgemein sowie von GPS-Daten im speziellen.


Neben den bekannten und allerorts geschätzten Annehmlichkeiten der zellularen Sprachtelefonie bietet GSM die Möglichkeit der Datenübertragung auf zwei grundlegend verschiedene Arten:

a) eine "Online"-Verbindung mit einer Übertragungsrate von 9600 Bd sowie

b) die Übertragung von Kurznachrichten (SMS) mit bis zu 140 Zeichen.

Ist die Datenübertragung im Vergleich zum Sprachdienst mit wenigen Prozenten noch eher von untergeordneter Bedeutung der GSM-Nutzung, so gibt es doch seit geraumer Zeit interessante Anwendungen, die auf die Datendienste des GSM-Netzes aufbauen.

Der der Anwendung der Fahrzeug- und Objektortung zugrundeliegende Bedarf kann unterschiedlichster Motivation sein: Überwachungsaspekte im Sicherheitsbereich, effizientere Disposition der Fahrzeuge im Transportbereich oder die Kosteneinsparung durch Umstieg von Sprache auf SMS.

Im Bereich der Datenerfassung für geographische Informationssysteme (GIS/GPS) sowie im Vermessungsbereich verwendet man Differential GPS (DGPS), um hohe Genauigkeiten bis in den Zentimeterbereich zu erzielen. Traditionell werden hier über Funk DGPS-Korrekturdaten von einer Basisstation zu einem mobilen Empfänger übertragen. GSM als alternatives Übertragungsmedium hilft hier, wesentlich größere Reichweiten zu überbrücken.

Nachrichtenübermittlung und Fahrzeugortung

Viele Unternehmer, deren Fahrzeuge im Fernverkehr unterwegs sind, haben bereits die Vorteile von SMS erkannt. Durch den Umstieg von Sprache auf Übermittlung von Kurznachrichten sind enorme Einsparungspotentiale wahr geworden. Kontaktierte man bislang einen Fahrer, den man zwecks Abholung einer Ladung zu einer gerade in der Dispo eingelangten Adresse umdirigieren mußte, per Telefon, so war dies mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Zwar hatte der Unternehmer im Telefon des Fahrers, der primär in Deutschland unterwegs ist, vielleicht eine D1- oder D2-SIM-Karte, um sich die dortigen inländischen Gesprächsgebühren zu sparen, doch mußte man den Fahrer immerhin in Deutschland vom österreichischen Festnetz anrufen. Wenn der Fahrer dann noch in Amsterdam unterwegs war, zahlte man nicht nur Roaminggebühren, sondern kämpfte auch noch mit der Übermittlung von nicht so vertrauten Adressdaten ("H" wie Hugo, "B" wie Baldriantropfen usw.). Da waren einige 10000 DM pro Monat keine Seltenheit. Man entsorgte also die alten GSM-Einbaugeräte und ersetzte Sie durch SMS-fähige neuerer Generation. Bekommt man dann noch die Akzeptanz der Handytippserei ("OK") der nicht immer durch neue Technik zu begeisternden und oft auch firmenfremden Fahrer in den Griff, so folgt bald die Freude über die ersparten Gesprächsgebühren beim Chef. Nicht minder erfreut sind die Disponenten, die in der Messaging-Software ein Telefonverzeichnis all ihrer Fahrer horten und sich die Zeit des Telefonierens und Buchstabierens durch Schreiben einer Nachricht mit entsprechend klaren Anweisungen bis zu 160 Zeichen ersparen.

Kommt zur reinen Textkommunikation dann noch die Möglichkeit der Ortung hinzu, weiß man gleich, welcher Lkw der Abholadresse am nächsten ist. Steht im Transportbereich die Effizienz der Fahrzeugdisposition im Vordergrund, so gibt es, etwa im Baugewerbe, gleichermaßen den Wunsch der Fahrzeugortung. Soweit zur offiziellen Version. Tatsächlich handelt es sich hier mitunter eher um eine Mitarbeiterkontrolle, um "Privatauslieferungen" von Baumaterial in Grenzen zu halten (wer kennt nicht jemanden, der gerade Häusl baut). Chefs scheinen allgemein ganz gerne wissen zu wollen, wo ihre Leute gerade unterwegs sind.

Wie funktioniert nun die Ortung?

Ein Ortungsmodul in einem Fahrzeug besteht im wesentlichen aus einem GPS-Empfänger, einem GSM-Modul und einem Controller. Die Zentrale sendet eine Positionsanforderung in Form einer SMS an das Fahrzeug, genauer gesagt, an die Nummer der SIM-Karte im GSM-Modul. Der Controller decodiert die einlangende Nachricht und unterscheidet, ob es sich um eine Textnachricht für den Fahrer oder eine Positionsanforderung handelt. Im letztgenannten Fall kann es sich um die Anforderung einer einmaligen oder auch zyklischen Positionsmeldung handeln, wenn sich das Fahrzeug innerhalb eines bestimmten Intervalls wiederholt selbständig melden soll.

Im Klartext heißt das, daß der Controller eine entsprechende SMS generiert, die die aktuelle Position, Zeit, Richtung und Geschwindigkeit des Fahrzeugs enthält. Wohin die Nachricht gesandt werden soll, geht aus der ursprünglichen Nachricht hervor, die u.a. die Absendernummer der anfordernden Zentrale enthält. Je nach Priorität kann ein Ortungsintervall im Bereich von 10 Sekunden bis zu einmal pro Tag liegen, im allgemeinen wird es jedoch im Bereich zwischen 15 Minuten und 6 Stunden betragen. Etwaige zu setzende Statuszustände können von der Zentrale in der abgehenden SMS mitgesandt werden (Betätigung des Schleudersitzes, Abdrehen der Benzinzufuhr und andere unangenehme aber wichtige Aktionen am Fahrzeug). Umgekehrt kann das Fahrzeug einen aktuellen Statuszustand übermitteln ("Schleudersitz erfolgreich aktiviert").

Einsatz von GSM bei allgemeiner Datenübertragung

Ein Anwendungsbeispiel, aus dem GPS-Leben gegriffen: Im Bereich der Vermessung verwendet man geodätische Empfänger, die in Realtime Genauigkeiten im Zentimeterbereich liefern. Man arbeitet mit einer Basisstation, die über Funk Korrekturdaten zur mobilen Station sendet.

Diese RTK-/DGPS-Verbindungen sind mit 500 mW in ihrer Reichweite stark eingeschränkt. Bedient man sich des GSM-Netzes, so kann man virtuelle Verbindungen schaffen, die unabhängig von lokalen Funksystemen arbeiten. Je nach GPS-Anwendung nutzt man die volle Leistung der GPS-Empfänger, die anstelle von 2 - 3 km nun über bis zu 10 - 25 km Einsatzradius verfügen, um noch Zentimetergenauigkeiten zu liefern. Im typischen GIS-Bereich mit 1 - 5 m Genauigkeit spielen Entfernungen zwischen Referenzstation und Mobilgerät nicht so eine große Rolle, und man überbrückt hier immerhin einige 10 bis 100 km.

Kurztext oder Roman?

Sicher haben Sie die "140 Zeichen" in der Einleitung etwas gestört, denn Sie wußten schon immer, daß Sie von Ihrem Handy in mühevoller Kleinarbeit Texte von zumindest 160 Zeichen eintippsen und Ihren FeundInnen übermitteln können, (Oder gehören Sie zu jenen Personen, die das noch immer nicht probiert haben...?). Besagtes Menü der Frau und/oder FreundInnen sollte also nach Möglichkeit ohne zu viele Beilagen übermittelt werden.

Zur Aufklärung: Per Spezifikation ermöglicht SMS die Übertragung von 140 Bytes. Überträgt man also binäre Information, gibt es dem nichts hinzuzufügen. Anders bei der Übermittlung von reinem Text: Der ASCII-Zeichensatz ist so aufgebaut, daß das höherwertige Bit (MSB) immer 0 ist. Um die gebotene Menge an übertragbarer Information nicht zu verschwenden, überträgt man dieses redundante Bit nicht und schiebt die jeweils 7 Bits aller Zeichen nebeneinander. So werden aus 140 Zeichen × 8 Bit = 1120 Bit, in die wiederum 1120 ÷ 7 = 160 Zeichen passen.

SMS vs. Daten - more than just money:

Die Unterschiede und damit Vor- und Nachteile beider Arten sind schnell abgewogen: Für die reine Datenübertragung zwischen zwei mobilen GSM-Teilnehmern etwa ist eine "Online"-Verbindung erforderlich, was bedeutet, daß sich beide Teilnehmer zum Zeitpunkt der Übertragung im Empfangsbereich einer GSM-Basisstation befinden müssen.

Handelt es sich um eine Anwendung ähnlich der Fahrzeugortung, bei der die Zentrale versucht, eine Verbindung zum mobilen Teilnehmer aufzubauen, so wird klar, daß das Zusammenspiel nur dann klappt, wenn sich das Fahrzeug genau zu diesem Zeitpunkt im GSM-Empfangsbereich befindet. Das Zustandekommen einer Verbindung ist also aus verständlichen Gründen nicht immer gewährleistet.

Stellt man o.a. SMS gegenüber, so muß sich bestenfalls der absendende Teilnehmer im Empfangsbereich befinden bzw. kann die Nachricht jederzeit von der Zentrale abgesetzt werden. Der mobile Teilnehmer muß sich also nicht zeitgleich im Netz befinden und erhält die Nachricht in jedem Fall dann zugestellt, wenn er wieder eingebucht ist.

Steht die Möglichkeit der asynchronen Versand- bzw. Zustellmöglichkeit nicht im Vordergrund, so kann es die Datenmenge sein: 140 Bytes - oder darf es etwas weniger sein? Status- und Positionsmeldungen inklusive Zeit, Richtung, Geschwindigkeit und sogar aller Satellitentrackingzustände kommen in jedem Fall mit dem Dateninhalt einer SMS aus. Würde es sich um die Übermittlung komplexer Aufträge oder Firmendaten handeln, so müßte man auf reine Datenübertragung aufbauen. Die Vielzahl der Anwendungen gerade im Ortungsbereich verwendet aber bewährtes SMS.

Auch die Kohle muß stimmen: Neben der Datenmenge wären da noch die Kosten. Bei SMS kann man mit fixen Kosten/Nachricht rechnen und erhält keine Roamingaufschläge. Wieder auf eine kleine Fahrzeugflotte und damit auf zumindest 20 oder mehr SIM-Karten umgemünzt, bieten manche Netzbetreiber mengenabhängige Vergünstigungen an. Dies kann sich derart gestalten, daß alle SMS aller im Einsatz befindlichen SIM-Karten innerhalb einer Rechnungsperiode summiert werden und entsprechend günstig ausfallen können.

Schlußwort:

Wenn es wider Erwarten doch um Übermittlung von Menüs dieser Woche geht, so sollte SMS nicht als Allheilmittel betrachtet werden, denn schließlich wollen Sie ja auch den persönlichen Kontakt via "GSM-Sprachdienst" zu Ihrer Frau/Freundin pflegen. Vielleicht wäre es aber für den Wirt Ihres Stammlokals sinnvoll, Ihnen den Abruf eines Menüs per Handy zu ermöglichen. Die Messaging-Software erlaubt nämlich auch, vordefinierte SMS-Nachrichten automatisch auf Abruf zu übermitteln - schließlich hat nicht jeder von überall Zugriff aufs Internet, ein Handy hat man aber immer dabei! Und über die Tischreservierung per Rückantwort freut sich der Wirt als tüchtiger Geschäftsmann sicher.

Werner Oberegger,
COMMUNICATION & NAVIGATION,
Badstraße 9,
A-4710 Grieskirchen




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