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Artikel aus Mobile Times 24

Konvergenz

Neue Freiheit - neue Probleme

Nach dem Vorbild der Telekommunikationsliberalisierung sollen auch andere Kommunikationsmedien weniger reguliert werden. Dies ist jedenfalls die entschlossene Absicht von EU-Kommissär Martin Bangemann.


Die Kommunikationsbranche durchlebt momentan einen großen Umbruch. Konnte man früher noch von verschiedenen Sparten sprechen, so vermischt sich jetzt alles: Telefon, Computer, Fernsehen seien stellvertretend genannt. Das Internet war sicher der Faktor, der die große Veränderung auslöste. Weltumspannend wie kein anderes Medium hebelte es alte Grenzen, Gesetze und Gewohnheiten aus. Die vielbeschworene Globalisierung wäre ohne globales Medium sicher nicht so rasch vorangegangen. Sind zwar erst wenige Prozent der Weltbevölkerung wirklich online, so ist es sicher die wirtschaftliche und geistige Elite der Welt. Schließlich wurde das Internet von den Universitäten zu dem Medium gemacht, an dem man heute teilhaben muß, um erfolgreich zu bleiben. Nicht zufällig fördert die öffentliche Hand den Zugang zum Internet für jedermann. So ist auch die Wiener Stadträtin Brigitte Ederer ganz stolz darauf, daß in Kürze alle Wiener Schulen mit Internetzugängen ausgestattet sind. Ein EU-weites Schulnetz mit eigenen Seiten für Schüler und Lehrer wurde eingerichtet, indem viele bestehende kleine Netze zu einem großen verknüpft wurden.

Förderung ist gut - Kontrolle ist besser.

So positiv die Förderung des Internet durch die Politik gesehen werden kann, so rasch stellt man fest, daß die Politik mit den Folgen der großen Freiheit Internet noch nicht wirklich umgehen kann. Der Verlust an Macht läßt jeden Staatenlenker erschauern, und im Innersten überlegen sie sicher fieberhaft, wie sie dieses offene Medium wieder fest in ihre Gewalt bekommen. Regulationsmechanismen müssen her, und dem Bürger darf nur das Richtige, Gute vorgesetzt werden. Das ist eine Meinung, wie sie z.B. vom Medien-Staatssekretär Wittmann vertreten wird. Für Offenheit als neuen Wertmaßstab plädiert die andere Seite, vertreten vom EU-Kommissar Bangemann, der schon bei der Telekommunikationsliberalisierung die richtigen Weichen für den Standort Europa gestellt hat. Nach dem Motto "Nur soviel Regulation wie nötig, um einen fairen Wettbewerb und die Einhaltung der Gesetze, die auch off-line gelten, zu gewährleisten" möchte er auch weiterhin Europa an die Spitze hieven. Im Telekom-Bereich ist es ja dank Liberalisierung gelungen, die Führerschaft zu erlangen. Die europäischen Firmen Nokia und Ericsson haben den amerikanischen Multi Motorola heuer weltweit überholt.

Alles wächst zusammen

Schon über vier Jahre arbeitet die EU-Kommission am Thema Konvergenz und hat mit dem "Greenpaper" das Problem und mögliche Lösungen umrissen. Das Hauptproblem, das gelöst werden muß, heißt öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Hier ist der politische Widerstand am größten, wie es ja auch an der österreichischen Praxis leicht nachvollziehbar ist. Aber wie ist Gebührenpflicht noch definierbar, wenn das TV-Programm auch via Computer empfangbar ist? Und wie geht man mit Datenübertragung um, die nun auch TV-Anstalten in ihrem System anbieten können als sogenannte "neue Geschäftsfelder"? Sie stehen dabei in unmittelbarer Konkurrenz zu privaten Anbietern, die keine öffentlichen Gelder oder "Zwangsgebühren" erhalten. In einem Jahr sollen diese Probleme gelöst sein, erwartet Kommissar Bangemann. Die heiße Phase der Entscheidungsfindung hat in Wien bei einer EU-Konferenz am 3. November begonnen. Diplomatisch wie ein EU-Kommissar zu sein hat, hat sich Bangemann nicht festgelegt, was wann und wie zu geschehen hat. Aber er kämpft mit Energie für die Wahlfreiheit der Bürger und einen konkurrenzfähigen Wirtschaftsstandort Europa.




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