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Artikel aus Mobile Times 28
Die paketorientierten Netze ergänzen und ersetzen im Sprachverkehr die leitungsvermitelnden Netze immer mehr. War bisher den paketoreintierten Netzen der Datendienst vorbehalten, so erobern sie sich nun auch die Sprache. Ein echtes Multimedianetz ist im Enstehen, das etwa Videoconferencing zu einem selbstverständlichen Vorgang machen wird.
Das Internet als das paketorientierte Netz schlechthin wird das klassische Festnetz nicht ablösen, sondern mit leitungsvermittelten Netzen, wozu auch der Mobilfunk zählt, verschmelzen. In Zukunft wird es für den Endanwender völlig egal sein, wie seine Kommunikation läuft: ob über Internet-Protokoll oder leitungsvermittelt. Überspitzt ausgedrückt: Er kann mittels Computer telephonieren und mit dem Telephon Daten versenden. Die Endgeräteentwicklung folgt diesem Weg. So hat Alcatel jetzt nach längerer Entwicklungszeit das Screenphone auf den Markt gebracht, ein Festnetztelephon mit Bildschirm, das einen einfachen Zugang zum Internet ermöglicht. Eine Taste wird gedrückt, und man ist drinnen! Content Provider, die Informationsdienste oder Waren anbieten (sprich Versandhandel), die dieses Terminal ihren Kunden gemeinsam mit den Dienstleistungen anbieten, werden noch gesucht.
Im mobilen Bereich sind internetfähige Handys schon state of the art: Jeder wichtige Handyhersteller entwickelt immer tauglichere Geräte, z.B. mit größerem Display, praktischer Scrolltaste. Auf der Hardwareseite zeigt sich die Rasanz der Entwicklung deutlicher, daß auch die Netzkonfigurierer auch nicht schlafen, ist für den Laien kaum erkennbar. Seit Mai 1997 arbeiten die Netzerrichter an Normen, damit die Konvergenz von Internet und Festnetz auch international funktionieren kann. In den Gremien der ITU und der europäischen ETSI formulieren Techniker die Standards, nach denen der internationale Sprach- und Datenverkehr ablaufen kann.
Das TIPHON-Projekt arbeitet nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Multimediagruppe und dem UMTS-Projekt. Alle zukünftigen Standards sollen kompatibel sein. Internet, Mobil- und Festnetz sollen im Endeffekt eine Plattform sein, über die Sprache und Daten kommuniziert werden.
Für die Herausforderung an die Technik gibt es handfeste Gründe: Die Kosten von Voice over IP, also die Sprachkommunikation über Internet-Protokoll abzuwickeln, sind niedriger als herkömmliche Festnetztelephonie. Es ist für den Kunden also billiger. Bisher mußte er für diese Geldersparnis noch Qualitätsabstriche hinnehmen. Mit den neuen Standards soll Klangklarheit ohne Zeitverzögerungen gewährleistet werden. Die Sprachpaketchen suchen sich ihren Weg, was bei den neu zu errichtenden Breitbandnetzen ohne Flaschenhälse möglich sein soll. Bei der klassischen Festnetztelephonie werden weitaus größere Kapazitäten blockiert, wenn ein Gespräch durchgeschaltet wird. Während der gesamten Verbindungsdauer sind zwei Kanäle belegt, ein fixer Hin- und ein fixer Rückkanal. Bei der IP-Telephonie sucht sich jedes Bit-Päckchen einen eigenen Weg, der gerade frei ist. Die Leitungen können also besser ausgenutzt werden, man erwartet für das gleiche Netz eine größere Zahl an zustandegekommenen Gesprächen. Der Effekt gleiche Leitungskapazität = mehr Gesprächsleistung erlaubt eine Gebührenreduktion, ein Faktor, der am freien Markt einfach sticht.
Die Realisierung ist im Gange: So hat Ericsson den Auftrag bekommen, in Spanien das erste nationale Internet-Telephonie-Netz für Sprach- und Datenverkehr zu bauen. Da eine internationale Telekommunikationsgruppe der Auftraggeber ist, nämlich Interroute Telecommuncations, dürfen die nächsten IP-Telephonie-Netze bald folgen. Netzbetreiber wie France Telekom, Deutsche Telekom, Omnitel oder Telia arbeiten gemeinsam an der internationalen Standardisierung mit den Netzerrichtern wie Cisco, 3Com, Motorola oder NEC. Insgesamt 32 Firmen trafen sich heuer beim ersten Test-Meeting des ETSI. Da auch die Telekom Austria mit ihren Töchtern Mobilkom und Datakom teilnimmt, läuft auch in Österreich schon ein Pilotprojekt namens A-Online Trial Voice, das momentan auf 200 Testkunden ausgelegt ist. Dabei wird der Highway 194 benutzt, mit Gateways in Wien, Linz, Graz und Innsbruck. Nächstes Jahr will man schon neue Dienste anbieten können. Da aber für die IP-Telephonie eigene Netze aufgebaut werden sollen, da das jetzige Internet zu viele Engpässe aufweist, werden wir hierzulande noch einige Grabungszeiten auf diese Technologie warten müssen.
Christine Köttl
Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003 Text © 1999 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times |