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Artikel aus Mobile Times 30

Gesprächsqualität hält dem Vergleich mit herkömmlichen Leitungen nicht stand:

Ist "Voice over IP" überhaupt ein Markt?

Voice over IP - die Vermittlung von Telefongesprächen über das Internet - wird als Wundermittel zur Senkung der Telefongebühren angepriesen. Aber niemand scheint es zu wollen. Warum?

Einerseits hält die Gesprächsqualität dem Vergleich mit normalen Telefongesprächen nicht stand. Denn statt eine Leitung für sich alleine zu bekommen, werden bei VoIP die Daten als Pakete transportiert. Bei der Datenübermittlung ist die Reihenfolge egal, in der die Pakete am Ziel ankommen - nur das Endresultat zählt. Bei einem Telefonat ist die Reihenfolge aber sehr wichtig. Ebenso sind "Übertragungslöcher", in denen weniger Pakete ankommen bei Datenübertragung nicht wichtig, so lange die Gesamtübertragungsrate paßt - bei einem Telefonat will man aber keine Löcher haben.

Bleiben die niedrigen Kosten, die als Argument für die schlechtere Gesprächsqualität genannt werden. Die Sprachtelefonie hat teilweise komplexe Abrechnungsmodelle, die durch die Notwendigkeit Leitungen bereit zu stellen, und die internationale Abrechnung zwischen den Telecombetreibern bedingt sind. Internet dagegen hat Preise, die niedrig und nicht entfernungsabhängig sind. Besonders bei internationalen Gesprächen ist dieser Kostenvorteil enorm.

In der Realität wiegt der Kostenvorteil nicht so schwer, denn die Kunden sind bereit ein wenig mehr zu zahlen, wenn dadurch der Komfort steigt. Privatkunden sind vor allem durch die Notwendigkeit zusätzlicher Vorwahlen und durch die Unzuverlässigkeit des Verbindungsaufbaus abgeschreckt. Auch Firmenkunden werden einen Dienst, der nicht die Zuverlässigkeit normaler Telefonie bietet, nicht für wichtige Gespräche einsetzen. Und damit bleibt VoIP ein Nischenprodukt.

Die Möglichkeit Telefondienste über Internet statt über Schaltzentren zu leiten, gebar die Idee, daß Fax als erstes diese Möglichkeit nutzen wird. Denn die Argumente, die gegen Telefonate über das Internet sprechen, treffen auf Faxe nicht zu. Wie bei Datenübertragung können hier zeitlich verschobene Pakete beim Empfänger problemlos neu geordnet werden, und auch die Übertragungsrate ist beim Fax nur insgesamt interessant, und nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Dennoch ist aus der angesagten Revolution nichts geworden. Bis jetzt hat noch kein Provider mit IP Fax das große Geschäft gemacht, und den leicht zurückgehenden Zahlen an herkömmlichen Faxen steht keine entsprechende Zunahme an IP Faxen gegenüber. Vielmehr ist diese Abnahme durch die Zunahme an E-Mails bedingt, die ja nicht nur große Textmengen viel rascher als Fax übertragen können, da sie Text als Text, und nicht als Bild behandeln, sondern auch viel besser in die Computerlandschaft moderner Büros hineinpassen.

Auch bei internationalen Gesprächen wird VoIP keine große Furore machen können. Denn genauso wie Fax nicht durch IP Fax sondern durch E-Mail abgelöst wird, so wird Telefonie nicht von VoIP sondern alternativen Netzbetreibern abgelöst, die nicht nur Preisvorteile wie Voice over IP bieten, sondern außerdem noch die selbe Gesprächsqualität wie unser gutes altes Telefon - ganz einfach weil es Telefon ist.

Krishna Rao,
Tel.: +44-171-316 0001, Fax: +44-171-316 0002,
E-Mail: krao@datamonitor.com.




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