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Artikel aus Mobile Times 34

Vom Haus der nahen Zukunft

Mehr als Design

Stromführende Tischtücher, verrottbare Urnen, gläserne Toaster und ein ausklappbarer Anhänger für den Smart - all das haben Designer sich schon ausgedacht. Aus diesen Ideenpools schöpfen die Hersteller, um uns mit neuen Geräten für jede Lebenslage zu beglücken.


Das vernetzte Haus ist Entwicklungsobjekt vieler Firmen, sei es Bill Gates von Microsoft, der vom internetgesteuerten Haus träumt, sei es der Netzwerkspezialist Cisco, der kürzlich ein total ver(inter)netztes Modellhaus präsentiert hat: Der mittlerweile berühmte Mikrowellenherd mit Internetanschluß ist nur ein bescheidener Anfang, selbst die Kleidung soll internetfähig und damit intelligent werden. Jedes Ding soll kommunikationsfähig, informationsvermittelnd und womöglich noch unterhaltend werden.

Es muß nicht immer ein intelligenter Chip sein, der all diese Wunderwerke vollbringt. Neue Materialien können ebenfalls tolle Wirkungen hervorbringen. Die Frage ist aber, was wird der Lebensstil der Zukunft erfordern, was werden die Leute brauchen, was werden sie auch kaufen?

Wer sich am besten in die Zukunft hineindenken kann, wird uns schon heute zeigen, was morgen in ist. Neue Techniken und neue Werkstoffe sind Herausforderungen für die Entwickler, der wesentliche Prüfstein für neue Produkte ist aber das Erkennen neuer Lebensformen. Wer die menschlichen Bedürfnisse als Maßstab seiner Produkte sieht, kann nichts Falsches entwickeln.

So einfach dürfte das Zusammenspiel von gesellschaftlichen Trends und technischen Innovationen in den Forschungslabors nicht sein, sonst würden sich nicht alle großen Firmen eigene Kreativenteams halten, die sich mit Zukunftsszenarien und daraus resultierenden Zukunftsprodukten beschäftigen. Frei von den Zwängen des momentan Realisierbaren, dürfen die Designer ihren Phantasien freien Lauf lassen.

So träumten Designer bei Philips schon vor fünf Jahren von einem Notebook, das in einer zusammenfaltbaren Folie integriert ist. Noch sind wir nicht soweit, aber der Trend zu immer dünneren Notebooks ist deutlich erkennbar. Utopien als Zielvorstellungen, die es zu erreichen gilt, könnte man als Motto dieser Ideensammlungen formulieren. Philips präsentierte auch heuer wieder neue Produktideen seiner Designer. Der niederländische Konzern hat seine Designabteilung auf mehrere Länder aufgeteilt, wobei auch in Wien eine Gruppe von vierzehn Kreativen stationiert ist.

Anfänglich hat die Wiener Crew Videorekordern ihr Aussehen verpaßt, mittlerweile arbeitet sie sogar für externe Kunden. Ihren Bekanntheitsgrad in der Industriedesignszene konnte sie nochmals steigern durch einen Lehrauftrag an einer Hochschule.

Jan-Erik Baars, der Leiter der Wiener Philips-Designer wurde als Gastprofessor an der Fachhochschule für Industrial Design in Graz engagiert. Die Grazer legen Wert auf eine praxisnahe Ausbildung, daher sucht man die Zusammenarbeit mit führenden Industriedesignern. Außer von Philips hat man auch Praktiker von Sony, Porsche oder Mercedes Benz eingeladen.

Die Nähe zur industriellen Verwendbarkeit beweisen Referenzstücke der Studenten wie die kindergerechte Digitalkamera oder der Wandernavigator mit eingebauter GPS-Funktion. Das sind Produkte, bei denen man sich fragt, warum die noch nicht im Handel sind. Das sind keine Spielereien, die bei einer Leistungsschau der Fachhochschule als Studentenarbeiten gezeigt wurden, das sind verwirklichbare Produkte.

Die Seriosität der Grazer Arbeiten illustriert das Projekt "Anhänger für den Smart". Die Designer bei Mercedes waren von den Ideen so angetan, daß sie einiges davon beim Erscheinungsbild des Smart danach abändern wollen.

Die Erfindungen der Philips-Designer zum Haus der Zukunft erlauben sich mehr Freiheiten. Hier werden mögliche Szenarien gestaltet und Richtungen aufgezeigt, in die die Entwicklung vorangeht. Ein (fast) kabelloser multimedialer Haushalt schwebt den Schöpfern zukünftiger Produkte vor. Intelligente Funktionen werden in bekannte Materialien versteckt. Holz, Glas und Keramik dominieren, eingebaute Chips und Induktionsstrom verleihen den bekannten Objekten zusätzlichen Nutzen. Bequemere Arbeitsabläufe, einfacherer Informationszugriff mit fast jedem Gerät im Haus, Gesundheitskontrolle und -vorsorge sind wichtige Aspekte der Neuentwicklungen. Ständige Messung von Puls und Blutdruck mit online-Übermittlung an eine ärztliche Überwachungsstelle wurden ebenso angedacht wie ein morgendlicher Kontrollcheck mit Alarmfunktion, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

WWW ist überall

Der allgegenwärtige Internetanschluß ist das non-plus-ultra, der allen im Haushalt befindlichen Geräten Multifunktionalität gibt. Ein weiterer Schwerpunkt der Entwicklung ist die Flexibilität und Mobilität, die durch Kabellosigkeit der Geräte gewährleistet wird: Induktionsstrom oder auch Funk werden die Verbindung herstellen. Es genügt, daß das Tischtuch Strom bezieht, Warmhalteplatten, Tischlampen und Fonduetöpfe beziehen ihre Energieversorgung aus dem Tischtuch. Und dieses Super-Leinentuch soll ganz normal waschbar sein! Klingt auch so manches nach fernen Utopien, einiges werden wir bald im Kaufhausregal erstehen können.

Christine Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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