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Artikel aus Mobile Times 35

Pioneer 10

Still going strong

Der Mai 2000 war für die gesamte Raumfahrt von außergewöhnlicher Bedeutung, dennoch hat man nirgendswo davon gelesen, daß die Europäische Raumfahrtorganisation 25 Jahre alt geworden ist und Pioneer 10 noch immer seine Bahn zieht.


Das Bild oben zeigt den Blick, den die Raumsonde Pioneer 10 auf unser Sonnensystem und das Zentrum der Milchstraße hatte, als sie 6,5 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt war. Die Sonne selbst ist nur mehr ein heller Fleck. Der Blick richtet sich auf das Sternbild Skorpion.

Am 2 März 1972 - noch blickten die Menschen gebannt auf die Ergebnisse der Raumfahrt - startete Pioneer zum Jupiter. Projektleiter war Charles Hall, der am 26 August 1999 gestorben ist. Aber - und das ist das Faszinierende an Pioneer 10 - seine Sonde funktioniert auch 28 Jahre nach ihrem Start und mehr als zehn Milliarden Kilometer von der Erde entfernt noch immer und sendet weiter Daten von Ihrer Reise in der allgemeinen Richtung auf den Stern Aldebaran (das rote Auge des Sternbilds Stier). Diese Gegend wird sie in mehr als zwei Millionen Jahren erreichen. Damit ist die Reise aber noch nicht zu Ende, denn Pioneer 10 wird sich für Milliarden von Jahren in einem galaktischen Orbit befinden, der sie von der Sonne mit einer konstanten Geschwindigkeit von zwölf Kilometer in der Sekunde wegführt. Aber noch 126.000 Jahre lang wird Pioneer 10 im Gravitationsfeld der Sonne fliegen, denn so weit reicht die Schwerkraft unserer Sonne.

Pioneer 10 ist ein außergewöhnliches Raumfahrzeug. Nicht nur, daß es auch heute noch von der Erde aus gesteuert werden kann und damit sogar das politisch vorgegebene Ende überlebt hat: Der 31. März 1997 war das endgültige offizielle Missionsende, aber es wurde gestattet, daß Pioneer 10 als Teil des Trainingsprogramms der Lunar Prospector Mission weiter gesteuert werden durfte, wenn dadurch nicht andere NASA-Missionen beeinträchtigt werden. Damit wurde Pioneer 10 auf stark reduziertem Level weitergeführt.

Das Gerät ist trotz aller Sparmaßnahmen so etwas wie ein amerikanisches Nationalheiligtum geworden, denn schon 1974 kam eine Briefmarke mit Pioneer 10 heraus und im vergangenen Jahr setzte das United States Post Office dem Raumfahrzeug erneut ein Denkmal in Form einer Sonderbriefmarke, die in der Serie der 15 "Ikonen" der siebziger Jahre enthalten ist. Die Serie ist selbst wieder ein Teil einer "Jahrhundertserie", in der die wichtigsten Entwicklungen, die im zwanzigsten Jahrhundert stattgefunden haben, dargestellt werden.

Die Pioneer-Serie wurde erstmals 1958 gestartet. Mit der 1. Sonde dieses Namens konnte die Ausdehnung des irdischen Strahlungsgürtels gemessen werden. Pioneer 3 entdeckte einen zweiten Strahlungsgürtel rund um die Erde und Pioneer 4 war das erste US-Raumfahrzeug, das der Erdanziehung entfliehen konnte (die sowjetische Sonde Luna 1 war Wochen früher dran) und Meßdaten über die Strahlungsverhältnisse um den Mond lieferte. Pioneer 5 lieferte 106 Tage lang Daten zur Erstellung der ersten Karte des interplanetarischen Magnetfeldes. Die frühen Pioneer-Sonden hatten viele neue Fragen aufgeworfen und so wurde die nächste Serie (Pioneer 6 - 9) darauf ausgelegt, detaillierte Messungen über den Sonnenwind, das Magnetfeld der Sonne und kosmische Strahlungen zu machen. Diese Serie vermaß im wesentlichen den Bereich zwischen Venus, Erde und Mars.

Die letzten drei Pioneers (10 - 12) steuerten bereits Planeten an: Pioneer 10 startete 1972, führte Ende 1973 Messungen im Bereich des Jupiters durch - daher auch die Briefmarkenmotive - und kreuzte 1984/85 die Bahn des Pluto. Pioneer 11 flog ebenfalls zum Jupiter, aber dann auch weiter zum Saturn. Auch Pioneer 11 verließ das Sonnensystem, nur ist die Kommunikation bereits im November 1995 abgebrochen. Pioneer 10 aber - die Sonde mit der Nachricht an mögliche Außerirdische - lebt weiter und transportiert ihre Nachricht über unsere Existenz in die Tiefen des Weltalls.

fak


PIONEER 10 STATUS UPDATE
1 Juni 2000

Pioneer 10, gestartet am 1. März 1972
Entfernung von der Sonne: 75,32 AE
Geschwindigkeit relativ zur Sonne: 12,24 km/sek
Entfernung von der Erde: 11,41 Milliarden Kilometer, d. h. das Licht braucht 21 Stunden 08 Minuten von Pioneer zur Erde.

Aktueller Tracking Report:

Von Deep Space Station (DSS) 63 in Madrid, Spanien
Raumfahrzeug: 23 [Pioneer 10]
Trackingdatum: 3/21/00 Day of Year (DOY)=081
Beginning of Track (BOT) = 21:15 (Universal Coordinated Time) End of Track (EOT) = 23:50
Zustand des Raumfahrzeuges: Wärme, Leistung, Funksysteme und wissenschaftliche Systeme sind alle auf Nominalwerten.
Die Radioisotop-thermoelektrischen Generatoren (RTGs) liefern weiter ausreichend Energie für die Ausrüstung des Raumfahrzeuges mit Sender, Empfänger, Steuer- und Datensystemen sowie das wissenschaftliche Geiger-Röhren-Teleskop (Geiger Tube Telescope GTT). Die RTGs liefern gegenwärtig etwa 65 Watt Leistung, was rund 42 % der beim Start gelieferten 155 Watt entspricht.
Das wissenschaftliche Instrument und der Sender werden jeweils abgeschaltet, um genügend Energie für die zweimal im Jahr durchgeführte Kursanpassungen zu sammeln. Diese Kurskorrekturen sorgen dafür, daß die Antennen von Pioneer 10 auf die Erde gerichtet bleiben. Das letzte derartige Manöver wurde vom 11. auf den 12. Februar 2000 erfolgreich durchgeführt.
Die Spannung des Gerätebusses beträgt konstante 27 Volt, der Bus-Strom ca. 1,3 Ampere.
Die Temperatur der Plattform liegt weiterhin bei -41° Fahrenheit. Die Grenzen innerhalb derer ein Betrieb möglich ist, liegen zwischen -63° und +180° Fahrenheit.
Das Deep Space Network (DSN) liefert noch immer gute Daten, obwohl das empfangene Signal nur -178 dBm beträgt und der Schwellenwert des Empfängers bei -180 dBm liegt. Das wird wohl auch der endgültige Grund sein, warum das DSN irgendwann einmal keine Daten mehr liefern und keine Kurskorrekturen mehr durchführen kann: der laufend schrumpfende Abstand zwischen Signal und Rauschen wird langsam zu klein.
Der Bericht von Ric Campo, dem Pioneer Operations Supervisor bzw. Larry Lasher, dem Pioneer Project Manager ist allerdings optimistisch, daß man vielleicht sogar noch in einem Jahr mit Pioneer 10, dem irdischen Veteranen im All wird arbeiten können - obwohl das Aufrechterhalten des Kontakts eine echte Herausforderung sein wird.




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