Mobile Times PC auf vier Rädern
Startseite : Services : Stories : PC auf vier Rädern

Uwe Dormann, Inperio Systems
Uwe Dormann, Inperio Systems

Über PC im Auto ist schon viel geredet und vielleicht noch mehr geschrieben worden. Nun dürfte es aber Ernst werden, denn die bayrische Firma EEPD (Electronic Production and Distribution) bzw. ihre jüngere Schwester Inperio Systems hat jetzt mit dem Envader Mobile II den weltweit ersten serienreifen Car-PC vorgestellt, der die bekannte Standardarchitektur in das rollende Gefährt integrieren kann.
    Dass es sich wirklich um eine weltweite Neuheit handelt, die von der ziemlich unbekannten Firma aus Oberbayern vorgestellt wurde, erkennt man schon daran, dass zu den Sponsoren der Vorstellung Branchenschwergewichte wie Microsoft und Intel, aber auch Hewlett Packard, Navigon, der Elektronikhandelsriese Medion und andere gehörten.
    Im ersten Moment scheint ein PC im Auto ja nichts Besonderes zu sein, denn die bekannten Navigationssysteme und auch die früheren Bordcomputer waren ja eine Art von persönlichem Computer. Hier aber handelt es sich tatsächlich um einen vollwertigen Windows-PC, der im Auto eingebaut ist. Welche Probleme dabei zu lösen sind, ist leicht aufgezählt:

Platz
Die Platzprobleme sind relativ leicht einsichtig: Autos sind heute sehr kompakt gebaut und ungenützter Raum praktisch nicht vorhanden. Einziger Standardplatz ist der bekannte Radioeinschub 1-DIN (17,80 × 5,02 × 16,24 cm), der aber oft schon durch ein Autoradio belegt ist. Dann bleibt meist nur der Verbau des PC im Handschuhfach - was auch nicht immer Freude macht.

Mechanik
Mechanische Probleme ergeben sich schon daraus, dass Autos nicht ruhig stehen, sondern über gelegentlich auch holprige Strassen fahren. Dazu kommen die unvermeidlichen Vibrationen, Schocks durch plötzliches Bremsen, allenfalls auch Zusammenstösse und schliesslich soll das Gerät auch in der Autowerkstatt überleben, muss also Falltests auf Beton aushalten.

Klima
Das die Temperaturen in Autos höher werden können als im Wohnzimmer oder Garten ist jedem Autobesitzer, der seinen Wagen einmal in der Sonne stehen gelassen hat, bekannt. Während ein normaler PC auf eine Temperaturbandbreite von -40°C bis +50°C ausgelegt sein sollte, muss der Car-PC in einem Bereich zwischen -40°C und +80°C einwandfrei funktionieren. Diese Temperaturunterschiede müssen dazu noch schnell verkraftet werden, denn wenn das Auto in der Sonne gestanden ist und die Innentemperatur entsprechend hoch gestiegen ist, wird im Normalfall die Klimaanlage angeworfen und die Raumtemperatur sehr rasch heruntergekühlt. Der Car-PC muss also auch Temperaturschocks aushalten. Dazu kommt, dass die Luftfeuchtigkeit sehr stark variieren kann.

Elektrik
Was wenige Autobesitzer wissen ist, dass die Spannung, die an das Bordnetz geliefert wird, zwischen sechs und 18 Volt schwanken kann. Im Extremfalls - wenn die Batterieklemmen nicht gut sitzen - kann es zum so genannten «Load Dump Verhalten» kommen. Das heisst, der Laderegler bekommt die Information, dass der Akku leer ist und regelt auf Maximum, um ihn möglichst rasch wieder zu laden. Dabei kann laut EEPD die Spannung sogar bis auf 20 Volt steigen, um, wenn der Kontakt kurzfristig wieder hergestellt ist, ebenso rasch wieder abzufallen. Schliesslich muss man auch noch dafür sorgen, dass der Ruhestrom des Car-PC möglichst gering ist, damit im Ruhezustand nicht der Akku geleert wird.

Bildschirm des Envader in der Sitzlehne
Bildschirm des Envader in der Sitzlehne

Trotzdem «normal»
Trotz aller dieser geradezu brutalen Vorgaben kommt aus der Sicht des Benutzers ein ganz normaler PC heraus. Basis ist eine CPU von Intel (650 MHz) und 512 MB RAM. Die Festplatte fasst bis zu 40 GB und als Betriebssystem kommt Windows XP zum Einsatz. Im Gerät selbst findet sich noch ein DVD Laufwerk. Das Basissystem hat auch zwei USB-Anschlüsse und einen digitalen Tonausgang zum Anschluss an ein externes Verstärkersystem. Vorbereitet ist die Verwendung gängiger Office Programme und die Integration eines DVB-T Empfängers für digitales Fernsehen.
    Die Leiterplatten kommen übrigens von der österreichischen Firma Häusermann aus dem niederösterreichischen Gars am Kamp.

Spezialitäten
Die Verbindung zwischen Monitor (bzw. Monitoren) und PC erfolgt aber über eine eigens entwickelte Schnittstelle «Envader Vision Link», die es ermöglicht über ein einziges Verbindungskabel einen intelligenten Monitor zu realisieren. Auf der Verbindung steht neben der Bild- und Versorgungsspannung ein bidirektionaler High Speed Datenkanal mit bis zu 480 Mbps zur Verfügung. Die Bildübertragung selbst wird über LVDS (Low Voltage Differential SCSI) realisiert. Das ermöglicht einen deutlich geringeren Signalpegel, als das sonst bei PC übliche FBAS (Farb-Bild-Austast-Synchron-Signal).
    Der zum System gehörende TFT Monitor Envader Vision mit einer Diagonale von sieben Zoll bietet eine Auflösung von 800 × 480 Bildpunkten. Ausserdem übernimmt das als Touchscreen ausgelegte Display, das auch über Bild- und Schnellwahltasten verfügt, die gesamte Bedienerführung. Zusätzlich finden sich im Monitor Slots für CompactFlash und SD/MMC sowie eine USB Schnittstelle.
    An Verbindungsmöglichkeiten bietet der Car-PC WLAN und Bluetooth. Sinnvoll wäre es etwa daheim die Verbindung zwischen dem Auto in der Garage und dem PC im Haus über WLAN herzustellen. Ist man dann unterwegs und braucht eine Internetverbindung, verbindet man den Car-PC über Bluetooth mit dem Handy und ist so ebenfalls mit der Welt verbunden.

Multimediazentrale
Der Car-PC ist im Wesentlichen eine Multimediazentrale und gleichzeitig ein Multiuser-PC, denn die Passagiere können auf ihren Displays - so vorhanden - ganz andere Anwendungen laufen lassen, als etwa der Fahrer. Kinder am Rücksitz könnten jedes für sich ein Computerspiel spielen und die Person am Beifahrersitz ein Video anschauen. Der Fahrer ist allerdings gezwungen, sich auf das Fahren zu konzentrieren: Auf dem Hauptdisplay im Cockpit des Fahrzeugs können nur Anwendungen laufen, die kein Sicherheitsrisiko darstellen. Der Zugriff auf Applikationen Videos oder E-Mails wird so lange blockiert, wie das Navigationssystem eine Fahrsituation erkennt. Dafür stehen dem Fahrer zentrale Funktionen wie die Navigation oder Audiowiedergabe konstant zur Verfügung. Im Bereich der Navigationssoftware setzt der Hersteller dabei auf etablierte Lösungen von Navigon und Map&Guide.

Verfügbarkeit
Ab Herbst wird der Envader Mobile II im Fachhandel verfügbar sein. Je nach Ausbaustufe wird das System für Endkunden zwischen ungefähr 1.500 und 2.500 Euro kosten. Der Einbau kommt dann natürlich noch dazu. Für den Vertrieb hat sich Inperio bzw. EEPD die in Europa, Nordamerika und Australien tätige Medion AG angelacht, die Kfz-Werkstätten und andere Vertriebsschienen bearbeiten wird

http://www.eepd.com/
http://www.haeusermann.co.at/
http://www.inperio.com/
http://www.intel.com/
http://www.mapandguide.de/
http://www.medion.com/
http://www.microsoft.com/
http://www.navigon.de/




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 22. August 2005
© 2005 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!