Mobile Times Artikel aus Mobile Times 1
Startseite : Archiv : Heft 1 : Artikel

Entweder man hat es oder man braucht es ...

Dem D-Netztelefonierer ist der nationale Rahmen längst viel zu eng geworden. Vielen geschäftigen Managern drohte die Telefonierhand auf den zahlreichen Geschäftsreisen zu verkümmern. Nun hat's ein End' mit der Not, GSM - das paneuropäische Mobilfunknetz nimmt allmählich Gestalt an.


So wie in Österreich sind in ganz Europa zur Zeit die unterschiedlichsten Mobilfunksysteme im Einsatz. Alle Systeme haben gemeinsam, daß die Teilnehmer meist nur im eigenen Land oder innerhalb weniger Länder mit ihrem mobilen Gerät telefonieren können. Aufgrund dieser Systemvielfalt wurde bereits Anfang der achtziger Jahre von Deutschland und Frankreich eine Initiative zur Entwicklung eines europäischen Mobilfunksystems gestartet.
    Dies führte im Jahre 1982 zur Gründung der "Groupe Special Mobile" zur Koordinierung und Festlegung der Standards für ein künftiges paneuropäisches Mobilfunknetz.Von dieser "Groupe Special Mobile" rührt natürlich auch das Kürzel GSM her. Damals wurde auch der Frequenzbereich mit 900 MHz festgelegt.
    1987 erfolgte die Festlegung der grundsätzlichen Systemparameter. Außerdem verpflichteten sich 14 Postverwaltungen in einem sogenannten Memorandum of Understanding (MoU) zur Einführung des paneuropäischen Mobilfunksystems entsprechend den festgelegten Standards. 1988 wurde dieses Memorandum auch von Österreich und drei weiteren Staaten unterzeichnet. Das Kürzel GSM bekam dann auch bald seine heutige Bedeutung: Global System for Mobile Communication.
    Die Ziele von GSM sind ein einheitlicher Standard von Mobilfunknetzen, eine hohe Kapazitätsausnutzung, eine sehr gute digitale Sprachqualität sowie die digitale Sprach-, Fax- und Datenübertragung. Inzwischen ist GSM nicht mehr nur ein europäisches Thema sondern hat sich weltweit verbreitet. Derzeit sind 87 Lizenzen in 51 Ländern der Erde vergeben.

Der Aufbau des GSM Netzes

Basis sind natürlich die Teilnehmergeräte bzw. die Mobilstationen. Die Teilnehmergeräte weisen gegenüber D-Netz-Geräten einen wesentlichen Unterschied auf: Bei der Anmeldung erhält der Teilnehmer ein sogenanntes "Subscriber Identity Modul" (SIM), das je nach Art des Teilnehmergerät aus einer Chipkarte in der Größe einer Scheckkarte oder einem wesentlich kleinereren Plug-in-Modul (Ausschnitt aus der SIM-Karte) besteht.
    Die SIM-Karte enthält neben persönlichen Daten wie der Teilnehmernummer, dem 4-stelligen PIN-Code und Gebühren auch netzspezifische Daten (Art des Endgeräts, Sendeleistung, implementierter Verschlüsselungalgorithmus, Nummer des ursprünglichen Registrierungsgebietes, usw.). So wird es möglich, daß z B. in Taxis Telefone installiert sind, von denen aus man auf eigene Rechnung telefonieren kann - mit der persönlichen Chipkarte.
    Kern des Systems sind die Funkzellen, die von BTS (Base Transmitter Station) genannten Basisstationen erzeugt werden. Eine Funkzelle deckt ein gewisses Gebiet ab und steht mit den Handys in diesem Bereich in Funkverbindung. Jede BTS versorgt also eine Funkzelle.
    Mehrere BTS sind mit einem Base Station Controller (BSC) verbunden. Die BSC wieder sind mit Funkvermittlungsstellen verbunden, welche für die Überleitung der Gespräche ins Drahtnetz verantwortlich sind.

Wie wird der Teilnehmer gefunden?

Jeder Basisstation sind mehrere Funkkanäle zugeordnet, wovon einer als Signalisierungskanal verwendet wird. Mehrere Basisstationen sind zu einem "Traffic Area" verbunden.
    Meist sind dies die Basisstationen, die mit einem BSC verbunden sind. Wird nun ein Gerät eingeschaltet, sucht es den am besten zu empfangenden Signalisierungskanal und hat somit die optimale Basisstation ermittelt. Nun beginnt es kurz zu senden und meldet sich damit im Netz an. Bei der angesprochenen Vermittlungsstelle werden die Gerätedaten im Visitor Location Register abgelegt und die Adresse der ensprechenden Location oder des Traffic Area im Home Location Register gespeichert.
    Ist der GSM-Benutzer in Bewegung und verläßt den Bereich einer Basisstation, so schaltet das Gerät automatisch zur nächst erreichbaren, wo das Spiel von neuem beginnt - das nennt man Roaming.
    Wird der GSM-Teilnehmer angerufen, wird zunächst das Home Location Register befragt, um seinen Standort zu ermitteln. Dabei wird aus allen Basisstationen in der dort eingetragenen Location nach dem Gerät gerufen. Sobald das GSM-Handy diesen Ruf erkennt, meldet es sich bei der aktuellen Basisstation, wonach das Gespräch vermittelt wird.
    Das paneuropäische Mobilfunknetz ist also kein eigenständiges Netz, sondern besteht aus dem Zusammenschluß vieler Netze unterschiedlicher Netzbetreiber. Daher ist es ganz besonders wichtig die genauen Spezifikationen einzuhalten, damit sie wie ein einheitliches Netz wirken können. Die Festlegung dieser Spezifikationen ist aber noch nicht abgeschlossen.
    Um trotzdem eine rasche Einführung des GSM zu ermöglichen, hat man sich auf einen internationalen Zeitplan geeinigt, der es ermöglicht, einzelne Netze zu einem späteren Zeitpunkt zu integrieren.

GSM in Österreich

Bereits im Oktober 1991 hat die österreichische Post den Startschuß für das GSM-System gegeben. Alcatel, Kapsch, Schrack und Siemens wurden mit der Errichtung eines Pilotsystems für etwa 10.000 Teilnehmer im Großraum Wien betraut.
    Anfang '94 wurde das Netz von der Post in Betrieb genommen und weiter ausgebaut. Derzeit sind neben der Bundeshauptstadt Wien auch alle österreichischen Großstädte und der größte Teil der Hauptverkehrsstrecken abgedeckt. Seit Dezember 1994 ist das österreichische E-Netz ein völlig regulärer Dienst und hat das Pilotstadium verlassen. Ab etwa Anfang bis Mitte 1996 soll laut Absicht der Post ein mit dem D-Netz vergleichbarer Versorgungsgrad erreicht werden.

SIM-Karte

Für den Betrieb der Geräte wird dem Eigentümer von der Post eine scheckkartengroße SIM-Karte zur Verfügung gestellt. Mit ihr wird das Gerät aktiviert. Sie besitzt eine begrenzte Geltungsdauer und wird ähnlich den Kreditkarten in regelmäßigen Abständen neu aufgelegt.
    Damit nicht jedermann beliebig mit dem GSM-Handy telefonieren kann, ist es mit einem vierstelligen PIN-Code gesichert, der vor der Inbetriebnahme eingegeben werden muß. Dreimal darf man sich vertippen, dann ist das Gerät gesperrt und erst wieder mit dem achtstelligen PUK (Personal-Unblock-Code) aktivierbar. Beide Codes werden dem Teilnehmer von der Post mitgeteilt.

Anmeldung

Die Anmeldung der Geräte erfolgt seit Ende '94 nicht mehr ausschließlich beim Fernmeldetechnischen Dienst Wien, sondern kann jetzt auch bei allen regionalen Funktechnischen Diensten der Post erfolgen (Einfaches Anmeldeformular genügt). Danach wird die Rufnummer (0664 + siebenstellige Nummer) zugeteilt und die SIM-Karte übermittelt. Nun steht dem fast grenzenlosen Kommunizieren nichts mehr im Wege.

Kosten im Inland ...

Für das in Österreich E-Netz genannte GSM wird eine monatliche Grundgebühr von öS 390,- und eine einmalige Anschlußgebühr von öS 450,- in Rechnung gestellt. Die Gesprächsminute kostet von Montag bis Freitag zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr öS 5,33 und in der übrigen Zeit öS 3,33.
    Dabei werden nur aktive Kosten verrechnet, der Gesprächsempfang ist im Gegensatz zum D-Netz beim E-Netz gebührenfrei. Nur erreichbar zu sein, ist im GSM also ausgesprochen preisgünstig.
    Teuer wird es allerdings, wenn man sein GSM-Handy international einsetzen will.

... und im Ausland

Grundsätzlich werden jene Gebühren verrechnet, die im jeweiligen Aufenthaltsgebiet für die "Homer" gelten. In den "Roaming"-Verträgen sind aber unterschiedliche Zuschläge der Netzbetreiber zu berücksichtigen.
    Kompliziert wird es aber, wenn man beispielsweise als Österreicher im Ausland mit dem Austro-GSM unterwegs ist. Im Ausland kommt für nämlich dortige Inlandsgespräche für österreichische SIM-Karten neben dem GSM-Inlandstarif ein sogenannter "Home Markup" und außerdem ein "Visitor Markup" zur Anwendung. Diese "Markups" sind ganz einfach Zuschläge, die auf die Gesprächsgebühren erhoben werden.
    Die gleichen Regeln gelten selbstverständlich auch in Österreich für "Netzfremde". Das ist der Grund, warum man sich den Erwerb einer der relativ "billigen" deutschen SIM-Karten genau überlegen sollte, denn alle österreichischen Inlandsgespräche werden dann zu Auslandsgesprächen mit allen finanziellen Konsequenzen - für den Anrufer und für den Angerufenen.

Roman F. Mörtel/fak




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
Text © 1995 by Mobile Times; HTML © 2000-2007 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!