Mobile Times Artikel aus Mobile Times 1
Startseite : Archiv : Heft 1 : Artikel

Die Entwicklung der Mobilfunknetze in Österreich:

Von NMT zu GSM

Die rasanten Wachstumsraten in der mobilen Kommunikation sind allgemein bekannt. Der Umstieg auf GSM ist derzeit wenigstens bei Interessierten das Gesprächsthema Nummer Eins.
    Wie es dazu kam und wo die Unterschiede liegen, beschreibt MOBILE TIMES auf den folgenden Seiten.In Österreich wurden die diversen Funknetze von allem Anfang an mit Buchstaben bezeichnet. Das erste war das B-Netz, dann kamen C- und D-Netz und das GSM heißt daher logisch E-Netz. Das betrifft natürlich nur die Bezeichnungen, die die österreichische Post verwendet. Sobald ein zweiter Netzbetreiber in Österreich in Konkurrenz zur Post treten darf, wird er sicher seine eigene Bezeichnung wählen.

B-Netz

Im Anfang war der öffentliche bewegliche Landfunkdienst, der in Österreich 1974 in Betrieb gegangen ist. Wenn man so einen mobilen Teilnehmer - und er mußte im wahrsten Sinne des Wortes mobil sein, denn ohne Auto war die Mobilfunkkiste kaum zu transportieren - erreichen wollte, dann mußte man wenigstens wissen, im Sendebereich welcher Funkstation er sich gerade befand. Zuerst mußte man nämlich die zuständige Funkstation anrufen und konnte erst dann den Teilnehmer selbst wählen. Wechselte der mobile Teilnehmer den Senderbereich, dann war das Gespräch zu Ende und mußte neu aufgebaut werden, denn das heute gewohnte "Handover" zwischen den verschiedenen Funkbasen gab es damals noch nicht. "Damals" ist eigentlich falsch, denn nach wie vor gibt es einige hundert Teilnehmer im B-Netz. Der Vorteil für sie liegt darin, daß man als B-Netz-Anwender auch in Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden erreichbar bleibt.

C-Netz

Ab Oktober 1984 ging das erste "richtige" Mobilfunknetz nach heutigen Maßstäben, das C-Netz, in Betrieb. Dieses Netz beruht auf dem skandinavischen Standard NMT (Nordic Mobile Telephone) bzw. NMT-450 (450 weil ungefähr im Frequenzbereich von 450 Mhz). Der wesentlicher Unterschied zum B-Netz besteht in der Möglichkeit, Teilnehmer im gesamten Bundesgebiet anzurufen, ohne zu wissen, wo sie sich gerade aufhalten. Möglich wird das durch das sogenannte "Handover", was nichts anderes bedeutet, als daß jetzt die einzelnen Sendestationen im Zusammenwirken mit dem Telefon dafür sorgen, daß der Teilnehmer automatisch von Funkbereich zu Funkbereich weiter gegeben wird, ohne daß er etwas davon merkt.

D-Netz

Die Entwicklung der Teilnehmerzahlen war so rasant, daß die Post bald vor der Frage stand, wie sie die zunehmende Nachfrage abdecken sollte. Auf Basis des sogenannten Extended Total Access Communication Systems (ETACS) wurde im September 1990 das D-Netz in Betrieb genommen. Dieses Netz arbeitet im Frequenzbereich um etwa 900 Mhz. Seine Kapazität beträgt etwa 250.000 Teilnehmer. Im Unterschied zum C-Netz gab es für das D-Netz sehr bald richtige "Handys" - die Zeit der mobilen Koffer ging zu Ende. Aber auch die Kapazität des D-Netzes näherte sich ihren Grenzen. Zum Glück war inzwischen das europäische Einheitssystem GSM soweit, daß man wenigstens ein Telefonnetz starten konnte - von der geplanten Daten- und Faxübertragung war am Anfang noch nicht die Rede.

E-Netz

Seit Ende 1994 hat die Post den vollen Regelbetrieb des europäischen "Global System for Mobile Communication" aufgenommen. Man rechnet - je nachdem, ob Optimisten oder Pessimisten schätzen -, daß in den nächsten fünf Jahren zwischen 550.000 und 750.000 Österreicher zum GSM-Telefon greifen werden.
    Abgesehen davon, daß das GSM die Signale nicht mehr analog wie alle Vorgängersysteme überträgt, sondern digital, ermöglicht es auch dem Teilnehmer, in allen Ländern, die sich an dem System beteiligen, sein Gerät einzusetzen.
    Das betrifft aber nicht die Nummer! Das auf einer sogenannten SIM-Karte gespeicherte Teilnehmerverhältnis darf nur in jenen Gebieten eingesetzt werden, mit deren Netzbetreibern der Aussteller dieser Karte einen aufrechten Roaming-Vertrag hat.
    Bevor wir uns aber intensiver mit dem GSM beschäftigen, wollen wir noch einmal die europäische Entwicklung Revue passieren lassen, denn wenn wir ehrlich sind, wurde die rasche Einführung von GSM auch durch nationale Eifersüchteleien und Besserwisserei notwendig.
    Das verbreitetste System ist derzeit noch TACS (Total Access Communication System) bzw. ETACS (Extended TACS), das in Großbritannien, Italien, Irland, Malta, Österreich (D-Netz) und Spanien verwendet wird. An zweiter Stelle folgen die beiden NMT (Nordic Mobile Telephone), die vor allem in Skandinavien (Dänemark, Färöer Inseln, Finnland, Grönland, Norwegen und Schweden) aber darüber hinaus auch in Andorra, Belgien, Estland, den Niederlanden, in Litauen, Luxemburg, Österreich (C-Netz), Polen, Rußland, der Schweiz, in Slowenien, Spanien und in der Türkei ihr Verbreitungsgebiet haben.
    Die Skandinavier haben als einzige wirklich vorgeführt, daß auch mit den analogen Standards der grenzüberschreitende Einsatz von Mobiltelefonen - das sogenannte Roaming - möglich ist.
    In einigen europäischen Ländern gibt es sogar rein nationale Standards, wie etwa in Frankreich, wo es die Systeme RC-2000 und die lokale NMT-Abart NMT-F gibt. Auch Deutschland hat analog ein eigenes Süppchen gekocht und den C-450-Standard eingeführt, den es sonst nur in Portugal gibt. Selbst in Schweden gab es mit Comvic ein eigenes System.
    Natürlich gibt es außerhalb Europas noch weitere Mobiltelefonstandards auf analoger Basis. Das weltweit größte Analognetz ist übrigens das AMPS (Advanced Mobile Phone System) in den USA.

Wirtschaftliches

GSM hat der europäischen Nachrichtenindustrie einen gewaltigen Schub gegeben. Seit langem führt Europa erstmals wieder in einer zukunftsträchtigen Technologie. Zwar kämpfen Amerikaner und Japaner nicht ganz auf verlorenem Posten, doch hat sich in Europa niemand für diese Systeme entschieden, während in Asien und Australien mehr und mehr Leistungsanbieter auch auf GSM setzen. Selbst in den USA haben sich mindestens zwei Anbieter für GSM entschieden. Motorola plant für sein weltweites Satellitensystem Iridium ebenfalls GSM einzusetzen.

Technisches

Für technisch Interessierte haben wir auf der nächsten Seite die wichtigsten technischen Daten des GSM zusammengestellt. Was aber auch für den einfachen Anwender interessant sein dürfte, ist die Einteilung der Sendegeräte in fünf Klassen entsprechend ihrer Sendeleistung.
    Allgemein kann gesagt werden, daß die Erreichbarkeit des Netzes mit der Sendeleistung des Gerätes ansteigt, der Stromverbrauch aber ebenso. Handys gehören daher meist der Klasse 4 oder 5 an. Mit diesen Klassen erreicht man aufgrund ihrer geringeren Sendeleistung bei gleicher Batterieleistung eben längere Standby- und Gesprächszeiten. In der Stadt reichen diese auch meist aus.

Gebühren

Wermutstropfen in der GSM-Euphorie sind die Gebühren. Nicht die heimischen, die sind durchaus im Rahmen. Aber schon wenn man seinen Fuß über die Grenze setzt, beginnt ein Verwirrspiel von Zuschlägen, daß zwar logisch aufgebaut ist - aber das war das Labyrinth des Minotaurus auf Kreta ebenfalls. Was für den Handybesitzer noch halbwegs erträglich ist - er weiß ja, wo er ist und daher auch ungefähr, was ihn ein Anruf kostet -, kann für den Anrufer ein finanzieller Aderlaß werden:
    Stellen Sie sich vor, sie gehen auf der chinesischen Mauer spazieren; ihr GSM-Handy läutet; eine alte Freundin ruft - nicht ahnend wo Sie sich aufhalten - an, weil sie sich zu einem Plausch treffen will. Bis Sie ihr erklärt haben, wo Sie eigentlich sind, ist so mancher Schilling in den Beutel der diversen beteiligten Netzbetreiber gefallen.
    Ein Extrem - zugegeben, aber vorstellbar.
    Wichtigste Zuschläge, die es zu berücksichtigen gilt, sind die sogenannten "Markups", die noch zusätzlich zur Funkkanalgebühr und der Gesprächsgebühr für Auslandsgespräche in Rechnung gestellt werden müssen. Also Vorsicht bei Auslandsgesprächen, ohne Kenntnis der Gebühren!

Das mobile Büro

Mit GSM steht erstmals eine effiziente Möglichkeit der Datenübertragung vom Mobiltelefon zur Verfügung - bis zu 9.600 bit pro Sekunde. Mittels einer PCMCIA-Karte für den PC und der im Handy eingebaute Schnittstelle ist eine einfache Verkoppelung von Telefon und Computer möglich geworden. Technisch heißt das, daß das Schlagwort vom mobilen Büro demnächst Realität wird.
    Was das für die Arbeitswelt heißt, hat man sich noch wenig überlegt. Aber abgesehen vom Manager oder vom Außenvertreter stellt man sich derzeit noch sehr wenige Anwenderkreise vor. Dabei können mit der Kombination aus Notebook und Handy fast alle Berufe ausgestattet werden, deren Hauptaufgabe darin besteht, an einem Terminal eine Aufgabe zu erfüllen, für die sie nicht unbedingt physisch an einer ganz bestimmten Stelle anwesend sein müssen.
    Das geht zwar mit dem normalen Telefon auch, aber Notebook und Mobiltelefon erhöhen die Freiheit der Betroffenen deutlich mehr als ein fixes Heimbüro. Zudem finden Notebooks und handliche Mobiltelefone in den modernen Kleinwohnungen sicher leichter Platz als ein Desktop und eine Telefonanlage.


Analoge Mobilfunksysteme in Österreich

NameB-NetzC-NetzD-Netz
Konzept-NMT 450ETACS
Frequenzbereich (MHz)148-154461,30-465,75
451,30-455,75
917,0125-949,9875
872,0125-904,9875
Duplexabstand (MHz)4,61045
Kanalraster (kHz)2020/1025
Sendeleistung der Mobiltelefone (W)153/1,3/0,6

Technische Daten zum GSM

Frequenzbereich:890 - 915 MHz und 935 - 960 MHz
Duplexverfahren:Frequenzduplex
Duplexabstand:45 MHz
Multiplexverfahren:Zeit- und Frequenzmultiplex
Kanalraster:200 kHz
Kanalzahl:1.000 (125 Träger / 8 Zeitschlitze)
ModulationGMSK
Modulationsindex:0,3
Sprachübertragung je TDMA-Kanal13 kbit/s
Sendeleistungen der Mobiltelefone:
Klasse 120 Watt
Klasse 28 Watt
Klasse 35 Watt
Klasse 42 Watt
Klasse 50,8 Watt



MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
Text © 1995 by Mobile Times; HTML © 2000-2007 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!