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Zum Feldversuch der IBM Österreich

Telearbeit für Familienväter?

IBM Österreich führt mit 26 Mitarbeitern eine Pilotstudie durch, um die Möglichkeiten und Probleme der Telearbeit zu erproben. Die Studie soll Ende 1995 abgeschlossen werden.


Wir sind gewohnt "in die Arbeit zu gehen", denn in den eigenen vier Wänden wird nicht gearbeitet, und wenn, dann nur minderwertige Hausarbeit - brrr!
    Es war nicht immer so, wie im Vorspann festgestellt. Vor der industriellen Revolution hat der Handwerker, der Händler in seinem Wohnhaus auch die Werkstätte, das Geschäft gehabt. Arbeit und Freizeit waren weniger durch räumliche Distanz definiert, als durch inhaltliche Verschiedenheit. Familie war nicht auf den Freizeitbereich beschränkt, sondern war tatsächlich eine umfassende Lebensbasis. Wohnort bedeutete nicht Schlafstätte, sondern Lebensraum.
    Im ländlichen Raum findet man auch heute noch solche Lebensformen - Stichwort Bauernhof und seine Romantisierung durch grüne Aussteiger. Mancher Lebenskünstler im wahrsten Sinn des Wortes hat dieses Modell für sich verwirklichen können.

Neue Lebensformen

Nun erleben wir eine neue technologische Revolution, die sicher neue gesellschaftliche Lebensformen bedingen wird. Man sieht zwar den Mensch vor dem Bildschirm; vernetzt zwar mit aller Welt und doch isoliert. Der mobile Bildschirm bedeutet aber gleichzeitig einen mobilen Arbeitsplatz, der auch innerhalb der eigenen Wohnung aktiviert werden kann. Die Entfremdung von der Familie durch den Arbeitsplatz könnte so wieder aufgehoben werden.
    Mehrere Vorteile von sogenannten Telearbeitsplätzen - Bildschirmarbeit zuhause - listet eine Studie von IBM Österreich auf, die auf einen Projekt-Versuch von sechsundzwanzig Mitarbeitern, die sich freiwillig dazu gemeldet hatten, basiert. Zeitersparnis bringt der Wegfall von oft allzulangen Fahrtwegen zum und vom Firmensitz. Der wegfallende Berufsverkehr entlastet die Umwelt.

Intensiveres Familienleben

Das Familienleben wird intensiver. Nicht zufällig haben sich besonders viele Personen mit Kleinkindern zu diesem Projekt gemeldet. Die individuelle Freizeit wird größer. Die Zeiteinteilung ist flexibler - ein Morgenmuffel muß sich nicht mehr früh zur Arbeitsstelle quälen. Die Kreativität ist oft in entspannter Atmosphäre größer. Zwar muß der Wohnraum ausreichend groß sein, dafür kann das Bürohaus kleiner werden.

Identifikation mit der Firma

Telearbeit kann allerdings nicht heißen, daß man nur mehr zu Hause werkt, die Identifikation mit einer Firma soll gewahrt bleiben, was bedeutet, daß das Zentrum weiterhin der Firmensitz bleibt. IBM hat einen Aufteilungsmodus von zwei Tagen im Firmenbüro, zwei Tagen zu Hause und einen Tag ganz frei einteilbar gewählt. Die Erreichbarkeit der Mitarbeiter soll gewährleistet sein. Eine Anlaufstelle in der Firma weiß immer Bescheid, wo sich wer aufhält.

Leistung statt Zeit

Die Kontrolle, ob überhaupt gearbeitet wird, kann nicht über den Faktor Zeit - so wie es meist üblich ist - geschehen, sondern durch zielorientierte objektive Leistungsbeurteilung. IBM hat damit keine Probleme, da sie schon bisher diesen Maßstab anlegte.

Mehr Telearbeit in der Zukunft

In Zukunft könnte ein Viertel bis ein Drittel aller Arbeitsplätze zu Telearbeitsplätzen modifiziert werden. Allerdings nur dann, wenn die Arbeitszeitgesetzgebung vom Zeitlohnprinzip abrückt und die Gewerkschaften Heimarbeitsplätze nicht mehr als Ausbeutungsmittel sehen. Selbstbestimmung sollte ermöglicht werden. Neue Arbeitsformen und damit neue Lebensformen entwickeln sich Hand in Hand mit neuen Technologien.

Mehr Lebensqualität

Strukturkonservative Kräfte werden zwar behindern, aber nicht verhindern können. Neue, konstruktive Ideen zur Strukturumgestaltung sind gefordert, damit Telearbeitsplätze zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen.

Christine Köttl

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