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TETRA steht für Trans European Trunked Radio System und soll den Bündelfunk genau so revolutionieren wie GSM die mobile Telefonie.
Die Abkürzung Tetra steht hier nicht für ein bekanntes Verpackungssystem, sondern für Trans European Trunked Radio System. Das europäische Normungsinstitut für die Telekommunikation ETSI hat das System seit 1990 entwickelt. Im November 1994 haben Hersteller und Anwender die Unterzeichnung eines Memorandums of Understanding (MoU) - ähnlich dem bei GSM - angekündigt.
Was GSM für die mobile Telefonie geworden ist, könnte Tetra für den digitalen Bündelfunk werden. Seit der Freigabe des Frequenzbandes 380 bis 400 MHz durch die NATO beginnen immer mehr Anbieter sich für das neue System zu interessieren, das ziemlich genau den Anforderungen der europäischen Polizeibehörden bzw. der sogenannten Schengen-Gruppe zur Errichtung eines einheitlichen Kommunikationssystemes innerhalb Europas entspricht.
Das digitale Tetra unterscheidet sich vom ebenfalls digitalen GSM deutlich, wie beispielhaft die folgenden Punkte zeigen.
Gegenüber vorhandenen analogen Systemen bietet Tetra - laut Hubert Azemard von der Mobile Communications Group der Alcatel in Nanterre - eine doppelt so hohe Ausnutzung des Spektrums. Die Spezifikation von Tetra umfaßt im Prinzip drei Elemente, nämlich einen Standard für Sprache und Daten (V+D), einen für optimierte Paketdaten (POD) und einen für den Direktmodus (DM) zwischen Endgeräten.
Alcatel zeigte bereits im vergangenen Jahr anhand eines Demonstrationssystems, wie Tetra praktisch eingesetzt werden kann. Die Hauptelemente der Infrastruktur sind die Funkbasisstationen (RBS - Radio Base Station), die Mobilfunkvermittlungsstelle (MSC - Mobile Switching Centre) und die Netzmanagementzentrale (NMC - Network Management Centre).
Während die primäre Funktion der RBS darin besteht, die Funkverbindungen zwischen dem Netz und den Mobilteilnehmern bereit zu stellen, dient die MSC zur Wegesuche für die Verbindung zwischen mehreren Standorten. Die NMC hat primär eine Überwachungs- und Steuerungsfunktion.
Laut Azemard zeigen in letzter Zeit Sicherheitsdienste starkes Interesse an Tetra.
Der Grund dürfte darin liegen, daß einige der nur bei Tetra zu findenden Eigenschaften den Interessen von Organisationen wie Polizei, Feuerwehr oder Rettung, welche mit Sicherheitsaufgaben betraut sind, sehr entgegenkommen:
Nach Tetra können Endgeräte eines Tetra-Netzes auch mit Endgeräten eines anderen Tetra-Netzes zusammenarbeiten. Vor allem aber kann ein offener Kanal betrieben werden. Das heißt, daß ein Kanal beliebig lange einer exklusiven Benutzergruppe zugeordnet werden kann. Alle Mitglieder der Gruppe können auf diesem Kanal hören und sprechen. Auch die direkte Kommunikation zwischen Endgeräten über nicht vom Netz gesteuerte Funkkanäle ist eine spezielle Tetra-Eigenschaft.
Das bereits erwähnte Alcatel-System 9370 besteht aus Basisstationen, einer Mobilfunkvermittlungsanlage, einer Netzmanagementzentrale und Hand- bzw. Mobilfunkgeräten.
Worauf man bei Alactel besonders Wert legt, ist die Übereinstimmung des Systems mit den Anforderungen des Schengener Abkommens, bei dem es bekanntlich um die völlige Freigabe der Grenzübergänge geht. Das Alcatel-System läßt sich durch seine modulare Architektur an Optionen des Tetra-Standards anpassen.
Inzwischen hat auch Bosch gemeinsam mit der Beteiligungsgesellschaft Ascom Radiocom das Bündelfunksystem Selectacom Disco präsentiert, das als Zwischenschritt in Richtung Tetra angesehen wird. Basisstationen und Endgeräte arbeiten in einem Dualmodus sowohl analog als auch digital. Ab 1997 wollen Bosch und Ascom ihr Tetra-System Selectacom DSX in Pilotprojekten erproben. Ascom und Bosch sind der Meinung, daß bei der Einführung von Tetra - anders als bei GSM - von den Anwendern viel Wert darauf gelegt werden wird, bestehende Anlagen so weit wie möglich weiter zu nutzen.
Alfred Schärli von Ascom sieht in Tetra u. a. allem folgende Vorteile:
Es ist zwar offensichtlich, daß Tetra für Sicherheitskräfte ein optimaler Standard ist, doch sollte man die vielen anderen Einsatzmöglichkeiten dabei nicht übersehen.
Tetra ist für Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder Verkehrsbetriebe genau so interessant. Aber auch alle bisherigen Anwender von konventionellen Betriebsfunksystemen sollten über kurz oder lang zu Tetra-Anwendern werden. Irgendwann in naher Zukunft wird die Verknappung freier Frequenzen ohnehin einen sparsameren Umgang mit den zur Verfügung stehenden Bandbreiten erzwingen.
fak
Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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