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Können Sie sich vorstellen, daß man "Radio sehen" kann? Wenn nicht, dann werden Sie bald umdenken müssen.
Ein EUREKA-Projekt macht es möglich, auch im Radio bewegte Bilder zu übertragen. Ein Muster für den Empfänger gibt es schon.
Digital Audio Broadcast - kurz DAB - ist wahrscheinlich das Hörfunksystem der Zukunft und könnte den herkömmlichen UKW-Funk ideal ergänzen, wenn nicht sogar völlig ersetzen.
Neben der hohen Tonqualität und der Störungsfreiheit hat DAB einen weiteren entscheidenden Vorteil: die Möglichkeit der Übertragung digital codierter Daten.
Digital Audio Broadcast wird seit 1986 im europäischen Projekt "Eureka 147" bearbeitet. Finanziert wird das ehrgeizige Projekt zur Hälfte von den Forschungsministerien der beteiligten europäischen Länder sowie von den entwickelnden Firmen, deren Aufgabe es auch ist, die umfangreichen Arbeiten bis zur Standardisierung durchzuführen.
Noch heuer werden die ersten großflächigen Pilotinstallationen in verschiedenen deutschen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, aber auch in Großbritannien beziehungsweise in Frankreich starten.
Im ersten Schritt ist geplant, DAB sowohl über den (terrestrischen) Fernsehkanal zwölf im VHF-Band als auch im (Satelliten-TV-) C-Band bei 1,5 Gigahertz zu übertragen. Die sieben Megahertz Bandbreite des TV-Kanals werden in vier Teilbänder von je 1,5 Megahertz und dazwischen liegende Schutzabstände aufgeteilt. Pro Teilband können somit Daten von brutto zwei bis drei Megabit pro Sekunde übertragen werden.
Um Störungen auf dem Übertragungsweg zu kompensieren, wird allerdings ein Teil der Übertragungskapazität für die automatische Fehlerkorrektur genutzt, so daß netto eine Übertragungsrate von 1,7 Megabit pro Sekunde verbleibt.
Diese 1,7 Megabit werden zunächst auf beispielsweise sechs digitale Stereo-Hörfunkkanäle mit variabler Datenrate (32 und 384 Kilobit pro Sekunde, normalerweise 256 Kilobit pro Sekunde) verteilt. Die verbleibende Bandbreite kann für Zusatzdienste bzw. die Übermittlung von Datenpaketen genutzt werden.
Diese Datenpakete lassen sich dabei an verschiedenen Stellen im Datentelegramm unterbringen. Etwa innerhalb der einzelnen Audio- anäle als sogenannte Programme Associate Data (PAD) mit variabler Datenrate, oder im getrennten Fast Information Data Channel (FIDC) mit exzellenter Fehlerkorrektur und rund zwei Kilobit pro Sekunde. Auch die Übertragung in einem von den Programmen getrennten, eigens konfigurierten Rest des gesamten Datenstroms ist möglich.
DAB überträgt alle Daten vergleichbar sicher wie drahtgebundene Netze. Es ist damit das erste Rundfunk-Verfahren, das gezielt auf eine gute Empfangbarkeit hin, auch in bewegten Fahrzeugen, konzipiert wurde.
Solange Einweg- oder Quasi-Zweiweg-Übetragung mit den für DAB möglichen Datenraten hinreichen, läßt sich problemlos alles übertragen, was allgemein unter Multimedia geläufig ist: Daten, Texte, Sprache, Musik und - erstmals beim Hörfunk - auch Stand- und sogar Bewegtbilder. So ließen sich etwa Verkehrsnachrichten übertragen, Text- bzw. Ansagedienste für aktuelle Börsenkurse realisieren, Flug- und Fahrpläne abrufen, Wetterdaten erfragen u.v.a.m. Software-Downloading und -Updates für PC wären ebenso möglich.
DAB-Geräte für Fahrzeuge könnten ähnlich einem heutigen Autoradio aussehen. Lediglich ein etwas größeres Display ist erforderlich. Heimgeräte ließen sich sinnvollerweise als Zusatzplatine in den PC integrieren, könnten aber auch als eigenständiges Gerät (ähnlich heutigen SAT-Receivern) geliefert werden.
Die Kapazität dieses neuen, drahtlosen "Data-Highway-Broadcast" läßt Raum für die Phantasien vieler Anbieter. Nach den Vorstellungen von Medienanstalten müßten die eigentlichen Rundfunkprogramme zwar weiterhin Vorrang haben. Die Kapazität von DAB ist aber auf absehbare Zeit hoch genug, um die schon heute erkennbar wichtigen Datendienste zu ermöglichen.
Ernst F. Müller
Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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