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Wenn die Rede auf europäische Länder kommt, in denen das GSM-Netz fast vollständig ausgebaut ist, so wird neben Dänemark und Luxemburg immer wieder Deutschland als Beispiel angeführt.
Es ist zwar durchaus richtig, daß die Abdeckung der Bundesrepublik Deutschland mit GSM-Basisstationen schon als zufriedenstellend bezeichnet werden kann, doch gibt es nach wie vor recht große weiße Flecken auf der Landkarte. Der Schwarzwald und die Schwäbische Alp sind solche Gebiete und auch im Taunus oder im hessischen Bergland kann man durchaus lange unterwegs sein, ohne Kontakt mit einem der beiden deutschen Netze zu bekommen.
Hier zeigt sich ein Phänomen, das wir wohl auch bald in Österreich kennen lernen werden: auch der private Betreiber baut sein Netz natürlich zuerst in Gebieten auf, in denen er sich viel Geschäft erwartet und beginnt dann erst, die Lücken zu stopfen, um ein flächendeckendes Netz herzustellen.
In Deutschland sind bekanntlich zwei Netzbetreiber aktiv: die DeTeMobil, eine Tochterfirma der deutschen Telekom (ehemals Post) und Mannesmann Mobilfunk, deren Netz unter D2 Privat firmiert.
Mannesmann Mobilfunk wird von vielen Beobachtern als die eigentliche treibende Kraft bei der schnellen Durchdringung unseres nördlichen Nachbarn mit GSM angesehen, auch wenn momentan wieder die DeTeMobil - wenigstens was die Zahl der Anschlüsse betrifft - die Nase vorne hat.
Beim Start verlor Mannesmann Mobilfunk nach eigenen Angaben täglich eine Million DM. Das ist so natürlich nicht wörtlich zu nehmen, sondern es bedeutet nur, daß die Mannesmänner eben mit Hochdruck investierten.
Da konnte die Deutsche Bundespost natürlich nicht zusehen und investierte ihrereits geradezu auf Teufel komm raus. Und natürlich fand kein Rechnungshof ein Haar in der Suppe, denn die Postler taten ja nur das, was ihnen der private Betreiber vormachte längst aufgeholt.
Heute sind beide Betreiber respektable und erfolgsgewohnte Unternehmen, die inzwischen auch ihre Finger ins Ausland ausstrecken. Sowohl die DeTeMobil (im Ö-call-Konsortium) als auch Mannesmann Mobilfunk (bei der Austrocom) schauen durchaus interessiert auf die Möglichkeit, die zweite Lizenz in Österreich zu ergattern.
Für Besitzer österreichischer SIM-Karten spielt es zwar fast keine Rolle, in welchem der beiden Netze man sich gerade aufhält - es sei denn, man will auch bei den Tarifen ganz genau aufpassen, welcher gerade günstiger ist, wofür sich die Tariftabellen in jedem Heft von MOBILE TIMES hervorragend eignen -, dennoch kann es manchmal unangenehm sein, wenn auf der Autobahn das eigene Telefon dauernd den Netzbetreiber wechseln will, weil soeben eine bessere Basisstation des jeweils anderen Netzes in Sicht gekommen ist. Vor längeren Gesprächen im fahrenden Fahrzeug empfiehlt es sich daher, sich für eines der Netze zu entscheiden und dem eigenen Gerät mitzusteilen, daß es nur dieses Netz verwenden soll.
Arm sind jene Österreicher dran, die eine deutsche SIM-Karte haben. Für sie gibt es in Deutschland natürlich kein Roaming zwischen den Netzen. Es gilt: D1 oder D2 - beides "is nicht", wie unsere nördlichen Nachbarn zu sagen pflegen. Ein Zustand, der sich auch in Österreich bald einstellen wird - wenn und falls unsere Regierungsstellen geruhen eventuell vielleicht doch noch eine zweite GSM-Lizenz auszustellen.
Beiden Netzen kann allerdings bescheinigt werden, daß ihr technischer Stand sehr weit fortgeschritten ist. So kann man z. B. bei D1 über den sogenannten "AlphaService" SMS-Nachrichten absetzen, die das System 48 Stunden lang zu vermitteln versucht. Die Mannesmänner haben mit "Message" ein gleiches Angebot im Köcher.
Eine hübsche Sache sind die sogenannten "Funkboxen", die im Experten- oder Profimodus auch Faxe empfangen und weiterleiten können.
Eine Eigenheit, die es in fast allen GSM-Netzen gibt und die für uns Österreicher noch völlig unbekannt ist, sind die sogenannten Service-Provider. Ein potentieller GSM-Kunde geht zwar auch in Deutschland im Normalfall zum nächsten Händler - aber das ist möglicherweise schon sein erster Fehler, denn es gibt nicht nur die Standardtarife von D1 und D2, sondern auch die der Provider.
Das kommt so zustande: Der Provider garantiert dem Netzbetreiber eine bestimmte Anzahl von Gesprächsminuten - kauft sie also sozusagen im Großhandel - und erhält dafür natürlich einen Mengenrabatt. Sodann versucht er die günstig eingekauften Gesprächsminuten mit möglichst viel Gewinn zu verkaufen.
Nachdem er aber nicht Minuten verkaufen kann, verkauft er SIM-Karten, die mit allen möglichen und manchmal auch unmöglichen Bedingungen verknüpft sein können.
Eine der beliebtesten Methoden ist die Koppelung von Handykauf und Karte in der Art, daß auf das Handy ein hoher Rabatt gewährt wird, wenn man die SIM-Karte beim gleichen Händler erwirbt. Dabei benutzt der Händler die Prämie, die er von den Netzbetreibern für jeden Anschluß bekommt, um den Handypreis zu senken. Die Provision für den Einzelhändler ist bei besonders ungünstigen Tarifen verständlicher Weise meist am höchsten, was dazu führt, daß ein scheinbar günstiger Handykauf innerhalb weniger Monate durch extrem hohe Gesprächsgebühren kompensiert sein kann.
Deutschland ist als GSM-Reiseland für Österreicher sicher eine positive Überraschung.
Franz A. Köttl
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Letzte Überarbeitung: Montag, 18. Juni 2007
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