Mobile Times Artikel aus Mobile Times 6
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Handy Go!

Wie in die amerikanische Fernsehlandschaft, so soll nun auch in den Elektronik-Markt durch das Kooperationsabkommen von zwei Branchen-Riesen neue Ideen kommen. Auf dem Plan steht vor allem das wirklich mobile Büro.


Die Idee des mobilen Büros ist nicht wirklich neu, denn seit die ersten schwergewichtigen Portables auf die Bühne traten, wurde das Büro für unterwegs herbeigeträumt. Neben dem Gewicht der "Schleppables" war lange Zeit das Hauptproblem, immer in Verbindung mit den wichtigen Daten zu bleiben. Im Büro alter Bauart war das ja kein Problem, da über Modem, Fax, E-Mail und das altmodische Telephon die Daten nur so hereinströmten. Doch unterwegs gab es nur das Telephon und sonst nichts ...
    Erst mit dem Entstehen zellularer Telephonetze, also erst seit kurzer Zeit, wurde mit der Kombination von Notebook, PCMCIA-Modem und GSM-Handy sowie eventuell einem ultraleichten Drucker (siehe z.B. unseren Bericht auf Seite 48) eine wirklich transportable und mit der bisherigen Businesswelt vernetzte Lösung geschaffen.
    Doch dieser noch unlängst revolutionäre Ansatz könnte schon sehr bald Schnee von gestern sein. Denn zwei Marktführer aus zwei bisher völlig getrennten Bereichen haben sich zusammengetan, um gemeinsam die Mobilität des Bürowerkzeugs einen großen Schritt weiter zu bringen.

Hewlett-Packard ...

Einer der beiden ist Hewlett Packard, eine Firma die seit dem HP 95 LX geradezu als der Erfinder der Palmtop-Computer gehandelt wird. Nur die Kommunikation mit der Außenwelt geschah noch über Kabel oder Infrarotschnittstelle, wodurch die scheinbar uneingeschränkte Mobilität spätestens an der Fangschnur des Datenübertragungskabels endete.

... und Nokia

Die andere Firma ist der finnische Elektronikkonzern Nokia, der mit dem 2110 zu den Top-Anbietern auf dem hart umkämpften GSM-Handy Markt gehört. Doch bei aller Bedienungsfreundlichkeit mußte man alle Dienste, die über einfaches Telephonieren hinausgehen erst mühsam programmieren (was kein Fehler des Gerätes ist, denn Ihr Staubsauger tut sich auch schwer beim Kaffeekochen) oder sogar überhaupt darauf verzichten, wenn beispielsweise der Netzbetreiber mobiles Faxen einfach nicht beherrschte.

Das mobile Computer-Handy

Die gedachte Lösung ist eine Verschmelzung beider Geräte in eines: ein Computer-Handy sozusagen. Dieses Gerät soll nicht nur die Funktionen eines klassischen Notebooks erfüllen, sondern auch die Verbindungen wie Telefacsimile und E-Mail besser gestalten. Dies geschieht dadurch, daß das Telephon schon fix integriert ist, was auch ermöglicht, daß nicht nur Daten übertragen werden sondern auch Sprache.
    Natürlich soll dieses Gerät in allen Gebieten funktionieren, in denen GSM funktioniert, denn dessen digitale Ätherwellen stellen ja von Nokia aus die Basis der Daten- und Sprachübertragung dar. Wenn also das Gerät wie geplant 1996 herauskommt, wundern Sie sich also nicht, wenn jemand mit seinem Notebook spricht.
    Dazu die Aussage von Reijo Paajanen, dem Vizepräsidenten von Nokia Mobile Phones: "Unsere Kunden verlangen eine bequeme Kommunikationslösung, mit der sie örtlich völlig ungebunden kommunizieren können. Wir planen, die Informationstechnologie gemeinsam weiter zu entwickeln, so daß die Anwender jederzeit komfortabel Sprache, Daten und Fax-Botschaften senden und empfangen können."
    Während aber Nokia die neue Entwicklung als Fortführung der Telekom-Schiene mit verbesserten Mitteln sieht, legt Hewlett-Packard den Schwerpunkt mehr auf die Weiterentwicklung des Notebooks mit besseren Anschlüssen zur Außenwelt.
    So meint zum Beispiel Kheng Joo Khaw, der General Manager der Asia-Pacific PC Division von Hewlett-Packard: "Die Menschen werden immer mobiler und wollen entsprechendes Equipment, das sie in ihrer Arbeit unterstützt. Diese Technik soll funktionell sein und bei praktischem Einsatz modernste Technik auf kleinstem Raum enthalten. Gemeinsam mit Nokia entwickeln wir auf der Basis unserer Standard-Palmtop-Plattform Geräte, mit denen die Anwender die Vorteile der neuen weltweiten Telekom-Services nutzen können und somit an der globalen Kommunikationsvernetzung teilhaben."

Ein Zwischenschritt: der Organizer

Die von Kheng Joo Shaw angesprochenen Standard-Palmtop-Plattform von HP ist es auch, die wir noch näher betrachten wollen. Als Bindeglied zwischen den klassischen Palmtop-Geräten wie dem HP 95 LX oder dem HP 2000 LX einerseits und dem neuen integrierten PC-Handy andererseits präsentierte Hewlett-Packard nun den HP OmniGo 100 Organizer Plus, der sich schon dem Namen nach als kleiner Bruder der HP OmniBook darbietet.
    Dieser nur 0,33 Kilogramm leichte Winzling scheint auf den ersten Blick mit 1 MB RAM etwas unterdimensioniert zu sein, doch wenn man bedenkt, daß erstens die Programme in den 3 MB ROM stecken, und zweitens die Programme keine aufgeblasenen Windows-Dateien sind, sondern hier das schlanke GEOS Betriebssystem von GeoWorks verwendet wird, dann ist das mehr als ausreichend. Schließlich kann man bei entsprechender Speicherverwaltung fast fünfhundert Seiten Text in einem MegaByte Speicherplatz unterbringen.
    Und die Programme, die im ROM untergebracht sind, können sich sehen lassen: Neben einer kleinen Textverarbeitung, die "Notepad" genannt wird, und einem Zeichenbrett, das ähnlich wie bei Apples Newton oder dem Sharp Zaurus auch mit Stift bemalt werden kann, ist, wie schon der Name "Organizer" verrät, hauptsächlich ein Terminkalender, ein Telephon- und Adressbuch und eine Database für Listenmanagement vorhanden. Sozusagen der Filofax des Computerzeitalters, der aber auch die aktuelle Zeit und die Weltzeit kennt. Und es wäre nicht HP, wenn nicht etwas zum Rechnen dabei wäre: hier ist es Pocket Quicken für mobiles Finanz-Management.

Niemand ist eine Insel ...

Da aber niemand eine Insel ist, ist auch für Verbindungen nach draußen gesorgt: neben einem PCMCIA-II Steckplatz existiert auch eine serielle Schnittstelle, über die Daten für Textverarbeitung, Zeichenprogramme und Tabellenkalkulation auf jeden Windows-PC überspielt werden können. Ein eigenes File-Management Programm sorgt dabei für eine Synchronisation der Dateien zwischen dem OmniGo und dem PC.
    Last but not least gibt es auch noch sechs Strategiespiele für unterwegs, damit der Manager von Heute sein OmniGo auch in den Pausen verwenden kann. Dennoch muß man nicht befürchten stromlos dazustehen, da das Gerät keine stromfressende Festplatte sein eigen nennt. Die zwei Mignon-Batterien und die Lithium-Backup-Batterie sollten bei normalem Gebrauch durchaus ein halbes Jahr halten.
    Der HP OmniGo 100 ist ein respektables Mitglied der HP-Familie, die mit wissenschaftlichen und finanzmathematischen Taschenrechner, Palmtops und SubNotebooks schon viele kleine handliche Geräte mit großer Verwendbarkeit und geringem Stromverbrauch geliefert hat.
    Ein Palmtop vom Typ Organizer ist sozusagen eine Vervollständigung dieser Familie in einem Bereich, in dem hierzulande Psion bisher allein und in anderen Ländern gemeinsam mit Sharp noch ein effektives Monopol hatte. Doch wenn die Performance des OmniGo dem entspricht, was man von bisherigen HP-Produkten gewöhnt ist, so ist hier ein wichtiger Anwärter auf die Marktführerschaft entstanden.

Mit dem Palmtop plaudern

Die absolute Spitze der Organizer-Entwicklung wird aber der OmniGo 700 darstellen. Von Haus aus mit zwei Megabyte RAM ausgestattet, kann er - siehe unsere Rechnung weiter oben - gleich 1.000 Seiten Text speichern. Was den 700er aber so sensationell macht, ist eine kleine Mulde auf der Rück- bzw. Unterseite, die, welch' ein Zufall, exakt die Form eines Nokia 2110 aufweist.
    Und tatsächlich - es paßt genau hinein und kaum ist es drinnen, sind schon alle Anschlüsse, die man braucht, hergestellt. Es gibt kein kompliziertes Hantieren mit PCMCIA-Karten und Kabeln mehr: das Handy wird einfach eingeklipst.
    Einziger Wermutstropfen: während man den OmniGo 100 schon sehr bald kaufen kann, gab es vom OmniGo 700 bisher nur Prototypen zu sehen.

Schluß

Die Kombination HP und Nokia verspricht für die Zukunft mit dem OmniGo 700 eine absolut neue Dimension des mobilen Büros und liefert in der Gegenwart mit dem OmniGo 100 bereits einen kräftigen Vorgeschmack.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 25. Juni 2007
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