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Artikel aus Mobile Times 18

Billing als Marketing-Faktor

Bei der Verrechnung der Telephonkosten sind viele der Telekommunikationsunternehmen nicht selbst tätig, sondern sie verlassen sich auf externe Spezialisten. Gerade in diesem brisanten Bereich setzt man gerne auf Spezialisten, liegt doch hier ein Schlüssel zur erfolgreichen Politik am enger werdenden Markt.


Roaming-Verträge machen es möglich, mit dem Handy auch im Ausland zu telephonieren und erreichbar zu sein. So hat jeder Betreiber mit mehreren anderen Abkommen. Da fallen natürlich auch Gebühren für die Gesellschaft des jeweiligen Landes an. "Wenn jede Firma die Verrechnung mit jeder anderen macht", so beschreibt Dipl.-Ing. Walter Hennemann, Sales Manager bei EDS diesen Vorgang, "so ist das sehr aufwendig. Wir erledigen diese Arbeit für rund 30 Telekom-Unternehmen und erstellen Sammelrechnungen und eine Saldoliste. Damit sind wir eine internationale Drehscheibe für zahlreiche Kunden." Die bilaterale Abwicklung, die beim raschen Ansteigen der Kapazität immer schwieriger würde, ist damit ausgeschaltet.

Die EDS - Electronic Data Systems - ist ein weltweit tätiger Spezialist im Outsourcing und derzeit weltweit größter Anbieter von EDV-Dienstleistungen. In Österreich ist EDS, ursprünglich von Ross Perrot gegründet, dann GM-Tochter, jetzt selbständig, seit 1985 vertreten.

Auch im Bereich Telekommunikation ist EDS tätig.. Weltweit werden 40 Call-Center unterhalten, bei denen Unternehmen ihre Telephondienste auslagern können.

Verrechnung für die Mobiltelephonie

Für zahlreiche Mobilfunk-Betreiber hat die EDS das Billing übernommen. Die Verrechnung der Telephongebühren ist ein kritischer Bereich, der hohen technischen Aufwand und große Expertise erfordert. So führt EDS auch auf Grund eines Fünfjahrevertrages die Verrechnung für max.mobil durch. (siehe MOBILE TIMES 17/Seite 22 >>).

Die LHS-Software BSCS ist derzeit der Marktführer beim Billing. Eine solche Software muß sehr leistungsstark und flexibel sein, um den Anforderungen der Gegenwart und auch der Zukunft zu entsprechen. Den Möglichkeiten einer differenzierten Auswertung und Verrechnung könnte in Zukunft für das Marketing eine große Bedeutung zukommen.

Internationale Drehscheibe

Auf einem anderen Gebiet arbeitet EDS sogar für beide derzeit bestehenden Mobil-Netze. Die Mobilkom verrechnet ihre Gebühren zwar selbst, die Verrechnung mit den Roaming-Partnern erfolgt aber über einen Partner. Die EDS unterhält ein sogenanntes Clearing-House in Rüsselsheim. Es ist dies die einzige derartige Einrichtung in Mitteleuropa und im deutschsprachigen Raum. Hier sammelt man die Call-Records der ausländischen Gesellschaften, um sie gegeneinander aufzurechnen.

Noch viele Möglichkeiten

"Die gespeicherten Call Records können kreuz und quer ausgewertet werden", erklärt Hennemann. "Diese Möglichkeiten werden bei weitem noch nicht ausgeschöpft, da ist noch ein Vielfaches von dem möglich, was heute getan wird."

Zu einer zeitlichen Differenzierung könnte etwa auch eine geografische kommen. Es hieß einmal, EDS könne auch alle Anrufe, die von einem Christkindlmarkt aus geführt würden, zu einem eigenen Tarif verrechnen. Das praktische Experiment wurde zwar nie durchgeführt, ist aber technisch möglich. So könnten als Anreiz für einem Messebesuch alle Mobil-Telephonate eines Betreibers vom Austragungsort aus billiger werden.

Da auch die Nummer, die angerufen wird, erfaßt wird, können noch viele Schwerpunkte gesetzt werden - was zum Teil schon geschieht, wenn max. zu max. nur einen Schilling pro Minute kostet und Gespräche von A1 zu drei bestimmten A1-Nummern nur 90 Groschen.

"Die Billing-Maschine ist damit das Herzstück", beschreibt Hennemann die Bedeutung einer entsprechend differenzierten Verrechnung, "denn hier kann eine Marketing-Strategie umgesetzt werden. Was im Billing-System nicht abbildbar ist, kann nicht abgerechnet und damit verwirklicht werden."

Mit mehr Service können nach Hennemanns Ansicht durchaus auch Späteinsteiger noch gute Plätze erringen. Sie müssen dann nicht mehr das Publikum überzeugen, daß sie ein Mobiltelephon brauchen, denn das haben schon die bestehenden Betreiber getan. Mit besserem Service und abgestimmten Leistungen könnten sie aber Anwender zu einem Wechsel bewegen und damit Marktanteile gewinnen. In Deutschland und Großbritannien haben es Unternehmen, die erst später in dem Markt gekommen sind, geschafft, bis auf Spitzenplätze vorzustoßen.

"Wenn man das nötige Know-how hat und die richtige Strategie einsetzt", ist Hennemann der Meinung, "ist es kein Problem, Marktanteile zu generieren."

Für unsere Breiten ist der Konkurrenzkampf bei der Telekommunikation noch etwas ungewohnt, da hier bisher immer Monopole bestanden. In Amerika oder Großbritannien ist man hier schon weiter, denn da hat es immer schon verschiedene Anbieter gegeben.

"Zahlenmäßig werden die Angebote nicht unbedingt mehr werden" meint Hennemann, "denn dann wäre der Markt für die Kunden zu unübersichtlich. Die Angebote werden aber marktgrechter werden, weil jeder der Anbieter sich Tarifstrukturen überlegen wird, mit denen er die Kunden anspricht. So könnten etwa bei großen Gesprächszeiten Rabatte an Unternehmen gegeben werden. Wenn auch nicht billiger, so werden die Tarife kostengünstiger und individueller gestaltet werden, und der aufmerksame Anwender kann dann das Optimum für sich herausholen".

Vom Kabel zum Funk und wieder zurück

In weiterer Folge könnte es dann zu einem Zusammenwachsen von Mobil- und Festnetz kommen. Ein derartiges Projekt wird von EDS in Australien soeben realisiert. Auf einer "Convergent Bill" ist die Rechnung von mobilen und stationären Systemen auf einer Rechnung vereint. Es soll dann auch möglich sein, mit dem Handy im Festnetz zu telephonieren, wenn eine entsprechende Struktur in der Nähe ist. Das wäre dann wie bei einem Schnurlos-Telephon. Erst wenn die entsprechenden Kabel-Strukturen nicht mehr vorhanden sind, würde auf Funk umgestellt. "In Australien haben wir", so Hennemann, "einen Meilenstein in diesem Markt gesetzt."

Für die weitere Entwicklung der mobilen Telephonie wird auf jeden Fall die Berechnung der Gebühren eine entscheidende Rolle spielen. Hohe Expertise in diesem Bereich wird sich dann als ein entscheidender Marktvorteil erweisen.

Norbert Benesch




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
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